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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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tröstete er sie. »Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Ihren Bruder zu finden. Versprochen.«

    »Und Sie geben mir Bescheid, wenn Sie ihn haben?«, fragte Prue.
    »Auf jeden Fall. Sie erfahren es als Erste.«
    »Er hat einen braunen Cordstrampler an«, stammelte sie. »U-und er hat eigentlich noch keine richtigen Haare.«
    »Brauner Strampelanzug«, wiederholte Roger begütigend, »keine Haare. Alles klar.«
    Sie kamen auf der anderen Seite des Raumes an, und Roger nickte dem Attaché zu, der an der Tür gewartet hatte. Er öffnete sie.
    »Es wäre uns eine Ehre, Sie als Gast in der Villa aufnehmen zu dürfen«, sagte Roger, als sie im Türrahmen standen. »Im Nordturm finden Sie eine komfortable Unterkunft für sich vorbereitet. Warten Sie dort, und wir melden uns, sobald wir mehr über Ihren Bruder oder Ihren Freund Conrad in Erfahrung bringen.«
    »Curtis«, verbesserte Prue.
    »Curtis«, wiederholte Roger und fügte dann hinzu: »Bitte zögern Sie nicht, den Attaché wissen zu lassen, ob wir sonst noch irgendetwas tun können, um Ihren Aufenthalt hier in Südwald angenehmer zu gestalten.« Er schob sie in den Korridor hinaus, seine Hand auf ihrem Rücken. »Auf Wiedersehen, Fräulein McKeel. Es war eine Freude, Sie kennenzulernen.«
    Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
    Der Attaché lächelte sein gelbliches Lächeln und deutete den Flur hinunter.

    Die Hufe donnerten über den weichen Untergrund, als der Hengst über Gräben und Baumstämme setzte und Curtis die schlanke Taille der Gouverneurin fest umschlang. Sie schleuderte die Lederzügel auf dem breiten Hals des Tieres hin und her und lenkte es geschickt durch die wilde Vegetation des Waldes.
    »Festhalten!«, erinnerte Alexandra ihn gelegentlich, wenn sie über einen besonders dicken umgestürzten Baum sprangen oder eine steile Böschung hinabstürmten.
    »Wo reiten wir hin?«, brüllte Curtis und duckte sich unter den Ästen hindurch, die vor seinem Gesicht auftauchten.
    »An die Front!«, rief die Gouverneurin und trieb das Pferd noch weiter an. »Ich möchte, dass du einen Eindruck von unserem Kampf bekommst, unserem Kampf um Gerechtigkeit!« Der Wald sauste in rasendem Tempo an ihnen vorbei, während das leise Echo des Hufgetrappels durch die Bäume hallte. Curtis bestaunte die hohen Stämme, deren Wipfel in einen Dunstschleier gehüllt waren.
    »Okay!«, gab Curtis zurück. »Solange ich nicht kämpfen muss!«
    »Was?«, schrie Alexandra.
    Die kalte Luft, die gegen sein Gesicht peitschte, trieb Curtis Tränen in die Augen. »Ich sagte: SOLANGE ICH NICHT KÄMPFEN MUSS!«
    Nachdem sie einen Hügel erklommen hatten, zog die Gouverneurin an den Zügeln, und das Pferd bäumte sich auf. Vor ihnen dehnte sich ein tiefes, dicht mit Farnen bewachsenes Tal aus. Dampfwölkchenströmten aus den Nüstern des Tieres, und es wieherte, als die Gouverneurin es am Hals streichelte. »Braver Junge«, lobte Alexandra. Curtis betrachtete den dunkelgrünen Teppich, der den Talboden bedeckte – eine Schlucht aus Moos und Felsen, die zu beiden Seiten eines plätschernden Bachs anstieg. Kreuz und quer über der Schlucht lagen uralte Äste und Zweige, und endlose Reihen hoch aufragender Tannen und Zedern erhoben sich majestätisch auf dem gegenüberliegenden Hang.

    »Es ist wirklich wunderschön«, sagte Curtis.
    Alexandra lächelte ihn an. »Genau das dachte ich mir auch, als ich hier in Wildwald ankam. Ich wusste sofort, dass dies hier mein Zuhause war, dass ich in dieses wilde Land gehörte.«
    »Wie lange sind Sie schon hier?« Etwas beklommen rutschte Curtis auf dem Pferderücken herum. Das Tier vollführte eine Art Walzerschritt auf dem Waldboden. »Sind Sie von irgendwo anders hierhergezogen?«
    »Nun, sagen wir, lieber Curtis, dass ich nicht aus freien Stücken herkam«, gab die Gouverneurin zurück. »Und anfangs war ich sehr unglücklich – aber bald schon begriff ich, dass mein Exil hier in Wildwald vorherbestimmt, dass größere Kräfte am Werk waren. Ich begann, meine Verfolger als meine Befreier zu betrachten.«
    Irgendwo in der Ferne brach ein Ast herunter, und der Aufprall auf dem Boden hallte durch den Wald. Im Gebüsch trällerte ein Vogel aus voller Kehle.

    »In Wildwald, diesem gottverlassenen Land, sah ich die Chance für eine neue Welt. Eine Gelegenheit, um zu längst vergessenen Werten zurückzukehren, die tief in uns angelegt sind – die Faszination der Wildnis. Ich dachte mir, wenn ich in der Lage wäre, dieses mächtige Gesetz

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