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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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Marionette mit abgeschnittenen Fäden. Prues Körper wirbelte herum, dem wilden Schlenkern des Seils hilflos ausgeliefert, und sie sah Callista mit einem Schrei in die dunkle Leere unter ihnen stürzen.

    Plötzlich spürte sie ein kräftiges Ziehen an ihrem Rucksack. Das war Curtis, der es geschafft hatte, eine Schnalle zu ergreifen, und nun an dieser einzelnen Schnalle über dem Abgrund baumelte. Die Ratte, die sich verbissen an seiner Schulter festklammerte, und der Junge schrien im Chor, und da stellte Prue fest, dass es in Wirklichkeit Septimus gewesen war, der vorhin das sehr damenhafte Kreischen von sich gegeben hatte. Schlagartig färbten sich ihre Finger von einem tiefen Hellrot zu einem blutlosen Weiß, als sie ihr Gewicht und von Curtis mit einer Hand an dem dünnen Seil halten musste.
    »Curtis!«, rief sie heiser. »Ich schaff’s nicht!«
    Aber in dem Moment sah sie zu Darla hinüber, die wieder ihre menschliche Gestalt angenommen hatte und sich Hand für Hand heranhangelte. Ihr geblümter Kaftan war an den Ärmeln zerrissen und mit Erde und Blut befleckt. Unmäßiger Zorn verzerrte ihre Miene. Sie schien in einem Spagat zwischen den zwei Welten von Mensch und Tier zu verharren, als wäre sie in der Wucht des Augenblicks mitten in der Verwandlung erstarrt. Schon streckte sie den Arm nach Prue aus, und Prue konnte die schwarzen Härchen auf ihren Handgelenken und die Krallen ihrer Fingernägel erkennen. Die Ereignisse verlangsamten sich zur Zeitlupe.
    Und genau da gab die letzte Befestigung der Brücke nach und das gesamte Gebilde zerriss in zwei Teile, woraufhin Prue und Curtis in die eine Richtung schwangen und Darla in die andere. Septimus hing an einer einzigen Franse von Curtis ’ Schulterklappe, sein Damenheulen war einem stetigen Strom von Ausrufen gewichen: »Oh oh, oh, oh, oh, oh, oh.« Prue sah Darla heftig auf der gegenüberliegenden Wand aufprallen, hatte aber wenig Zeit zur Freude, da kurz darauf auch sie gegen den Fels krachte. Ihre Finger, die so lange tapfer den Befehlen ihrer Herrin gehorcht hatten, ließen einfach los, und alle drei, Prue, Curtis und Septimus, stürzten sich überschlagend in die Schwärze hinab.

DREIZEHN
    Ein verheißungsvoller Auftrag
    D ie Tür fiel schwer hinter Unthank ins Schloss, und er blieb am Eingang stehen und blickte in stiller Verzweiflung auf das Durcheinander in seinem Büro. Als er sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen lehnte, rutschte sein Filzhut nach vorn und landete auf dem Boden. Mit einer schnellen, fahrigen Bewegung hob er ihn auf, ging zum Schreibtisch und ließ sich auf seinen Stuhl fallen, der ein schrilles Quietschen von sich gab. Sein Versuch, den Hut wie ein Frisbee auf die Ablage an der Garderobe zu werfen, scheiterte kläglich. Er purzelte in den Mülleimer daneben. Eine Weile saß Unthank völlig erstarrt da, dann schlug er sich die Hände vors Gesicht und ließ den Kopf auf die Schreibtischplatte sinken.
    Jemand klopfte an der Tür. »Joffrey, Liebling?« Es war Desdemona.
    »Einen Moment, mein Schatz.« Er richtete sich auf und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen. »Komm rein.«
    Mit einem Quietschen schwang die Tür auf. Miss Mudrak trat in ihrem Glitzerkleid ein und brachte einen Aktenkoffer mit. »Geht es dir gut?«, fragte sie.
    »Ja, ja«, sagte Joffrey. »Ich ruhe mich nur kurz aus.«
    »Ich habe Ausrüstung dabei.«
    »Ah, gut. Mach nur.«
    Desdemona kam mit dem Aktenkoffer herein, öffnete die Schnallen und stellte nacheinander die drei weißen Kästchen in das Regal zu den nahezu identisch aussehenden anderen. Auf den kleinen Klebestreifen stand R . M., E.M und M . S. Sie warf einen fast mütterlichen Blick auf die Kästen, ehe sie sich Unthank zuwandte.
    »Sie tauchen wieder auf, glaube ich«, sagte sie.
    Unthank lachte gedämpft. »Ja, vielleicht.«
    »Ich hatte den Eindruck, dass die Chinesin länger auf Schirm blieb. Ihr Signal ist nicht so schnell verschwunden.«
    »Meinst du?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Tja, Schätzchen«, sagte Unthank, »mein Augenstern, da täuschst du dich.« Er knallte die Handfläche auf den Schreibtisch. »Alle drei. Alle drei Signale. Weg. Blip. Blip. Blip. Und das schon nach zwanzig Metern. Weg.«
    Sein plötzlicher Ausbruch erschreckte Desdemona. »Sei nicht so hart zu dir selbst«, sagte sie. »Vielleicht es ist nächstes Mal anders.«
    »Nächstes Mal?«, fragte Unthank aufgebracht. »Was war denn beim letzten Mal? Hä? Wie heißt er gleich … Carl. Carl Rehnquist. Der

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