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Wilhelm II.

Wilhelm II.

Titel: Wilhelm II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Kriegsminister machte den Kaiser «darauf aufmerksam», wie er schrieb, «daß er die Angelegenheit nicht mehr in der Hand hat». Bald konstatierte Falkenhayn mit Genugtuung, Wilhelm sei wieder zu der Überzeugung gelangt, daß die «Kugel, die in’s Rollen gekommen, nicht mehr aufzuhalten ist».
    Warum? Was war vorgefallen, um den Kaiser wieder kriegerischzu stimmen? Am Vormittag des 29. Juli erhielt er einen Brief Prinz Heinrichs, der – wie im Dezember 1912 – nach London gereist war, um George V. über die britischen Intentionen zu sondieren. In einem äußerst knapp gehaltenen Treffen im Buckingham Palace am Sonntagmorgen, dem 26. Juli 1914 – der König eilte zum Gottesdienst –, glaubte Heinrich, von seinem Vetter eine Zusicherung der englischen Neutralität herausgehört zu haben. Seinem Bruder meldete er, «Georgie» habe versprochen: «Wir werden alles daran setzen herauszubleiben und neutral sein.» Plötzlich glaubte Wilhelm wieder an die Möglichkeit, Krieg gegen Rußland und Frankreich führen zu können, ohne die englische Teilnahme befürchten zu müssen. Zu Tirpitz sagte er: «Ich habe das Wort eines Königs, das genügt mir.»
    Der bekannte Depeschenwechsel zwischen dem Kaiser und Zar Nikolaus II. in den letzten Tagen der Julikrise war nichts als eine Scharade mit dem Ziel, wie Bethmann sagte, «die Schuld Rußlands in das hellste Licht [zu] setzen». Anders als die ihm vom Auswärtigen Amt zur Unterschrift vorgelegten Telegramme an den Zaren arbeitete Wilhelm persönlich an den Depeschen, die er und Heinrich an den englischen König richteten. Die Illusion der englischen Neutralität, die Heinrichs Begegnung im Buckingham Palace genährt hatte, wurde jedoch am 30. Juli abermals durch Telegramme aus London zerstört, wonach Grey erklärt habe, England könne in einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich nicht neutral bleiben, sondern werde sogleich mit seiner Flotte in Aktion treten. «Das war der härteste Schlag dieser Tage», schrieb Admiral von Müller; der Kaiser sei «tief betroffen». In einer Panik, die einen Nervenzusammenbruch anzukündigen schien, schlug Wilhelm wild um sich: Nicht er oder sein Bündnispartner Österreich, sondern die anderen seien an dem Desaster schuld.
    Dennoch unternahm Wilhelm einen letzten Versuch, die in Bewegung geratene Kriegsmaschinerie aufzuhalten. Kurz vor Mitternacht am 30. Juli traf im Neuen Palais ein Telegramm Georges V. an Heinrich ein, in dem der König den Halt-in-Belgrad-Vorschlag des Kaisers begrüßte und versprach, seinerseits das Möglichste zu tun, um eine Katastrophe abzuwenden. Wilhelmbat seinen Bruder, umgehend mit der Depesche zum Reichskanzler nach Berlin zu eilen, der das Telegramm nach Wien weiterleiten solle. Gleichzeitig solle der Kanzler London mitteilen, daß sich Österreich mit einem Faustpfand begnügen würde und bereit sei, auf jegliche territoriale Forderung an Serbien zu verzichten. Heinrich übergab Bethmann die Depesche des Königs um 1.15 Uhr und erreichte Potsdam wieder um halb drei frühmorgens. Beim Aufstehen wiederholte Wilhelm seinen Befehl an den Kanzler, ihm Entwürfe für seine Antworten an den König von England und den russischen Zaren «über Englische u. Wiener Vorschläge» vorzulegen, «die sich ja mit meinen fast ganz decken». Der nächtliche Ritt des Kaiserbruders zum Reichskanzlerpalais hätte möglicherweise den Ansatz zu Verhandlungen bieten können. Aber Bethmann Hollweg ignorierte die Befehle seines Souveräns. In Wahrheit waren weder die deutsche noch die österreichische Regierung bereit, die Friedensinitiative Kaiser Wilhelms anzunehmen.
    Durch den versöhnlichen Ton der Depesche seines englischen Vetters optimistisch gestimmt, zeigte sich der Kaiser in der letzten Phase der Julikrise wieder voller Kriegslust, überzeugt, daß der Sieg über Frankreich und Rußland zum Greifen nahe war. Der Kaiser stehe entschieden auf der Seite Moltkes und des Kriegsministers, berichtete der bayerische General von Wenninger am 30. Juli. Er sei «entschlossen, mit Frankreich abzurechnen», sagte Wilhelm dem österreichischen Botschafter. Sein Ziel sei, «den Balkan von Rußland auf ewig zu befreien!» In dieser Haltung wurde er von seinem Bruder und seinen sechs Söhnen bestärkt, die (wie Valentini bemerkte) «alle voll Kriegslust» seien. Auch die Kaiserin sorgte dafür, daß der Monarch standhaft blieb.
    Moltke und Falkenhayn drängten auf die Ausrufung des Zustandes der «drohenden Kriegsgefahr»

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