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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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und Rachel durfte zurück zu Martha und Elsie, die Nasenlöcher randvoll mit brauner, schlammiger Paste und ein gelbes Etikett am rechten Ohr. Sie sah jämmerlich aus.
    Wie ein Barbier, der sich auf den nächsten Kunden vorbereitet, wirbelte Unthank nun den Stuhl zu Elsie herum. Sie spürte einen leichten Schubs an der Schulter, es war Desdemona. Gehorsam setzte sie sich hin. Unthank stand mit dem Rücken zu ihr, betrachtete das Sortiment im Regal und wählte schließlich ein kleines blaues Fläschchen aus. Nachdem er den Deckel abgedreht hatte, schüttelte er eine winzige Kugel in der Größe einer Zuckerperle auf seine Handfläche und hielt sie sich vors Auge.
    »Ich habe die Essenz eines einzigen Staubkorns, das einst die Spitze einer in der Undurchdringlichen Wildnis gefundenen Feder zierte, tausendfach mit sterilisiertem Wasser verdünnt. Ein einziger Tropfen dieses Wassers wurde auf diese Zuckerpille gegeben, wodurch sie nun mit der Erinnerung an den Ort, von dem das Staubkorn stammte, ausgestattet ist. Das Ganze ist so wissenschaftlich solide, wie man es sich nur wünschen kann. Sollten meine anderen Experimente scheitern, bin ich absolut zuversichtlich, dass das hier dich befähigen wird, die Grenze zu überschreiten und ins Herz dieser Wildnis vorzudringen.« Er hielt Elsie die Pille vor die Lippen. »Mund auf«, sagte er.
    Das tat Elsie, und Unthank ließ die Perle auf ihre Zunge fallen. Innerhalb von Sekunden war sie aufgelöst und hinterließ den flüchtigen Geschmack von etwas Süßem. Auch Elsie bekam einen Stecker ins rechte Ohr – der Schmerz war wie ein festes Kneifen – und stellte sich im Anschluss zurück neben Martha und Rachel.
    »Desdemona, würden Sie bitte …« Unthank wischte sich die Hände an einem Lappen ab.
    Miss Mudrak holte drei unbeschriftete weiße Kästchen aus dem Regal und brachte sie zu Unthank, der daraufhin an den kleinen schwarzen Knöpfen nestelte. Dann riss er für jedes Kästchen ein quadratisches Stück Klebeband ab und beschriftete es mit einem schwarzen Filzstift. Vorsichtig stellte er sie neben den Mädchen auf dem Schreibtisch ab.
    »Ich weiß, was Sie da geschrieben haben«, sagte Rachel. »Das sind Anfangsbuchstaben.« Mit der braunen Paste in der Nase klang sie, als hätte sie einen besonders gemeinen Schnupfen.
    »Sehr gut erkannt«, meinte Unthank.
    »Wo ist Carl Rehnquist?«, wollte Martha wissen.
    »Carl Rehnquist?« Unthank dachte nach.
    »Ja, Sie wissen schon: C . R.«

    »Ach ja. Carl. Das war letzte Woche, oder?« Er starrte auf die weißen Kästchen im Regal, als könnten sie seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. »Kupfer«, sagte er schließlich. »Eine Art Kupferdrahtkrone. Er trug sie auf dem Kopf. Hat leider nicht funktioniert.« Er klappte sein schwarzes Notizbuch auf, blätterte nach hinten und las: »Cynthia Schmidt: Inhalation von Kiefernharz. Vielversprechend war das. Mal sehen: William Hatfield. Ah, ja, das war was Gutes. Unterwäsche aus Weinlaub. Ein bisschen unbequem, wie es schien. Jenny Tummel, beschwerte Schuhe. Da war ich mir so sicher. War ziemlich aufwändig, diese Schuhe zu basteln. Hat nicht geklappt.« Er klappte das Notizbuch zu und legte es zurück auf den Schreibtisch. »Jeder dieser Fehlschläge hat mich trotz allem der Lösung einen Schritt näher gebracht.«
    »Ungeheuer mutig, mein Schatz«, sagte Desdemona.
    Unthank quittierte dieses Kompliment mit einem matten Lächeln. Dann musterte er die drei Mädchen wie ein Feldwebel seine Truppe. »Ihr Mädchen«, sagte er stolz, »steht an vorderster Front für Wissenschaft und Forschung. Ich salutiere vor euch.« Unvermittelt legte er die Hand an die Stirn, den Rücken durchgedrückt. »Und jetzt, auf in den Kampf!«

    Sie gingen im Gänsemarsch, Unthank voran und Desdemona hintendrein. Missmutig schlurften die drei Mädchen zwischen den Erwachsenen durch den Kies der Straße. Chemietanks mit seltsam verdrehten Leitungen, die wie Spinnenbeine abstanden, säumten den Weg. Hin und wieder stieß ein Abgasrohr in der Ferne einen riesigen Feuerball in die Luft, und die Mädchen erschraken bei dem Geräusch. Es roch nach geschmolzenem Plastik, und ein chemischer Dunst umgab sie wie eine schwere Decke. Alle paar Schritte musste Elsie husten, der Qualm war so dicht, dass es sich anfühlte, als wären ihre Lungen mit Frischhaltefolie verkleidet.
    Schließlich erreichten sie einen hohen Maschendrahtzaun, der oben mit spiralförmig aufgewickeltem Stacheldraht gesichert war. Ein Tor

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