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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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Atemzug.«
    Die Zweige auf dem Dach der Hütte schwankten leicht in einer
ruhigen Brise. Von draußen hörte man den gleichmäßigen Lärm des Treibens im Lager.
    »Gut«, sagte Curtis nach einer kurzen Pause. »Es ist mir eine Ehre.«
    Ein plötzlicher Schlag auf die Schulter warf ihn fast um. Es war Seamus. »Recht so, mein Junge.«
    Brendan ging vor die Hütte und rief: »Angus! Cormac! Er ist bereit.«
    Die vier Räuber – Angus, Cormac, Seamus und Brendan – brachten Curtis aus dem Trubel des Lagers zu einem mit wenigen Fackeln erhellten schmalen Pfad, der im Zickzack die Schlucht hinaufführte. Kurz darauf erreichten sie eine Lichtung. In deren Mitte befand sich ein sorgfältig aufgeschichteter, etwa einen Meter hoher Stapel aus flachen Schieferplatten, der durch ein kleines Holzdach vor Regen geschützt war. Die Räuber schoben Curtis nach vorn; sie selbst bildeten einen Halbkreis um den altarähnlichen Stoß. Von nahem erkannte Curtis, dass der oberste Stein von einem zähen, dunklen Film bedeckt war.
    »Stell dich neben die Steine, Curtis«, sagte Brendan.
    Curtis schielte wieder nach dem Altar. Dünne Streifen einer getrockneten schwarzen Flüssigkeit zogen sich über die Seiten hinab. Auf dem obersten Stein hatte sich in einer kleinen Kerbe ein Klümpchen von diesem Zeug gebildet. Plötzlich hörte Curtis hinter sich das beunruhigende Zischen eines Dolchs, der aus der Scheide gezogen
wird. Er schnellte herum und sah Brendan auf sich zukommen – sein Gesicht leuchtete im Schein der Fackeln und er hatte den schlangenverzierten Dolch in der Hand.
    Ein kurzer Anfall von Panik überfiel Curtis. War das eine Falle? Hatten sie ihm seine Teilnahme an der Schlacht am Kamm doch nicht verziehen? Schon wollte er um Gnade bitten, als Brendan etwas völlig Unerwartetes tat: Der Räuberkönig setzte die Klinge in seiner eigenen Handfläche an, biss die Zähne zusammen und zog sie quer über seine Haut. Ein roter Streifen zeichnete sich ab, und er trat an den Altar und ließ das Blut auf den Schiefer tropfen. Dann wandte er sich Curtis zu und hielt ihm das Messer mit dem Griff voran entgegen.
    »Schneide dich und lass das Blut auf den Stein rinnen«, erklärte Brendan.
    Curtis nahm den Dolch und legte die Klinge zaghaft auf seine glatte Handfläche. »So?«, fragte er.
    Brendan nickte.
    Mit geschlossenen Augen drückte Curtis das kalte Metall fest in seine Haut hinein. Er spürte einen Schmerzensstich, eine kleine Blase tiefroten Blutes quoll aus der Wunde und er hielt sie rasch über den Altar. Nun flossen sein Blut und Brendans Blut über den flachen Stein und vereinigten sich in der kleinen Kerbe zu einem einzigen dunklen Fleck. Brendan nickte lächelnd.
    »Und jetzt der Eid.«

    Angus trat vor und sagte den Schwur auf, den Curtis Zeile für Zeile nachsprach.
    Ich, Curtis Mehlberg, gelobe feierlich, den Räuberkodex und den Eid zu wahren,
von meiner eigenen Hände Arbeit zu leben und jegliche Form von
Autorität vor dem Kodex anzufechten,
die Freiheit und Anliegen der Armen zu schützen,
die Reichen von ihrem Reichtum zu befreien,
keines Menschen Mühen über die eines anderen zu stellen,
mich für das gemeinschaftliche Wohl meiner Räuberkameraden einzusetzen,
niemandem außer meinen Räuberkameraden die Treue zu halten,
alle Pflanzen, Tiere und Menschen gleichberechtigt zu behandeln
und an der Seite der Räuberbande zu leben und zu sterben.
    Stille senkte sich über die Lichtung, die erst von Angus durchbrochen wurde. »Na bitte. Tritt vor, Räuber Curtis.«
    Brendan klopfte Curtis auf den Rücken. »Glückwunsch, Junge.« Er nahm den Dolch wieder an sich und steckte ihn in die Scheide.
    Curtis grinste. »Danke.« Er hielt sich die Handfläche an die Lippen und schmeckte das salzige Blut auf der Zunge.
    Jetzt wurde Curtis von den übrigen Räubern umringt, die ihm
die Hand schüttelten und ihm anerkennend die Schulter tätschelten. »Du wirst einen guten Dieb abgeben«, sagte Seamus. »Das hab ich dir auf den ersten Blick angesehen.«
    Eine plötzliche Unruhe im Gebüsch um die Lichtung herum kündigte die Ankunft zweier Wachposten an. »Brendan«, berichtete einer der beiden mit sorgenvoller Miene, »die Kundschafter sind zurück. Die Kojotenarmee hat die Hohe Brücke überquert und marschiert auf den Alten Wald zu.«
    Der König runzelte die Stirn. »Früher, als ich erwartet hatte. Gegen Morgen haben sie den Hain der Ahnen erreicht.« Er wandte sich an Curtis und die Räuber neben dem Steinaltar.

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