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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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gut. Ich werde sehen, dass ich jemanden auftreibe, der auf dich aufpasst.«
    Als Treffpunkt machen wir Eitorf aus, genauer das Parkgelände am Siegufer hinter der Villa Gauhe.
    »Wenn Waskovic kommt, muss er den Eindruck haben, alles sei harmlos. Er muss deutlich spüren, dass von dir keine Gefahr ausgeht, klar?«
    »Das sagten Sie schon.«
    »Ja, manchmal kann es jedoch nicht schaden, die Dinge zweimal zu sagen. Ich will schließlich, dass du heil aus der Sache rauskommst.«
    »Ich werd’s schon hinkriegen. In diesen Dingen bin ich gut.«
    »Wie meinst du das?«, hake ich nach.
    »Ich bin gut darin, Menschen zu manipulieren«, behauptet Pavel. »Ich habe Galina dazu gebracht, dass sie sich um mich kümmert. Ich werde auch Waskovic dahin kriegen, wo ich ihn haben will.«
    Was für ein außergewöhnlicher Knabe, denke ich. Und erst im Nachhinein fällt mir auf, dass er während unserer ersten Begegnung auch mich genau dahin gekriegt hat, wo er mich hat haben wollen.

    Ich ziehe mich an, verlasse das Haus und sehe, dass Salzmanns Wagen noch vor der Tür steht. Dafür fehlt mein Mietwagen. Mitsamt dem Schlüssel, wie ich entsetzt feststellen muss. Das gibt es doch nicht!
    Salzmanns Wagen ist nicht abgeschlossen, der Zündschlüssel steckt. Offenbar wollte er mich nicht gänzlich ohne fahrbaren Untersatz zurücklassen.
    Ich schreibe Herbert eine SMS, in der ich ihm Salzmanns Kennzeichen durchgebe und um schnellstmögliche Prüfung bitte. Mehr kann ich im Moment nicht ausrichten, also mache ich mich auf und durchstreife bei schönstem Sonnenschein die Natur, um nach einer Brechstange oder ähnlichem Ausschau zu halten, doch alles, was ich finde, ist ein Teil eines alten Schubkarrengestänges. Immerhin besser als nichts.

    Den restlichen Nachmittag verbringe ich damit, Abschiedsbriefe an Markus und Yannick zu schreiben, die ich anschließend zerreiße. Eine SMS von Herbert trifft ein. Salzmanns Wagen ist als gestohlen gemeldet. Na prima! Jetzt weiß ich, warum er sich meinen geliehen hat. Ich werde den Teufel tun, mich mit der geklauten Kiste eines zum Abschuss freigegebenen Halunken auf den Weg zu machen.
    Um sechs Uhr wird es Zeit, Denise anzurufen.
    »Hier bei Feldmann«, meldet sich eine mir unbekannte weibliche Stimme.
    Ich bin irritiert. »Könnte ich bitte Frau Feldmann sprechen?«
    »Frau Feldmann nimmt gerade ein Bad«, erfahre ich.
    »Gut, dann rufe ich später noch einmal an.«
    »Später geht Frau Feldmann zu Bett.«
    »Mit wem spreche ich eigentlich?«, wage ich zu fragen.
    »Marianne Wohlkamp vom Pflegedienst Michaelsberg. Soll ich Frau Feldmann etwas ausrichten?«
    »Ähm, nein, ich …«
    »Einen Moment bitte, es hat gerade geklingelt.« Der Hörer wird zur Seite gelegt. Schritte. Stimmen.
    »Shit!«, begrüßt mich Denise. »Ich hatte den Pflegedienst vergessen.«
    »Denniss? Denniss, bist du das?«, ruft eine brüchige Stimme im Hintergrund.
    »Ja, Oma, ich bin’s!«, brüllt Denise mir ins Ohr. »Trockne dich erst mal ab und zieh dir was über, ich lauf nicht weg! Ist nicht gerade der günstigste Moment zum Telefonieren.«
    »Meinst du mich?«
    »Wen sonst?«
    Mir bleibt keine Zeit für langes Geplänkel. »Denise, danke fürs Auto«, sage ich schnell und behalte für mich, dass inzwischen jemand anders damit unterwegs ist. »Du müsstest mir aber noch einen weiteren Gefallen tun. Den letzten, hoffentlich.«
    »Das hoffe ich nicht.«
    »Wie?«
    »›Letzter Gefallen‹ – das klingt wie ›letzter Wille‹ oder so.«
    »Ich meine in dieser Angelegenheit.«
    »Schon gut. Schieß los!«
    Ich bitte sie, heute Abend ihre Schicht zu tauschen und stattdessen auf den kleinen Pavel aufzupassen. Für alle Fälle. Waffenscheinpflichtig.
    Sie kaut schmatzend auf ihrem Kaugummi herum. »Das krieg ich geregelt«, befindet sie schließlich. Und dann besprechen wir die Details.

31
    Jeder Jäger wird mal ein Hase.
    Wilhelm Busch

    Die Ente parkt noch immer dort, wo sie gestern gestanden hat. Vor einer halben Stunde ist die Vermieterin mit einem anderen Wagen davongefahren – in Richtung Köln, wie sie mir erzählte. Sie würde erst am späten Abend zurück sein.
    Endlich mal ein Auto, das keine großen Herausforderungen an meine Mechanikerkünste stellt. Fragt sich nur, ob das alte Schmuckstück hier überhaupt fahrtüchtig ist.
    Dem elektrischen Surren des Anlassers folgen puffende Zündungen, der Motor würgt zwei Umdrehungen, und ich bete für eine dritte. Endlich das befreiende Knattern des Zweizylindermotors.

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