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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Wahl nur eine vortreffliche sein kann. Aber warum kann ich Dr. Roderich nicht heute schon meinen Besuch machen?
    – Es geht nicht!… Morgen!… Wir wußten nämlich nicht, daß das Schiff so frühzeitig ankommen würde und erwarteten Dich erst gegen Abend. Es ist nur unserer übergroßen Vorsicht zu danken, daß wir bei Deiner Ankunft am Kai waren. Haralan und ich – zu unserem Glück! Wenn das meine liebe Myra geahnt hätte!… Wie wird es ihr leid tun!… Aber jedenfalls wirst Du erst morgen erwartet. Frau Roderich und ihre Tochter haben über den heutigen Abend bereits verfügt und werden Dich morgen mit Entschuldigungen überschütten!
    – Gut, Markus, antwortete ich, und nachdem wir uns für einige Stunden allein angehören, nützen wir dieselben aus; wir haben uns genug zu erzählen, Vergangenes und Zukünftiges zu besprechen. Nach der Trennung eines ganzen Jahres haben sich zwei Bruder wohl so manches anzuvertrauen.«
    Und Markus berichtete seine Reiseerlebnisse von dem Augenblicke an, wo er Paris verlassen hatte; jede seiner Ruhestationen war durch glänzende Erfolge gekennzeichnet: er schilderte seinen Aufenthalt in Wien, in Preßburg, wo die Künstlerwelt ihn mit offenen Armen als einen der ihrigen aufgenommen. Eigentlich lehrte mich seine Erzählung nichts Neues! Ein Porträt, das mit dem Namen »Markus Vidal« gezeichnet war, konnte nichts anderes als ein sehr begehrtes Meisterwerk sein, das gleicherweise von reichen Österreichern und wohlhabenden Magyaren gesucht wurde.
    »Ich konnte den Anforderungen nicht mehr genügen, lieber Heinrich. Es regnete nur Anfragen, Bestellungen und selbst Preisüberbietungen. Was sagst Du dazu? Ein wackerer Preßburger Bürger hat sogar folgenden Ausspruch getan: ›Markus Vidal weiß die Ähnlichkeit besser zu treffen als die Natur!‹ – Und es ist gar nicht ausgeschlossen, fügte mein Bruder lachend hinzu, daß ich eines schönen Tages von hier entführt werde, damit ich den allerhöchsten Hof in Wien porträtiere!
    – Sei vorsichtig, Markus! Hüte Dich! Es wäre doch sehr peinlich für Dich, solltest Du jetzt Ragz verlassen müssen, um Dich an den Wiener Hof zu begeben.
    – Ich würde natürlich die Einladung ablehnen, mein Freund, selbstverständlich in der allerrespektvollsten Weise! Jetzt darf man mir überhaupt von keinem Porträt sprechen… ich habe soeben mein letztes beendet.
    – Das ihre, nicht wahr?
    – Ja, und es ist bei Gott nicht das schlechteste, das ich gemalt!
    – Wer weiß? widersprach ich; wenn der Maler mehr mit dem Modell beschäftigt ist als mit dem Porträt…
    – Nun, Du wirst ja sehen, Heinrich!… Ich versichere Dich: es ist ähnlicher als die Natur selbst!… Das scheint mein besonderes Talent zu sein…. Es ist ja wahr, während meine liebe Myra mir saß, konnte ich meine Blicke nicht von ihr wenden. Aber sie blieb sehr ernst; nicht dem Bräutigam, sondern dem Künstler sollten diese Stunden gewidmet sein…. Und mein Pinsel hastete über die Leinwand…. Mit welcher Begeisterung!… Manchmal wollte mir scheinen, als ob das Bild unter meinen Händen lebendig würde….
    – Ruhe, Pygmalion! Ruhe! Sage mir lieber, auf welche Weise Du mit der Familie Roderich bekannt geworden bist?
    – Es stand so im Buche des Schicksals geschrieben!
    – Daran zweifle ich nicht, aber wieso…
    – Mehrere Familien in Ragz hatten mir gleich nach meiner Ankunft hier die Ehre erwiesen, mich einzuladen. Nichts konnte mir angenehmer sein, denn die Abende in einer fremden Stadt scheinen immer endlos lang. Ich stürzte mich daher in das gesellschaftliche Leben, fand immer die liebenswürdigste Aufnahme und an einem solchen Abend hatte ich Gelegenheit, meine Bekanntschaft mit Hauptmann Haralan zu erneuern.
    – Zu erneuern?… fragte ich erstaunt.
    – Ja, Heinrich; ich hatte ihn schon in Budapest begegnet. Er ist ein ganz ausgezeichneter Offizier, zu den schönsten Zukunftshoffnungen berechtigt und dabei einer der liebenswürdigsten Menschen, welcher gewiß einen der vortrefflichsten Helden eines Matthias Corvinus abgegeben hätte, wenn…
    – Wenn er zu jener Zeit auf die Welt gekommen wäre, fiel ich ihm lachend in die Rede.
    – Du hast es erraten, gab er, ebenso gut gelaunt, zurück. Kurz und gut wir haben uns hier alle Tage gesehen und unsere anfänglich oberflächliche Bekanntschaft hat sich nach und nach in eine enge Freundschaft verwandelt. Er wollte mich in seine Familie einführen, was ich um so dankbarer annahm, als ich schon Myra bei

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