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Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe 1 - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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auf, damit wir Tee machen können. Dann erkläre ich dir alles.«
    Ich aß Käsebrot mit Marmelade und trank Tee, während meine Tante die ganze Welt auf den Kopf stellte und mir erklärte, wie in Wirklichkeit alles zusammenhing.
    »Als Chimära aufgetaucht ist und der Laster dich beinahe überfahren hätte … wie war das genau?«, fragte sie.
    »Es war neblig«, sagte ich. »Wir mussten unsere Räder schieben, weil wir fast nichts mehr sehen konnten. Und plötzlich war der Bürgersteig einfach verschwunden. Und dann kam sie. Aus dem Nebel.«
    Tante Isa nickte.
    »Das sind die Wilden Wege«, sagte sie. »Der Nebel, oder besser gesagt, die Pfade darin. Alles, was wild geboren ist, nutzt diese Wege – um mehr zu hören, als man eigentlich hören kann, um sich besser zu verstecken oder besser zu jagen. Du benutzt sie, wenn du Flöhe verjagst – oder den ganzen Rest des Waldes, wo du schon mal dabei bist.« Sie lächelte, um zu zeigen, dass sie mich nur ein bisschen necken wollte. »Eine erfahrene Wildhexe kann das Nebelland der Wilden Wege betreten und an einer beliebigen Stelle wieder herauskommen. Unter anderem deshalb habe ich meinen Hag. Nur jemand, den ich selbst eingeladen habe, kann ihn betreten.«
    »Kannst du … auf den Wilden Wegen gehen?«
    »Ja. Aber ich tue es nicht oft.«
    »Aber du könntest? Und dann … einfach hingehen, wo du willst?«
    »Tja. Ganz so einfach ist es nicht. Zum Beispiel ist es leichter, einen Ort zu finden, an dem man schon gewesen ist. Das Schwierigste an den Wilden Wegen ist zweifellos, sich auf ihnen zurechtzufinden.«
    »Aber wenn du … äh, Lust hättest, auf Barbados Urlaub zu machen? Dann könntest du es einfach tun – obwohl es total weit weg ist?«
    »Ich würde die Wilden Wege niemals benutzen, nur um Ferien zu machen.«
    »Aber du könntest? Ohne ein Flugticket und so was kaufen zu müssen? Einfach so, umsonst?«
    Sie trank einen Schluck Tee und schüttelte den Kopf.
    »Nichts ist umsonst, Clara. Es kostet nur etwas anderes als Geld.«
    »Das würde ich gerne lernen«, sagte ich und dachte, wenn Isa ganz einfach so nach Barbados verschwinden konnte, dann könnte ich vielleicht lernen, zur Reitschule zu kommen, ohne zwei Busse nehmen zu müssen. Ich meine, das waren schließlich gerade mal dreizehn Kilometer.
    Dabei fiel mir Stjerne ein.
    »Ich habe es nicht mehr geschafft, Stjerne Heu zu geben«, sagte ich.
    »Wir können zusammen rausgehen«, sagte Tante Isa. »Ich muss sowieso nach ihr und den anderen Tieren sehen. Sie spüren es, wenn so etwas passiert, und werden unruhig.«
    Ich biss mir auf die Lippe. Jetzt hatte ich gerade einen Vorteil daran entdeckt, eine Wildhexe zu sein, und schon musste sie alles wieder kaputt machen. Vorläufig würde ich nicht dazu kommen, mich zur Reitschule zu schleichen. Nicht, solange Chimära dort draußen im Nebel der Wilden Wege auf mich wartete.
    »Du hast gesagt, jemand hätte nach mir gesucht. War das Chimära?«
    Tante Isa nahm die Sturmlaterne vom Haken neben der Tür und schob ihre Füße wieder in die Gummistiefel.
    »Wahrscheinlich«, sagte sie. »Entweder Chimära – oder deine schwarze Meerkatze.«
    Der Kater. Automatisch fasste ich an meine Stirn, wo die Spuren seiner Krallen noch immer zu sehen waren, wenn auch nicht mehr ganz so rot. Da würde ich mich ja fast noch lieber von Chimära finden lassen.

10  FEUER UND ASCHE

    Nein, Clara. Versuch es noch mal. Schau, wie Kahla es macht!«
    Unglaublich, wie leid ich es im Laufe der nächsten Woche wurde, diese Worte zu hören. Kahla konnte Flöhe dazu bringen, sich in Reih und Glied aufzustellen und eine Verbeugung zu machen. Kahla konnte eine einzelne Saatkrähe von einem Baum herunterrufen, ohne dass die anderen aufflogen. Kahla konnte eine bestimmte Ameise aus einem Ameisenhaufen herauslocken. Und sie konnte sich so unsichtbar machen, dass sowohl Tumpe als auch ich direkt an ihr vorbeigingen, ohne zu bemerken, dass sie da war.
    Kahla war so gut. Kahla konnte alles, was ich nicht konnte.
    Wenn sie doch bloß nett gewesen wäre – oder wenigstens einigermaßen freundlich. Aber sie sah mich unverändert mit diesem finsteren Blick an, als hätte sie mich am liebsten in einen Käfer verwandelt, um mich dann zu zertreten.
    »Bist du sicher, dass du dich nicht geirrt hast?«, fragte ich Tante Isa, während wir gemeinsam Tumpe, Stjerne, den Ziegen und den anderen Tieren, die mehr oder weniger fest hier wohnten, ihr Frühstück brachten.
    »Womit?«
    »Vielleicht bin ich gar

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