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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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wäre, sondern weil sie alles überprüfen muss. Bis die Einzelheiten geklärt sind, werden Monate vergehen. Endlose Verhöre, endlose Erklärungen, endlose Wiederholungen. Sie untersuchen noch einmal Müllers Haus und Müllers Wagen. Sie ziehen Müller aus dem Teich. Sie arbeiten sich in die Finessen des Holzhandels ein und suchen nach Galina, tot oder lebendig. Sie hören Handyaufzeichnungen ab und checken, ob es wirklich Stefan Salzmann war, der mit mir gesprochen hat. Sie überprüfen Personen, Alibis, Tathergänge. Sie setzen Ferdinand Kleefuß fest, den Sprintkreismeister, dem ich einen glatten Oberschenkeldurchschuss verpasst habe – für eine Anfängerin gar nicht mal schlecht.
    Sein Vorstrafenregister ist länger als eine Rolle Klopapier, meint Herbert. Schwere Körperverletzung, Diebstahl, räuberische Erpressung. Und das Schönste ist, dass er auf der heißen Liste steht. Auf Waskovics Liste. »Dem brennt der Arsch!«, versucht Herbert mich aufzumuntern, und Aufmunterung habe ich dringend nötig.
    Ich mag gar nicht darüber nachdenken, wie viele Stunden Herbert bereits an dem Fall drangesessen hat, für ein Honorar, das ausschließlich von seiner Rentenkasse beglichen wird. Weil er gerade nichts Besseres zu tun hat, wie er meint. Und weil er mein Freund ist.
    Herbert zieht im Hintergrund die Fäden und gibt seinen Exkollegen den ein oder anderen Tipp. Zum Beispiel ist ihm aufgefallen, dass die von Müller angeblich begangenen Unterschlagungen, die Waskovic veranlassten, Anzeige gegen ihn zu erstatten, sich auf dessen geheimer Liste finden. Es handelt sich um jene auf ein Konto in Sri Lanka transferierten Summen, von denen immer wieder Steine gekauft worden waren – vor allem für Mr. Noh, und zwar mit Waskovics Wissen.
    »Sri Lanka ist in Sachen Geldgeschäfte die neue Schweiz, wusstest du das nicht?«, fragt Herbert mich während seines Besuchs.
    »Nein, das wusste ich nicht.« Ich wusste auch nicht, dass sich auf der geheimen Liste Sonderzahlungen in nicht unbeträchtlichem Ausmaß an Müller, Salzmann, Kemper und Kleefuß finden, Zahlungen, die nicht über die Bücher liefen.
    Müller ist tot, Salzmann über alle Berge, Kleefuß inhaftiert und nicht gerade die beste Visitenkarte für Waskovics Treiben. Bleibt Salatohr-Ernie. Das Foto, auf dem er mich mit seiner eigenartigen Waffe bedroht.
    Aus Angst, dass er seinen Vorruhestand womöglich nicht mehr zu Lebzeiten antreten kann und seine Frau sich allein mit ihren Schmetterlingen vergnügt, packt er schließlich über seine Abhörmethoden aus. Es heißt, seine kluge Gattin wolle sich das Verfahren zum Patent anmelden lassen, erzählt mir Markus, der es von Herbert gehört hat, und ich denke, er hat noch einiges mehr von Herbert zu hören bekommen.
    Markus bringt mir Schokolinsen mit. Er hegt weiterhin Scheidungsgedanken, hofft jedoch trotzdem, dass ich bald nach Hause komme. Wir reden über Yannick, über das Wetter. Ihm seien kurzfristig Zweifel gekommen, als Claudia, die Kita-Leiterin, ihm ausgerichtet habe, man habe mir mein Handy und die Schlüssel gestohlen, gesteht Markus schließlich ein. Doch die Fotos von mir und Müller hätten letztendlich mehr Gewicht gehabt; die Gewissheit, belogen und betrogen worden zu sein. Mal wieder.
    »Photoshop«, sage ich nur. »Als Grafiker hätte ich dich für schlauer gehalten.«

    Drei Tage, nachdem ich sie tot auffand, entdeckt man Galina in einem unrestaurierten, kaum zugänglichen Schacht in der ehemaligen Erzgrube. Abgelegt wie einen Sack Müll.
    Vor ihrem Tod hat sie einen Brief verfasst, für den ich ihr immer dankbar sein werde. Ohne ihn würde es vermutlich noch lange dauern, bis man mich auf freien Fuß setzte. Und wieder ist Pavel der Überbringer.

    An die Polizei,

    im Falle meines Ablebens möchte ich, Galina Waskovic , mitteilen, dass ich Frau Johanna Schiller von der Kompetenzagentur Schiller in Siegburg den Auftrag erteilt habe, meinen Ehemann Bert Waskovic zu beschatten, vorgeblich wegen Untreue. Ich ahnte schon lange, dass er an unsauberen Geschäften beteiligt war. Von Frau Schiller erhoffte ich mir nähere Erkenntnisse darüber, vor allem auch was die Rolle einer gewissen Vanessa Behrendt betrifft. Frau Schiller habe ich dieses Anliegen allerdings nicht mitgeteilt. Das war ein Fehler.
    Frau Schiller hat ihre Aufgabe gewissenhaft ausgeführt und dabei tatsächlich herausgefunden, dass mein Mann möglicherweise strafbare Handlungen begeht. Sie hat mir dies mitgeteilt und mich gewarnt, dass mein

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