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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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Rhein-Sieg-Kennzeichen vor. Es verstreicht fast eine Minute, ehe sich die Fahrertür öffnet und ein Mann aussteigt. Vage erkenne ich in ihm jenen verwegen dreinblickenden Typen aus der Runde der Holzhackerbuben wieder, den Ernie mit seiner Digitalkamera abgelichtet hat.
    Salzmann zögert. Ich sehe, wie er prüfend auf einen Zettel in seiner Hand schaut, dann auf das Haus und erneut auf den Zettel. Ja, ja, komm nur! Du bist hier richtig, mein Freund. Das denkt er offenbar auch und stößt das putzige Holztörchen auf. Am Treppenabsatz nehme ich ihn von hinten in Empfang und bohre ihm die PB ins Kreuz. Er bleibt wie angewurzelt stehen.
    »Immer rein in die gute Stube«, sage ich und verstärke den Druck, um ihn zum Weitergehen zu bewegen. Wir steigen die Treppe zur Eingangstür hinauf, und ich schubse ihn in die Wohnung, durch die winzige Küche ins Wohnzimmer.
    Damit ihn das herzige Interieur gar nicht erst dazu verleitet, falsche Schlüsse über die vermeintliche Bewohnerin zu ziehen, befehle ich ihm, die Hände über den Kopf zu heben und sich mit gegrätschten Beinen an die Wand zu stellen. Anschließend taste ich ihn von oben bis unten nach Waffen ab, ohne falsche Scham und sehr gründlich. Keine Waffen. Nur ein Smartphone, ein Schlüsselbund und ein Taschentuch. Smartphone und Schlüsselbund lege ich auf dem Esstisch ab und sage: »Okay. Jetzt machen wir beide es uns mal ein bisschen gemütlich.«
    Langsam wendet Salzmann sich um. Ich deute auf einen der Korbstühle am Esstisch. »Setzen!«
    Er rückt sich den Stuhl am Fensterplatz zurecht, während ich eilig die schweren roten Vorhänge zuziehe. Da ich nicht den Anschein erwecken will, wir würden uns gemeinsam zum Kaffeekränzchen niederlassen, postiere ich mich in etwa einem Meter Abstand zum Tisch und bleibe stehen. Was ihm die Gelegenheit gibt, mich von oben bis unten zu mustern.
    »Eins vorweg«, stelle ich klar. »Wenn Sie versuchen, mir irgendwelchen Schaden zuzufügen, werden Sie nie erfahren, wo ich das Schatzkistchen versteckt habe.«
    Er sieht mir prüfend in die Augen. Lange. »Ich wüsste nicht, warum ich Ihnen Schaden zufügen sollte.« Seine Stimme knarzt wie eine alte Tür.
    »War ja auch nur eine Warnung«, sage ich und deute auf die Pistole in meiner Hand. »Das hier ist eine russische PB.«
    »Das sagt mir nichts«, antwortet er ruhig. »Ich habe keine Ahnung von Waffen.«
    »›Pistolet Bes’schumnyi‹ , was so viel heißt wie ›lautlose Pistole‹, das Lieblingsspielzeug des KGB « , raune ich. »Wenn die losgeht, glauben die Nachbarn höchstens, ein Zahnputzbecher wäre runtergefallen – während Sie schon tot in der Ecke liegen. Kapiert?« Ich habe mir Vanessas Worte gut eingeprägt.
    Seine Augenbrauen wandern irritiert in die Höhe, doch ich glaube auch, den Anflug eines Grinsens auf seinem Gesicht zu entdecken. Hat der Typ Sinn für schwarzen Humor, oder macht er sich über mich lustig? Erneut mustert er mich abschätzend, und mir ist alles andere als behaglich dabei zumute. Er hat etwas an sich, das mich fertigmacht: Seine physische Erscheinung, seine Stimme, die Art, wie er jetzt bedächtig langsam, geradezu sorgfältig seine Handflächen auf dem Tisch ablegt, oder alles zusammen. Die Natur ist ungerecht, denke ich nicht zum ersten Mal. Wie soll eine kleine, eher schmächtige Person wie ich gegen einen Typen wie ihn bestehen? Das geht nur mit Waffengewalt.
    »Sind Sie sicher, dass Ihnen niemand gefolgt ist?«, frage ich scharf.
    »So sicher man sich eben sein kann«, antwortet er achselzuckend. »Ich habe jedes Risiko gemieden und glaube nicht, dass sich irgendjemand für den Wagen draußen interessiert. Er gehört einer Freundin.«
    Der Typ scheint eine Menge Freundinnen zu haben. Vanessa kann jedenfalls nicht gemeint sein, denn bei dem Fahrzeug, mit dem er vorgefahren ist, handelt es sich weder um ihren neuen Mini noch um ihren alten Ford K.
    »Wieso hat Waskovic Sie nicht in Waldbröl entdeckt?«, frage ich weiter.
    »Wieso hat Waskovic Sie nicht in Ihrem Puppenstübchen entdeckt?«, fragt er zurück und macht eine umfassende Geste. »Das Ganze hier kann genauso gut eine Falle sein.«
    »Wenn ich Ihnen Waskovic auf den Hals hetzen wollte, hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, Sie hierher zu bitten«, widerspreche ich. »Ich hätte ihn direkt zu Ihnen geschickt. Also?«
    »Ich muss mir erst einmal überlegen, ob Sie das etwas angeht«, meint Salzmann, während er mit einer Hand über die Tischplatte streicht.
    »Überlegen sie

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