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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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schlug mit der geballten Faust auf den Schreibtisch. »Ich wusste es!«, rief er. »Ich wusste, dass eine Verbannung zu milde war. Wir hätten das voraussehen müssen!«
    Leise und bestimmt sagte Roger: »Herr Gouverneur, das sind haltlose Gerüchte von einem verwirrten kleinen Mädchen.«

    Lars beachtete ihn nicht. »Und wenn ich mir vorstelle, dass sie es geschafft hat, die Kojoten auf ihre Seite zu ziehen. Nicht auszudenken!« Seine Augen weiteten sich. »Bedeutet das etwa, dass es stimmt, was die Vögel sagen? Könnte das wirklich möglich sein?« Seine Stimme erstarb. Gedankenverloren wanderte sein Blick ins Leere.
    Rogers Gesicht färbte sich hochrot. »M-mumpitz!«, entfuhr es ihm, dann riss er sich wieder zusammen. »Wenn Sie den Ausdruck entschuldigen.« Er strich sich mit den dünnen Fingern den Schurrbart glatt und legte dann seine Hand tröstend auf die Schulter des Gouverneurs. »Bitte, regen Sie sich nicht auf. Es besteht absolut kein Anlass zur Sorge. Wenn die Gouverneurin wirklich am Leben wäre, hätten wir schon längst davon erfahren. Es ist absolut ausgeschlossen, dass eine Frau wie sie so lange in der Wildnis überleben kann. Diese Kojotensoldaten , die das Mädchen gesehen hat, sind Erscheinungen, Wahnbilder – das Produkt eines traumatisierten Geistes.« Bevor Prue Einspruch erheben konnte, hielt er eine Hand hoch. »Aber «, fuhr er fort, »wenn es den Gouverneur beruhigen würde, schlage ich vor, einen kleinen Trupp, ein paar Dutzend Männer, nach Wildwald zu entsenden, um Erkundigungen bei den Einheimischen einzuholen. Es ist eine unkonventionelle Methode, und ich zögere, sie zu empfehlen, aber wenn es den Wunsch des Mädchens erfüllen und eventuelle Befürchtungen Ihrerseits, Herr Svik, zerstreuen würde, dann halte ich es für das beste Vorgehen. Denken Sie an Ihren Zustand .«

    Lars grunzte zustimmend und begann mit geschlossenen Augen ruhig und systematisch ein- und auszuatmen wie bei einer Meditation.
    »Und Curtis?«, fragte Prue. »Würden Sie auch nach Curtis suchen?«
    Roger lächelte. »Aber natürlich.«
    »Und was ist mit meinem Bruder? Meinem Bruder Mac?«
    »Richtig, der andere Außenweltbewohner, den Sie auf Ihren Abenteuern verloren haben«, entgegnete Roger. »Von Krähen entführt, sagen Sie?«
    »Genau. Aus einem Park in St. Johns. In Portland – der Außenwelt, muss ich wohl dazusagen.« Die rhythmische Atmung des Gouverneurregenten irritierte sie. Inzwischen hatte er sogar einen Finger auf sein Handgelenk gelegt, um seinen Puls zu überwachen.
    »Tja, das fällt möglicherweise nicht in unseren Zuständigkeitsbereich. Ein Fall für Ihre Freunde im Vogelfürstentum, möchte ich meinen. Obwohl es höchst verdächtig wäre, wenn ein geflügeltes Geschöpf an der Entführung eines Menschenkindes aus der Außenwelt beteiligt sein sollte. Höchst verdächtig.« Roger machte eine Pause und tippte sich nachdenklich mit dem Finger ans Kinn. »Das könnte eine sehr wertvolle Information sein, Fräulein McKeel.« Er beugte sich nach unten und flüsterte dem Gouverneur etwas ins Ohr, woraufhin Lars seine Atemübung kurz unterbrach. Als Roger geendet hatte, nickte der Gouverneur ernst und sah Prue an.

    »Falls es stimmt, was Sie sagen«, erklärte er, Rogers Hand immer noch auf seiner Schulter, »dann könnte das schwerwiegende Folgen für die Beziehungen zwischen Südwald und dem Vogelfürstentum haben.«
    »Was der Gouverneur damit sagen möchte, Fräulein McKeel«, ergänzte Roger, »ist, dass jeder Streifzug, den ein oder mehrere Vögel in die Außenwelt unternommen haben mögen – ganz zu schweigen von der Unterstellung, sie könnten bei ihrer Rückkehr jemanden im Schlepptau gehabt haben –, eindeutig eine ganze Reihe von Paragraphen der Peripheriegesetze verletzt. Und wir möchten Ihnen danken, dass Sie uns diesen Sachverhalt zur Kenntnis gebracht haben.«
    »Und mein Bruder?«, fragte Prue ungeduldig. Ihr Gehirn hatte die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit für politisches Gerede endgültig erreicht.
    »Es läge in Südwalds eigenem Interesse, Ihren Bruder zu finden, damit wir die Täter rasch zur Rechenschaft ziehen können«, antwortete Roger.
    Prue atmete erleichtert aus. »Danke!«, rief sie. »Vielen Dank. Ich weiß, dass er da draußen ist; ich weiß, dass er noch lebt.«
    Roger war um den Schreibtisch herumgelaufen, stellte sich nun neben Prue und legte ihr einen Arm um die Schulter. Sanft führte er sie zurück zur Tür. »Aber natürlich, natürlich«,

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