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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den die Taten eines Bösewichts wachgerufen, suchte Befriedigung.
    Außerdem ist zu bemerken, daß das Verbrechen in der Kirche begangen worden war, was das Entsetzen dieser gläubigen Stadt nur vergrößerte.
    Die furchtbare Aufregung wuchs stündlich. Sicher war, daß der größte Teil dieser Menschen niemals an eine natürliche Erklärung der unverständlichen Vorgänge glauben würde!
     

    Der Rachedurst suchte Befriedigung. (S. 155.)
     
    Der Gouverneur von Ragz mußte die Gesinnungen seiner Untergebenen in Rechnung ziehen und der Polizeichef hatte alle Maßregeln zu ergreifen, welche die schwierige Situation erforderte. Man mußte bereit sein, einer eventuellen Panik entgegentreten zu können, welche die ernstesten Folgen nach sich ziehen konnte. Außerdem mußte, sobald der Name Wilhelm Storitz genannt war, sein Haus am Tököly-Wall beschützt werden, vor welchem sich hunderte von Arbeitern und Bauern angesammelt hatten; es mußte vor Angriff und Plünderung bewahrt werden.
    Inzwischen arbeiteten meine Gedanken weiter und ich erwog allen Ernstes eine Hypothese, die ich anfangs zurückgestoßen hatte. Wenn diese Hypothese Begründung fand, wenn einem Menschen die Macht gegeben war, sich unsichtbar zu machen, was unglaublich klingen mochte, bei mir aber als unanfechtbar feststand, wenn die Fabel von Gyges’ Ring am Hofe des Königs Kandaules Wirklichkeit geworden, dann war die öffentliche Ruhe für immer untergraben. Dann gab es auch keine persönliche Sicherheit mehr.
    Nachdem Wilhelm Storitz nach Ragz zurückgekommen war, obwohl niemand ihn bemerkt hatte, stellte sich nichts der Annahme entgegen, daß er noch immer in Ragz weilte, ohne daß man sich seiner Person bemächtigen konnte. Ein anderer Grund zur Sorge war ferner: besaß er allein das Geheimnis, das ihm wahrscheinlich sein Vater hinterlassen hatte? Machte nicht auch sein Diener Hermann davon Gebrauch? Wer weiß, wer sich das Geheimnis nicht außerdem zunutze machte! Wer hinderte diejenigen dann, in fremde Häuser einzudringen, wann und wie es ihnen gefiel, sich in das Leben ihrer Bewohner zu mengen? Mußte nicht die Intimität der Familie dadurch untergraben werden? Und, war man in sein Zimmer eingeschlossen, konnte man auch versichert sein, allein zu sein, nicht gehört zu werden, nicht gesehen zu werden, ohne daß man sich in absolute Finsternis flüchtete? Und draußen, auf der Straße, die ewige Furcht, von einem Unsichtbaren gefolgt zu werden, der einen nicht aus den Augen verliert und in dessen Gewalt man gegeben ist!… Welche Möglichkeit gab es, sich einem Attentate zu entziehen? War damit nicht die Auflösung der gesellschaftlichen Bande gegeben?
    Jetzt erinnerte man sich auch des Vorfalles auf dem Platze des Koloman-Marktes, dessen Zeugen Hauptmann Haralan und ich gewesen waren. Ein Mann hatte behauptet, daß ihn ein unsichtbarer Angreifer niedergeworfen habe. Alles deutete darauf hin, daß dieser Mann die Wahrheit gesprochen hatte. Wahrscheinlich war er auf seinem Wege von Wilhelm Storitz, Hermann oder irgend einem anderen gestoßen worden. Jeder fürchtete, daß ihm ein Gleiches widerfahren könne. Bei jedem Schritte war man derartigen Überraschungen ausgesetzt!
    Und noch anderer Einzelheiten erinnerte man sich, der aus dem Rahmen gerissenen Heiratsverkündigung in der Kathedrale und, gelegentlich der Haussuchung, des Geräusches von Schritten in den Zimmern, der plötzlich zu Boden gefallenen, zerbrochenen Phiole.
    Natürlich war er da gewesen, er, und Hermann wahrscheinlich auch. Sie hatten nicht die Stadt unmittelbar nach dem Verlobungsfest verlassen, wie wir vermuteten, und nun erklärte sich leicht das Seifenwasser in der Waschschüssel und das Feuer im Küchenherd. Jawohl! Beide hatten der Durchsuchung des Gartens, Hofes und Hauses beigewohnt und bei ihrer Flacht hatten sie den Polizeimann, welcher am Fuße der Treppe Wache stand, umgeworfen. Daß wir den Brautkranz in der Aussichtswarte gefunden, war wohl nur dem Umstande zuzuschreiben, daß Wilhelm Storitz durch unsere Ankunft überrascht worden war und nicht mehr Zeit gefunden hatte, ihn zu verbergen.
    Was mich selbst anbelangte, so konnte ich mir jetzt die Zwischenfälle an Bord der »Dorothea« auf meiner Reise von Budapest nach Ragz sehr wohl erklären. Der Passagier, welcher meiner Meinung nach in Vukovár ausgestiegen war, war im Gegenteil am Schiffe geblieben, aber man vermochte ihn nicht zu sehen!…
    Folglich konnte er sich mit großer Schnelligkeit unsichtbar

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