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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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Notizen gelegt hatte. Er rückte die Brille auf der Nase zurecht und studierte das Blatt Papier. »Prue McKeel, Menschenmädchen«, las er in einem monotonen Brummen laut vor. »Aus Port-Land, Außenwelt . Eltern unbekannt. Entdeckt von Postmeister in Wildwald, Gebiet 12A, Lange Straße. Eindeutige Notlage. Klagt über verlorenen Bruder Mac und entführten Freund Curtis Mehlberg. Mutmaßliche Täter: Krähen bwz. Kojoten. Bwz.?« Ratlos sah er Prue an.
    »Bzw., Herr Gouverneur, beziehungsweise «, korrigierte ein Gehilfe neben ihm, ein dünner Mann mit ordentlichem, kurz geschnittenem Bart und Kneifer. »Krähen im Fall des Bruders, Kojoten im Fall des Freundes.«

    »Aha.« Lars wandte sich wieder dem Papier zu. »Natürlich. Danke für die Erläuterung, Roger.«
    »Keine Ursache, Herr Gouverneur.« Roger lächelte.
    Lars fuhr mit dem Dossier des Attachés fort: »Mutmaßliche Täter: Krähen beziehungsweise Kojoten. Erbittet Hilfe der Regierung von Südwald, um oben genannte Entführte zu befreien. Erwähnte beiläufig die Gouverneurswitwe bei erster …« Plötzlich hielt Lars inne und starrte auf den Zettel. Er schob die Brille hoch und las den Satz noch einmal, wobei er die Worte lautlos mitsprach. Als er geendet hatte, starrte er Prue mit offenem Mund an.
    »Die Gouverneurswitwe?« , fragte er. »Sind Sie sicher, dass Sie das gehört haben?«
    Ehe Prue antworten konnte, schaltete sich Roger, der dünne Mann, ein. »Reines Hörensagen, Herr Gouverneur. Bevor Sie sich die Behauptungen eines Außenweltmädchens anhören, möchte ich Sie daran erinnern, dass es keinerlei stichhaltige Beweise dafür gibt, dass die Gouverneurin noch am Leben ist.«
    Prue funkelte den Mann wütend an. »Ich kann Ihnen nur das erzählen, was ich gehört habe«, sagte sie. »Und das haben die Kojoten ausdrücklich gesagt.«
    Herausfordernd fragte Roger: »Und was macht Sie so sicher, dass das Kojoten waren, Fräulein McKeel? Es hätten Hunde sein können, oder was auch immer! Im trüben Waldlicht könnte man einen liebenswürdigen Luchs mit einem …«

    »Es waren Kojoten, da bin ich ganz sicher. Und sie hatten Uniformen und Schwerter und Gewehre und so Sachen«, fauchte Prue.
    Roger musterte Prue. »Soweit mir berichtet wurde, hatten Sie einen etwas unerfreulichen Zwischenfall an der Grenze. Sie mussten eine kleine, wie soll ich sagen, Unterredung mit den Vogelgrenzposten über sich ergehen lassen.«
    Prue antwortete nicht sofort. Sie versuchte, die Absichten dieses Gehilfen einzuschätzen. »Ja«, sagte sie schließlich, »kann man so sagen.«
    »Worum ging es denn?«
    »Sie, äh, sie wollten wissen, was ich mache. Sie sagten, sie hielten Ausschau nach Kojoten.«
    Roger wandte sich an Lars. »Sehen Sie, Herr Gouverneur? Sie könnte genauso gut von den Vögeln angestiftet worden sein. Sie ist ein Faustpfand. Eine Komplizin.« Wieder sah er Prue an. »Und ganz schön schlau, das muss ich zugeben. Genau rechtzeitig vor der großen Ankunft der Vogel- Eminenz .«
    Prue war sprachlos. Der Gehilfe hatte die unglaubliche Fähigkeit, die Tatsachen völlig zu verdrehen. »Das stimmt nicht«, murmelte sie.
    »Meine Liebe«, beschwichtigte Roger mit eisigem Tonfall, »Sie müssen sehr aufgewühlt sein. Wahrscheinlich leiden Sie unter einer Art Kulturschock hier im Wald. Ich empfehle ein heißes Bad und einen warmen Umschlag für die Stirn. Unsere Welt ist völlig anders
als Ihre. Was mich zu dem Punkt führt«, – und an dieser Stelle wandte er sich an den Gouverneurregenten –, »dass so etwas noch nie vorgekommen ist. Unterabschnitt 132C des Außengrenzen-Gesetzbuchs legt eindeutig fest, dass Außenweltbewohnern eine Grenzüberquerung von der Außenwelt für den Fall, dass der Grenzzauber, die Peripheriefalle, in irgendeiner Weise beeinträchtigt ist, ohne korrekte Genehmigung gesetzlich verboten ist – wovon ich ausgehen …«
    Zornig unterbrach Prue ihn: »Ich weiß, dass ich nicht hier sein dürfte. Und ich würde liebend gerne einfach abhauen und Sie alle nie wieder belästigen, aber ohne meinen Bruder und meinen Freund Curtis geht das nicht.«
    Der Gouverneurregent schien immer noch völlig entgeistert. Auf seiner hohen Stirn hatten sich ein paar neue Schweißtröpfchen gesammelt und drohten nun herunterzukullern. Nervös knetete er seine karottenartigen Finger. »Sind Sie wirklich sicher, dass sie von der Gouverneurswitwe gesprochen haben? Mit genau dieser Bezeichnung?«
    »Ja. Absolut sicher.«
    Lars knirschte mit den Zähnen und

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