Will Gallows – Jagd nach dem Schlangenbauchtroll: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
Kobold schleicht doch bestimmt immer noch da unten rum. Was, wenn er dich sieht? Beim nächsten Mal hast du vielleicht nicht mehr so viel Glück.«
»Ich habe keine große Wahl. Ich muss meine Sachen holen.«
»Ich will mich ja nicht einmischen, aber ich glaube, es wäre sicherer, wenn du durchs Fenster einsteigen würdest. Ich habe ein Seil dabei. Damit könntest du runterklettern und deine Sachen aufs Dach raufholen.«
Ich überlegte. Es war bestimmt klug, dem Kobold aus dem Weg zu gehen, obwohl … ob das, was Jez vorgeschlagen hatte, wirklich ungefährlicher war als ein Kampf mit dem Peitschenschwanz?
»Wie soll ich denn durch das Fenster kommen?«
»Du kannst es mit dem Fuß aufmachen und nach unten schieben.«
»Also gut«, sagte ich. »Wo ist denn das Seil?«
Jez knüpfte ein altes Tau vom Geländer los. »Das nehme ich, wenn ich mich mal festhalten muss. Hier oben kann es ziemlich stürmisch werden.« Sie blickte über den Dachrand nach unten und fügte hinzu: »Und wo wir schon davon sprechen: Du solltest dich lieber beeilen. Unten am Fuß des Felsens braut sich gerade ein Tornado zusammen. Dauert bestimmt nicht mehr lange, bis der hier oben ankommt.«
Ohne nachzudenken sprang ich rüber zum nächsten Waggon, band das Seil an der Stelle, wo ich mein altes Abteil vermutete, am Dachgeländer fest und zog kräftig daran, um zu testen, ob der Knoten auch hielt. Dann holte ich einmal tief Luft und ließ mich an der Seite des Waggons in die Tiefe sinken. Ein starker Ostwind packte mich, und ich schaukelte hin und her wie ein Gehenkter am Galgen. Nach einigen vergeblichen Versuchen schaffte ich es, den Fuß von oben auf das Fenster zu stellen und es nach unten zu drücken. Vorsichtig kletterte ich am Seil hinunter, bis ich mich durch das offene Fenster nach innen schwingen konnte. Mein Gepäck lag immer noch an Ort und Stelle. Ich stellte mich auf den Sitz und schlang mir die Tasche über die Schulter.
Gerade, als ich wieder zum Fenster hinausklettern wollte, prallte jemand gegen die Abteiltür. Ich wirbelte herum. Das Blut gefror mir in den Adern – es war der Peitschenschwanz! Er sah schwer betrunken aus. Er schwang eine Flasche Boggart’s Breath durch die Luft wie eine Trophäe und grölte ein raues Koboldlied. Jetzt warf er einen Blick in das Abteil und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, weil er kaum noch klar sehen konnte. Ich drehte mich schnell von ihm weg und starrte aus dem Fenster.
Doch schon Sekunden später riss der Kobold die Tür auf und stand schwankend da. »Wa…? Ich hab gedacht du wärs’ tot … aus’m Zug gefall’n … kleiner Schwindler«, sagte er mit schwerer Zunge.
Ich schob eine Hand in meine Tasche und nahm einen Giftpfeil. »Verschwinde, dann passiert dir nichts.«
Der Kobold brach in ohrenbetäubendes Gelächter aus. Sein Peitschenschwanz hüpfte auf und ab. »Du glaubsss alssso, dassu mir was tun kannsss, ja?«
Ich kramte in der Tasche herum, fand das kleine Giftglas, machte den Deckel auf und versuchte, die Spitze des Pfeils in die klebrige Flüssigkeit zu tauchen. Gerade, als ich den Deckel wieder zugeschraubt hatte, sprang der Kobold auf mich zu. »Du kommsss jetzzz mit.«
Er packte mich an den Haaren. Gleichzeitig stach ich ihm den Pfeil in den Unterarm. Der Kobold stieß einen schrillen Schrei aus und zuckte zurück. Er ließ die Flasche Boggart’s Breath fallen, und sie zerbrach. Sofort stank es im ganzen Abteil durchdringend nach Whiskey.
»Du kleiner, ekliger Wurm, dasss wirssu büßen. Mein schöner …« Seine Stimme wurde immer leiser, während das schnellste und stärkste Gift, das wir hier auf dem Großen Kaktusfelsen kennen, durch seine Adern schoss, sein Gehirn erreichte und es einfach ausknipste. Die Augen des Kobolds drehten sich nach oben, und er sank auf die Knie.
In diesem Augenblick kam Jez am Seil vor dem Fenster herabgeklettert und warf einen Blick in das Abteil. »Da kommen immer mehr Kobolde«, stieß sie atemlos hervor. »Die vermehren sich rasend. Alles in Ordnung?«
Ich trat beiseite, als der Kobold vollends zu Boden fiel. »Alles bestens. Ich glaube, er hat’s kapiert.«
»Ist das das Ekelpaket, das dich verfolgt hat?«
»Ja.«
»Steckst du irgendwie in Schwierigkeiten, Will?«
»Nein, der ist bloß sauer, weil ich dafür gesorgt habe, dass er noch ein bisschen länger hinter Gittern bleiben muss«, sagte ich.
»Tja, also, da soll mich doch …«, meinte Jez und ihre Augen blitzten. »Du bist ja ein richtiger
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