Wildwasserpolka
bestätigungsheischend an. »Das hätte ich ihr übrigens auch nicht – wenn sie nur nicht so dumm gewesen wäre, mich verlassen zu wollen.«
» Sie zu verlassen?«, höhne ich.
»Schätzchen, was glaubst du, warum sie dich engagiert hat?«, fragt er barsch zurück. »Sie wollte herausfinden, wie sich mich am besten loswird – das war der Grund.«
Kann das sein? Sagt Waskovic etwa in diesem Punkt die Wahrheit? Wollte Galina ihn gar nicht von allen Sünden reinwaschen, wie ich nach unserem letzten Gespräch angenommen hatte? Wollte sie ihn im Gegenteil erpressen? Aber nicht mit irgendwelchen Weibergeschichten, wie ich vermutet habe, denn mit denen wäre kein Blumentopf zu gewinnen gewesen. Sie brauchte etwas Handfestes – einen Mordauftrag zum Beispiel.
»Einen wie mich lässt man aber nun mal nicht einfach sitzen«, konstatiert Waskovic eitel. »Schon gar nicht als ukrainische Schönheitskönigin aus Zeiten der k. u. k. Monarchie. Sie hätte nicht so gierig sein sollen. Und dich hätte sie aus der Angelegenheit herauslassen sollen.«
In diesem letzten Punkt kann ich ihm endlich einmal uneingeschränkt zustimmen. Und plötzlich, in dieser unterirdischen Hölle, unter größter psychischer Anspannung, eröffnen sich mir die Dinge aus einem völlig anderen Blickwinkel: Die Kaulquappe hat sich gar nicht für die Seitensprunggeschichten ihres Mannes interessiert, sondern war auf weit brisanteres Material aus gewesen. Sie wusste, dass ihr Gatte nicht sauber ist. Womöglich hat sie sogar von der halbseidenen Vanessa gewusst und mir deshalb die vorgebliche Treueprüfung aufgetragen. Sie erhoffte sich weitere, über das Sexuelle hinausgehende Informationen davon. Ohne mir freilich ihre wahren Beweggründe zu verraten.
Die geplanten Morde an Müller und Salzmann: Galina hat gar kein Interesse daran gehabt, sie zu verhindern. Sie hat sich nicht etwa aus Rücksicht auf ihren Mann dagegen gesträubt, mit mir zur Polizei zu gehen. O nein! Sie wollte , dass diese Morde geschahen, weil sie ihren Mann damit in der Hand hatte. Sie wollte Waskovic zwingen, sie gehen zu lassen – aber nicht mit leeren Händen.
Doch Waskovic hat sich nicht an ihre Spielregeln gehalten. Er hat nicht mitgespielt, sondern sie töten lassen.
Und diese Tat will er mir unterjubeln.
»Wenn Ihre Theorie stimmt«, sage ich, »wenn Ihre Frau nicht gemeinsame Sache mit Ihnen gemacht hat, woher will sie dann von Freudenberg gewusst haben? Woher wusste sie, wo sie mich finden kann?«
»Ach, das!« Waskovic winkt ab. »Ich habe sie einem kleinen Test unterzogen«, bekennt er freimütig. »Ich wollte wissen, wie weit sie gehen würde, um dich zu treffen. Wir saßen gemeinsam in meinem Wagen, sie und ich, und während der Fahrt habe ich Ernst angerufen und mir deinen aktuellen Standort mitteilen lassen. Nicht wahr, mein lieber Ernst?« Er blickt kurz an mir vorbei, irgendwo dorthin, wo Ernie und der Kreismeister geduldig ausharren. »Galina hat dieses Gespräch mit angehört. Ich habe absichtlich keine Namen genannt, aber sie hat zwei und zwei zusammengezählt und richtig geschlossen, dass wir von dir sprachen. Das war, nachdem sie die erste SMS an dich geschrieben und deine Abfuhr erhalten hatte. Und was tat sie? Sie hat prompt die kleine Schwuchtel mit dem Brief losgeschickt. Ist deine Frage damit hinreichend geklärt?«
Das weiß ich noch nicht sicher, zumindest lässt sich einiges daraus schließen. Erstens: Die Eheleute Waskovic haben nicht unter einer Decke gesteckt, im Gegenteil. Zweitens: Alle, die Waskovic ans Leder wollten, einschließlich seiner Ehefrau, sind inzwischen tot. Alle bis auf mich. Woraus sich drittens ableiten lässt, dass es kein Argument dafür gibt, ausgerechnet mich am Leben zu lassen.
»Ich denke, wir haben das Wesentliche besprochen«, unterbricht Waskovic meinen Gedankengang. »Du warst hier, du hast gesehen, was passiert, wenn du dich nicht fügst.« Er gibt Ernie ein Zeichen. Der tritt näher an mich heran und hebt meine PB vom Boden auf, während Waskovic sich an mir vorbeischiebt.
»Umdrehen!«, kommandiert der Kreismeister, die Waffe noch immer im Anschlag. Ich starre ihn an, unfähig, mich zu rühren. Will er mich jetzt erschießen?!
»Nun los, zurück mit dir!« Er tritt an mich heran und bohrt mir die Waffe ins Brustbein. Ich stolpere rückwärts, hinter den Hunt, in die Richtung, aus der Waskovic gekommen ist. Mein Herz rast, kalter Schweiß rinnt mir den Rücken hinab. Und dann sehe ich ihn: Aus der Tiefe des
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