Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
sagte Curtis.
»Ich auch.« Prue versuchte zu lächeln.
Die Kapelle hatte einen nicht allzu schnellen Walzer begonnen, und eine Geige spielte eine getragene Melodie. Das Geräusch der über den mit Sägemehl bedeckten Fußboden gleitenden Füße verlieh dem Lied einen feierlichen Rhythmus. In der kurzen Gesprächspause hatte Curtis Zeit, nachzudenken. »In Ordnung. Ich meine, wenn er das zu dir gesagt hat, dann muss es wohl gemacht werden, oder? Wie soll es funktionieren?«
»Wir sollen seine Erbauer suchen«, sagte Prue. »Das hat der Baum gesagt. Jemand muss sie finden, damit sie den mechanischen Jungen reparieren können.«
Curtis rieb sich verdutzt über das Gesicht. »Der verlangt ja ganz schön was, dieser Baum«, sagte er. Und dann: »Wo ist Alexei jetzt? Sein Körper, meine ich.«
»Wahrscheinlich in irgendeiner Gruft, schätze ich mal.«
»Igitt.« Curtis zog eine angeekelte Miene. »Na ja, aber wenigstens ist er ein Apparat. Kein verwesender Leichnam oder so was. Also gehen wir einfach nach Südwald und geben den Verantwortlichen Bescheid, was passieren muss, und unsere Aufgabe ist erledigt, oder?«
Prue schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Der Baum hat auch noch gesagt, dass andere Leute es ebenfalls versuchen würden, und falls es ihnen gelingt, wäre das für uns und für den Baum gar nicht gut. Nach dem, was du mir über die Lage in Südwald erzählt hast, vermute ich mal, dass es keine gute Idee wäre, herumzuposaunen, was wir vorhaben. Wahrscheinlich gibt es eine ganze Menge Leute, die was dagegen hätten.«
»Aber du bist doch nicht irgendwer!« Curtis legte sich pathetisch die Hand aufs Herz. »Du bist die Fahrradmaid! Die alles wieder in Ordnung bringt! Die würden sich doch bestimmt ein Bein ausreißen, um das zu machen, was du sagst.«
Verlegen schlug Prue ihm die Hand herunter. »Da bin ich mir nicht so sicher. Ich meine, manche vielleicht. Aber ich wette, ich habe inzwischen auch viele Feinde da unten.«
Curtis schnaubte zustimmend. »Mannomann«, sagte er. »Erwachsene. Da haben sie ein Zauberreich zur freien Verfügung und schaffen es trotzdem noch, ständig alles zu vermasseln.«
»Dazu kommt noch die Sache mit diesen Gestaltwandlern, die uns aus dem Weg räumen sollen«, sagte Prue.
Beide nahmen sie resigniert einen Schluck von ihrem heißen Apfelwein. Die Rattendame neben Septimus lachte gerade herzhaft über irgendetwas, was er gesagt hatte. Die Kapelle in der Ecke kündigte einen Squaredance an, und die Paare stellten sich in Vierergruppen auf. Curtis sah seine Freundin von der Seite an. »Auch Lust?«, fragte er.
»Was?«
»Manchmal, wenn die Welt um einen herum einstürzt, bleibt einem nichts anderes als zu tanzen, stimmt’s?« Curtis stand auf, verbeugte sich und streckte die Hand aus.
Prue lächelte schüchtern. Sie erhob sich und machte einen Knicks, obwohl sie wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben einen Knicks gemacht hatte. »Mit dem größten Vergnügen.« Und Hand in Hand gingen sie zusammen zur Tanzfläche.
Der junge Mann mit der Geige trat vor. Er trug das Instrument unter dem rechten Arm, der Bogen baumelte an einem Finger. »Meine Damen und Herren«, verkündete er mit klangvoller Stimme, »Tiere und alle anderen. Das nächste Stück ist ein Tanz zur Melodie von › Colton’s Fancy‹. Bitte stellt euch mit eurem Partner auf.« Er klemmte sich die Geige unter das Kinn und begann ein schnelles und lebhaftes Lied, in das die anderen Musiker rasch einstimmten. Der Bär schlug kräftig auf die einzelne Saite seines Waschwannenbasses, und seine Krallen verliehen den tiefen Tönen des Instruments ein zartes Rasseln. Die Banjospielerin, ein Mädchen mit blonden Zöpfen, konzentrierte sich auf ihre wirbelnden Finger, die eine Stakkato-Begleitung zupften. Der Rhythmus wurde von einer Akustikgitarre gehalten, die ein junger Mann mit Schnauzbart und Latzhose in wildem Tempo spielte. Die Musik stieg hoch hinauf über die Menge und wand sich zwischen die Dachbarren der Halle wie ein Schwarm Kobolde. Von der ersten Note an wurde lebhaft getanzt, und Prue und Curtis wurden mitgerissen. Ab und zu setzte der Geiger sein Instrument ab und rief Anweisungen.
»Promenade!«
»Do-si-do!«
»Und jetzt dreht euren Partner!«
Die beiden Kinder hatten im Sportunterricht ausreichend Squaredance geübt, um bei den Grundschritten mitzukommen, und wenn sie aus dem Takt kamen, waren jederzeit mehr als genug Tänzer um sie herum, um sie aufzufangen. Nach dem Lied waren ihre
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