Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie
wie seine vereisten Lider und die tauben Hände.
Irgendwann gelangten sie an eine Straße und hielten neben einem verbeulten Pick-up, der an einer Ausweichbucht parkte. Der Mann ging zur Fahrertür, schloss auf und stieg ein. Anna und Jan setzten sich auf die Rückbank. Im Fußraum lagen Papierfetzen und eine zerdrückte Dose, die Polster waren verschlissen. Es war fast so kalt wie draußen.
Der Mann fuhr an. „Ich heiße Oliver.“
„ Ich bin Jan.“
„ Und ich Anna.“
Die Vorstellungsrunde hinterließ bei Jan einen unwirklichen Eindruck und er fragte sich, warum dieser mysteriöse Oliver nicht mehr sagte. Er wollte ihrem Retter danken, doch Anna kam ihm energisch zuvor: „Hast du die Polizei alarmiert, bevor du ins Haus eingedrungen bist?“
„ Nein.“
„ Dann müssen wir sofort anrufen!“
„ Nein.“
„ Aber sie haben doch noch eine Gefangene!“
„ Ich weiß, dass Laura in ihrer Gewalt ist.“ Olivers Stimme war so hart wie zuvor, als er ihnen Befehle gegeben hatte.
„ Warum willst du nicht die Polizei rufen?“, erkundigte sich Jan.
„ Weil sie schon dort sein dürfte.“
„ Du hast sie also doch verständigt.“ Jan war erleichtert.
„ Nein. Die Kerle sind zweifelsohne mit Laura abgehauen. Das Haus dürften sie in Brand gesetzt haben, um möglichst wenig Spuren zu hinterlassen.“
„ Du hättest davor die Polizei verständigen müssen!“, empörte sich Anna.
„ Ich traue der Polizei nicht. Wenn sie die Gangster gewarnt hätte, wärt ihr immer noch gefangen, bloß an einem anderen Ort. So weit draußen und mitten in der Nacht wäre ihnen die Flucht gelungen.“
„ Warum würde die Polizei die Gangster warnen?“
„ Wer ist länger im Geschäft, ich oder du?“ Der Wagen rutschte leicht und Oliver verlangsamte.
„ Wieso hast du uns gerettet?“, mischte sich Jan wieder ein.
„ Um euch Fragen zu stellen.“ Oliver schien die Gefühllosigkeit seiner Antwort nicht zu merken. „Ihr werdet mir alles erzählen, was ihr vom FBI und von den Gangstern wisst.“
Jans Dankbarkeit war verflogen. Oliver hatte nicht aus Nächstenliebe gehandelt. Was würde dieser Mensch mit ihnen tun, sobald er sich alle Informationen beschafft hatte?
„ Wer bist du überhaupt?“, fragte Anna feindselig.
„ Ich bin derjenige, der eben sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, um euch zu retten. Und jetzt beginnt bei eurer Landung in Anchorage und erzählt mir jedes Detail. Meine Zeit ist knapp.“
„ Meine auch. Ich bin schon 19, und ab 20 geht es bergab.“
Oliver warf einen Blick in den Rückspiegel. „Ich habe dich nicht da rausgeholt, damit du mich sympathisch findest, sondern weil wir gegen den gleichen Feind kämpfen.“
„ Aber wer das ist, dürfen wir nicht wissen.“
„ Ihr braucht es nicht zu wissen. Ich werde euch in einem Versteck zurücklassen und unseren Feind jagen. Wenn ich erfolgreich bin, lasse ich euch eine Nachricht zukommen, wenn nicht, geht ihr über die kanadische Grenze und stellt euch dort.“
Jan wusste nicht, was er aus dieser Situation machen sollte. Die Lichter eines Hauses leuchteten hinter Bäumen auf und verschwanden aus dem Blickfeld. Oliver brach das Schweigen: „Ich habe euch befreit und dabei einen Entführer getötet, und jetzt bringe ich euch in ein sicheres Versteck. Im Gegenzug will ich Informationen. Ist das nicht ein fairer Deal?“
„ Was fair ist oder nicht, kann ich erst sagen, wenn ich weiß, wer du bist“, hielt Anna ihm dagegen.
„ Wer ich bin, ist unwichtig. Aber ich kann euch sagen, wer unser Feind ist.“
Jan griff Anna am Arm, um zu verhindern, dass sie einen Streit herausforderte. Endlich konnten sie mehr über den Mörder erfahren.
„ Hinter all den Geschehnissen steckt eine Verschwörung. Kennt ihr Patricia Reed? Eine Senatorin aus Texas. Ungewöhnlich liberal für eine Republikanerin.“
Jan suchte vergeblich in seinem Gedächtnis. Was hatte das mit ihnen zu tun?
„ Die Republikaner wollen unbedingt zurück an die Macht, und die Mehrheit hat eingesehen, dass ihnen das mit einem konservativen Tea-Party-Profil nicht gelingen wird. Das spricht offensichtlich für Ms. Reed als Kandidatin. Von ihrem zweiten Ass wissen nur sehr, sehr wenige: Sie wird bereits beim Vorwahlkampf um die Nominierung über eine Kriegskasse verfügen, die sogar einem politischen Legastheniker eine Chance aufs Weiße Haus verschaffen würde.“
„ Die Ölindustrie finanziert sie“, spekulierte Jan.
„ Das sollte man bei einer texanischen
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