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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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galoppierten los in Richtung Lange Straße.
    Auf dem schneebedeckten Weg kamen sie gut voran, da zu so später Zeit praktisch kein Verkehr war. Prue ritt hinterher, da Curtis jedes Mal, wenn sie zu ihm aufzuschließen versuchte, seinem Pferd die Sporen gab und die Führung übernahm. Unterwegs sprachen sie nicht miteinander, machten nur einmal kurz Pause, um die Pferde zu tränken und den Proviant zu essen, den sie in Prues Rucksack gepackt hatten. Da standen sie dann schweigend und betreten herum, und Curtis hielt den Blick die ganze Zeit gesenkt.
    Einmal hatte Prue einen Vorstoß gewagt. »Curtis«, hatte sie gesagt, »das schaffen wir schon. Wir kommen bestimmt noch rechtzeitig.«
    Aber er hatte nur wortlos seinen halb gegessenen Apfel in den Wald geschleudert und war wieder auf seine Fuchsstute gestiegen. »Komm, Septimus«, hatte er gesagt. Die Ratte hatte Prue kurz angesehen, die Achseln gezuckt und war wieder auf Curtis’ Pferd gehüpft. Traurig über die Zurückweisung war Prue ihm gefolgt.
    Der Sturm, der über den Gebirgsgrat gezogen war, der Nordwald von Wildwald trennte, behinderte ihr Vorankommen stark. Als sie mitten in eine dichte weiße Wolke ritten, ging die Sichtweite gegen null. Prue und Curtis schlangen sich die Stolas um das Gesicht, um sich vor dem Schneetreiben zu schützen. Am Wegesrand war neben einer hohen Steinpyramide eine Berghütte errichtet worden, und Licht leuchtete durch die Fenster. Ein Mann bat sie, doch einzutreten, aber als Prue Curtis vorschlug, das Angebot anzunehmen, verriet allein der Blick, den er ihr zuwarf, deutlich, was er von der Idee hielt. Also bedankte Prue sich bei dem Mann, drückte sich die Wolle ihrer Stola an die Wangen und setzte ihren Weg fort.
    Sie ritten die ganze Nacht hindurch. Prue döste gerade im Sattel ein, als Septimus von seinem Ausguck in den Baumkronen rief, er habe eine der Nebenversorgungsrouten der Räuber entdeckt. Schweigend bogen sie von der Straße ab und folgten ihr durch die Bäume. Die Dunkelheit verflüchtigte sich allmählich und wich einem unheimlichen Lichtschleier, der die vom Schnee bedeckte Welt um sie herum durchtränkte. Zu dieser frühen Stunde lag eine erneute Dringlichkeit in der Art, wie Curtis ritt, wie er den Wald beobachtete. Er trieb sein Pferd an, obwohl deutlich war, dass das Tier unbedingt eine Pause brauchte.
    »Was ist denn?«, rief Prue völlig übermüdet. Curtis gab keine Antwort. Endlich erreichten sie die Wand aus Scheinbeerenbüschen und Brombeerranken, die den Eingang zum Räuberlager verbarg. Dort wartete Septimus schon auf sie.
    »Seht euch das an«, sagte er.
    Jemand – oder etwas – hatte ein gewaltiges Loch in das Gestrüpp aus grünen Blättern und braunen Ästen gerissen, und Curtis sprang sofort aus dem Sattel. Der scharfe Geruch von Qualm lag in der Luft. Ohne ein Wort begriffen die drei Reiter: Sie waren zu spät gekommen.
    Unmittelbar hinter dem Gebüsch, wo der moosige Untergrund zu der steilen Felswand abfiel, stiegen schwarze, beißende Rauchwolken aus dem Abgrund. Ohne noch mehr Zeit zu verlieren, seilten sie sich auf die tiefer gelegene Plattform ab, von der aus die Seilbrücke die Schlucht überquerte. Auf der gegenüberliegenden Seite brannte kein Licht.
    »Was ist passiert?«, krächzte Prue. »Wo sind denn alle?«
    Sie rannten über die Brücke und stellten fest, dass die Laterne, die dazu gedient hatte, Besucher anzukündigen, zerbrochen und verbogen auf dem Boden lag. Prue strich über einen Kratzer im Holz des Geländers, weiße Splitter ragten aus der abgegriffenen Oberfläche. Etwas Blut war vergossen worden. Aus dem Lager drang kein Laut.
    »Nein, nein, nein, nein«, wiederholte Curtis unablässig.
    Sie traten auf den Steg, ohne zu wissen, wer sie erwarten mochte, kamen aber nur bis zum Ostturm. Die nächste Seilbrücke war abgerissen, es gab keine Möglichkeit, auf die andere Seite zu gelangen. Die zahllosen Fußabdrücke in der weißen Decke, die jede Oberfläche entlang der Schlucht bedeckte, waren nach dem neuerlichen nächtlichen Schneefall kaum noch zu erkennen. Von ihrem Aussichtspunkt aus konnten sie schwarze Rauchwolken aus den Höhlen aufsteigen sehen. Flammen züngelten an einem Holzgerüst empor, und eine zu einem schwarzen Haufen eingefallene Treppe glimmte in der kalten Luft. Da ertönte ein Schnalzen, und Prue sah gerade noch eine der vielen Seilrutschen abreißen und klappernd in die Schlucht stürzen. Kurz darauf brannte auch der letzte Rest der Befestigung durch

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