Wildwasserpolka
Mann mir etwas antun könnte. Sie wollte dies zur Anzeige bringen und äußerte außerdem die Befürchtung, selbst in die Angelegenheit hineingezogen zu werden und sich damit Gefahren auszusetzen. Ich habe ihre Warnungen ignoriert beziehungsweise ihre Erkenntnisse bestritten und ihr den Auftrag entzogen. Auch das war ein schwerer Fehler. Frau Schiller hatte recht mit allem. Es tut mir unendlich leid, dass ich sie in Schwierigkeiten gebracht habe. Ihr wurde von meinem Mann der Mord an seinem Mitarbeiter Thomas Müller angehängt, den sie selbstverständlich nicht begangen hat. Schuld ist allein mein Mann, Bert Waskovic, und ich hege den begründeten Verdacht, dass er sie erpresst, nötigt und sie und ihre Familie mit dem Tod bedroht. Auch mir hat er den Tod angedroht, sollte ich mich in seine Angelegenheiten einmischen.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, hat er seine Drohung wahr gemacht. Mein dringlicher Wunsch ist, dass er dafür zur Rechenschaft gezogen wird.
Diesen Brief übergebe ich zu treuen Händen meinem jungen Freund Pavel Nowak, dem zuverlässigsten und vertrauenswürdigsten Menschen, den ich kenne.
Galina Waskovic, geborene Shkarupa
Meine Anwältin hat mir eine Kopie des Schreibens ausgehändigt, nachdem ein Grafologe dessen Originalität zweifelsfrei festgestellt hat.
»Na also«, sage ich zu Kriminalhauptkommissar Riedel von der Bonner Kripo, den ich in der letzten Zeit öfter zu sehen bekommen habe als irgendjemanden sonst. Eine durchaus angenehme Person – unter anderen Umständen.
»Warum sonst hätte ich Thomas Müller, mit dessen Tod ich nichts zu tun habe, irgendwo in einem Dorfteich versenken sollen, bitte schön? Nur weil ihn mir jemand in den Kofferraum legt und behauptet, ich hätte ihn umgebracht? Das wäre doch komplett verrückt! Nein, zum Kuckuck, es war so, wie ich gesagt habe: Waskovic hat mich dazu gezwungen. Er hat gedroht, mich und meine Familie zu töten, wenn ich Müller nicht wegschaffe. Als Warnung hat er mein Haus anzünden lassen. Und anschließend hat er mir mitgeteilt, wo ich Müller hinbringen sollte. Ich kannte die Stelle vorher nicht. Ich bin zuvor nie in Altwindeck gewesen.«
Am selben Tag komme ich frei.
Obwohl sich Polizei und Staatsanwaltschaft bislang noch ziemlich schwer mit der Geschichte tun, habe ich die Zusammenhänge inzwischen recht gut durchschaut. Alles begann, als Waskovic der Verdacht kam, dass Müller ihn betrog – und Salzmann davon wusste. Dem konnte Waskovic nicht tatenlos zusehen, doch ihm war klar: Würde er den beiden mit Sanktionen drohen, machte er sich erpressbar. Womöglich hatte Müller bereits die ein oder andere Anspielung in dieser Richtung fallen lassen – man wird es nicht mehr erfahren. Für Waskovic standen die Zeichen auf Sturm: Auch seiner Frau Galina traute er nicht länger über den Weg. Er ahnte, dass sie ihn verlassen wollte, es war jedoch undenkbar für ihn, sie gehen zu lassen, nicht in Anstand und Würde – und erst recht nicht mit einem beträchtlichen Teil seines Vermögens in der Tasche. So begann er, zunächst wohl eher sporadisch, ihr auf die Finger zu schauen. Er spionierte ihr nach und entdeckte, dass Galina mich ins Boot geholt hatte. Daraufhin setzte er den Kreismeister auf mich an, der wiederum in Erfahrung brachte, dass ich irgendwie mit Müller verbandelt war. Und Waskovic zog die falschen Schlüsse daraus. Er vermutete, wir vier könnten unter einer Decke stecken: Müller und Salzmann, Galina und ich. Eine Verschwörung, die ihn in den Abgrund ziehen konnte. Da half aus seiner Sicht nur eines: schnell und hart zurückzuschlagen. Müller und Salzmann sollten sterben, und zwar angeblich durch meine Hand. Er wird sich gedacht haben, dass Polizisten und Privatschnüffler die besten Kriminellen abgeben, da sie gut in die Materie eingearbeitet sind. Außerdem wusste Waskovic inzwischen von meinen Schulden, von meinem halbsoliden Lebenswandel, von der Sache mit Müller: Es passte alles so schön. Und er lieferte mir gleich ein passendes Mordmotiv, indem er mir die Steine unterjubelte. Sicher ist sicher. Inzwischen war allerdings Galina auf den Plan getreten, die ihn erpressen wollte – mit dem Wissen, das sie durch mich gewonnen hatte. Zwar hatte Waskovic angesichts des Ernstes der Lage inzwischen Salatohr-Ernie auf sie angesetzt, doch die Situation war längst außer Kontrolle geraten: Ich war eifriger gewesen, als er gedacht hatte, und sie hatte nicht lange gezögert, ihn von ihrem Erkenntnisgewinn zu
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