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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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betrete den Besucherparkplatz, unseren Treffpunkt. Hier suche ich mir ein verborgenes Plätzchen im Gebüsch, von dem aus ich das Geschehen im Blick habe: die übliche Hase-und-Igel-Strategie. Ich will gewappnet sein, wenn die Kaulquappe eintrifft. Sofern sie überhaupt eintrifft.

    Um kurz nach halb acht fährt ein Kleinwagen auf den Parkplatz, und ich ziehe mich tiefer ins Gestrüpp zurück. Bässe wummern, im Wageninnern glimmen zwei rote Punkte auf: Jugendliche, die die Zeit totschlagen. Davon scheinen sie mehr als genug zu haben, denn eine halbe Stunde später sind sie noch immer nicht verschwunden. Als einer der jungen Männer aussteigt, um zu pinkeln, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich weiter zurückzuziehen.
    Was wird die Kaulquappe tun, wenn sie bemerkt, dass wir hier nicht ungestört sind?, überlege ich. Exakt um acht Minuten vor acht erübrigt sich die Frage, der Golf fährt mit ohrenbetäubendem Wummern davon.
    Ich gebe meine Deckung auf und gehe über den Platz, um einen Blick auf die andere Straßenseite zu werfen.
    Dort steht noch immer ein Fahrzeug. Aber nicht das von vorhin, stelle ich erschrocken fest.
    Es ist der Wagen der Kaulquappe, ein roter BMW. Jetzt ist sie mir doch zuvorgekommen.
    Ich überquere die Straße und nähere mich vorsichtig dem Gelände. Hat sie nicht auf dem Besucherparkplatz geparkt, weil dort die Jugendlichen standen? Oder hat sie ohnehin die Freifläche des Grubengeländes gemeint?
    Im Wagen sitzt niemand, und die Gebäude liegen im Dunkeln. Hat sie sich hinter die Holzhäuser zurückgezogen, um nicht wie auf dem Präsentierteller zu warten?
    Ich will gerade das Gelände überqueren, um nachzusehen, als mir ein heller Schimmer ins Auge fällt: Die schwere Holztür vor Stollenmundloch ist nicht ganz geschlossen, dahinter brennt Licht. Ich schleiche vorsichtig näher, bleibe stehen, lausche – nichts.
    Hinter der Stirn verspüre ich ein außerordentlich ungutes Kribbeln, dort, wo meine intuitive rechte Gehirnhälfte am Werk ist. Ich versuche, durch den Spalt zu spähen, kann allerdings nichts erkennen.
    Und dann höre ich etwas.
    Eine weibliche Stimme, Worte, die ich nicht verstehe, doch sie klingen wie ein Hilferuf. Vorsichtig ziehe ich die Holztür eine Handbreit auf und lausche. »Bitte! Hört mich jemand?«
    Die Kaulquappe, kein Zweifel.
    »Helfen Sie mir!«
    Soll sie zusehen, wer sie rettet. Ich bin die Letzte, von der sie Hilfe verlangen kann, allenfalls werde ich später anonym und aus sicherer Entfernung die Polizei benachrichtigen. Soll die sich um die Sache kümmern.
    »Bitte! Ich bin hier!«
    Und wenn es um Leben und Tod geht?, mahnt mich mein Gewissen. Wenn jede Minute zählt? Immerhin war sie meine Klientin. Oder sie ist es noch. Allerdings eine, die mich nach Strich und Faden verarscht hat.
    Das weißt du nicht. Vielleicht hängt sie nicht so tief mit drin, wie du angenommen hast, widerspricht mir meine innere Stimme.
    »Hilfe!« Der Aufschrei klingt seltsam gedämpft, als wolle der Stollen sie daran hindern, sich bemerkbar zu machen. Und dennoch habe ich ihn gehört.
    Ich schließe für einen Moment die Augen, hole tief Luft – und öffne die Tür.
    Ein schmaler Tunnel, von mächtigen Holzverstrebungen gestützt, die kaum Stehhöhe haben; feuchte Kälte schlägt mir entgegen.
    Langsam, sehr langsam wage ich mich vorwärts. An der Wand hängt ein Stromkasten, von dem aus die Grube mit Elektrizität versorgt wird, dicke Kabelstränge führen an den Felswänden entlang. Immer wieder Holzstützen, Stahlträger, nackter Fels. Wasser tropft aus dem Gestein, bildet Pfützen zwischen Schienen und Schotter. Schritt für Schritt wage ich mich tiefer in den Stollen hinein und muss darauf achten, mir nicht den Kopf zu stoßen. Nun weiß ich, warum die Besucher heute Nachmittag Helme getragen haben.
    Irgendwann verzweigt sich der Weg, die Schienenstränge gabeln sich. Von der Kaulquappe keine Spur. Ich zögere, wähle den Abzweig nach rechts.
    »Hilfe! Ist da jemand? Bitte helfen Sie mir!«
    Da ist sie wieder. Ich korrigiere meine Entscheidung und halte mich links.
    »Ich bin hier!«, hallt mir die Stimme der Kaulquappe entgegen, näher, viel näher diesmal. Sie kann nicht mehr weit sein. Ein heißkalter Schauer jagt durch meinen Körper, jede Faser spannt sich.
    »Hilfe!«
    Ich entsichere die PB und halte sie schussbereit. Und dann sehe ich sie.
    Ihr langes Blondhaar hängt über den Rand eines Hunts herab, einem im Bergbau eingesetzten kastigen, offenen

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