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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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Tauglichkeit – ob Tier oder Mensch – bei Anwendung des Erlasses die Waffen aufzunehmen und sich ins Heer einzureihen hat. Im Gegenzug wird er oder sie aus den Gemeinschaftsvorräten für den Arbeitsausfall entschädigt.«
    »Aber wir haben keine Waffen!«, wandte jemand ein.
    Sterling rollte das Papier wieder fest zusammen und klopfte sich auf die Gartenschere an seinem Gürtel. »Dann müsst ihr benutzen,
was eben gerade zur Hand ist. Arbeitswerkzeug, Kochgerät – was ihr auftreiben könnt.«
    Besorgtes Grummeln war zu vernehmen.
    »Geht nun«, befahl Iphigenia, »und sucht eure Familien. Bewaffnet euch. In einer Stunde treffen sich alle wieder hier. Ihr habt eine Stunde, mehr nicht. Unsere Zeit ist sehr knapp bemessen. Die Witwe will das Opfer um zwölf Uhr mittags am heutigen Tag erbringen. Denkt daran: Unser aller Leben hängt davon ab.«
    Verstört zerstreuten sich die Versammelten und rannten zurück zu ihren Hütten, Höfen und Familien.
    Prue wandte sich an Iphigenia. »Kommst du mit? Nach Wildwald?« , fragte sie.
    Die Älteste Mystikerin nickte und strich sich einige silbergraue Strähnen aus der Stirn. »Ja. Ich werde auf dieser Reise unseren Orden vertreten. Die anderen bleiben hier und meditieren weiter. Als ich allerdings damals in den Orden eintrat, musste ich geloben, niemandem ein Leid anzutun, ich musste mich zu einem gewaltfreien Leben verpflichten. Daher werde ich an keinen Kampfhandlungen teilnehmen können. Aber es gibt andere Wege, mich nützlich zu machen.«
    Prue sah den Leuten hinterher, die nach und nach in den Wäldchen und kleinen Hütten verschwanden, mit denen die Landschaft gesprenkelt war. »Wie viele werden es sein?«, fragte sie.
    Sterling brummelte halblaut: »Wir können von Glück sagen, wenn wir vierhundert zusammenkriegen.«

    Mit starrer Miene sah Iphigenia ihn an. »Es wird eben reichen müssen.«
    »Mehr nicht?«, fragte Prue. Es schien ihr viel zu wenig.
    »Du hast sie doch gesehen«, sagte Sterling abwehrend. »Selbst wenn alle mitmachen, sogar die Landarbeiter und Siedler jenseits des Miller-Bachs – mehr kriegen wir nicht zusammen. Dies hier ist ein ruhiges Land; wir sind an solche Aufregungen nicht gewöhnt.«
    Iphigenia seufzte. »Und doch hat der Ratsbaum es bestimmt. Wir müssen uns fügen.«
    »Was ist mit … mit …“ Verzweifelt suchte Prue nach weiteren Möglichkeiten. »Was ist mit den anderen Bewohnern des Waldes? Mit all den Tieren in Wildwald – würden die sich denn nicht mit uns verbünden wollen? Ich meine, ihre Heimat ist doch genauso gefährdet wie eure.«
    Iphigenia schüttelte den Kopf. »Unmöglich«, sagte sie. »Soweit wir wissen, gehören die Geschöpfe Wildwalds nur lose miteinander verbundenen Rudeln und Familien an. Es ist ein wahrhaft wildes Land. Daher ist es unmöglich, jede einzelne dieser ganz verschiedenen Gruppen zusammenzurufen.«
    Jetzt hatte Prue eine Idee. »Und die Räuber? Was ist mit den Räubern?«
    Sterling sah sie entsetzt an. »Diese blutrünstigen Rowdys? Machst du Witze? Niemand, der bei klarem Verstand ist, würde sich mit
diesen gesetzlosen Schurken zusammentun. Im Nu hätten sie uns allen die Kehlen aufgeschlitzt und die Geldbörsen gestohlen.«
    »Ich glaube nicht, dass das stimmt«, wandte Prue ein. »Ganz und gar nicht. Ich war doch dort – im Räuberlager.«
    »Du warst in ihrem Lager?«, fragte Iphigenia überrascht. »Wie um alles in der Welt hast du das geschafft?«
    Prue seufzte. »Das ist eine lange Geschichte. Ich flog auf dem Rücken eines Adlers, der von einem Kojoten abgeschossen wurde. Die Räuber haben mich gefunden und in ihr Versteck gebracht. Es liegt in einer Schlucht, die von außen nicht einsehbar ist. Allerdings war ich noch nicht lange dort, als ein paar Kojoten in der Nähe entdeckt wurden, die meinem Geruch gefolgt waren. Also hat ihr König – ich glaube, sie nannten ihn so – mich auf einem Pferd vom Lager fortgeschafft, um die Kojoten nicht genau zu seinen Leuten zu führen. Und dann wurden wir von der Gouverneurin gefangen genommen.«
    Dem Fuchs hatte es kurz die Sprache verschlagen. »Haben sie dich etwa nicht verprügelt?«, fragte er dann. »Ich meine, das machen sie doch normalerweise, oder?«
    »Nein, sie waren sehr höflich«, antwortete Prue.
    »Das habe ich schon immer vermutet«, sagte Iphigenia. »Dass die Räuber eine freundliche Bande sind, egal wie gesetzlos sie auch sein mögen. Eines ist gewiss: Sie wären unter den vielen Stämmen und Rudeln Wildwalds am stärksten

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