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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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gekümmert.«
    Der Junge starrte die Narbe noch einen Augenblick an, dann nickte er zustimmend. Auf der Straße galt eine Nahtoderfahrung als Auszeichnung, vor allem, wenn Gewalt die Ursache war.
    Will griff in seine Tasche und zog eine Visitenkarte heraus. »Das ist meine Handynummer, okay? Wenn dir irgendwas einfällt oder du einfach reden willst, ruf mich an. Okay? Es muss nicht mal wegen Aleesha sein.«
    Cedric betrachtete Wills Narbe noch einmal und steckte dann rasch die Karte ein, für den Fall, dass irgendjemand zusah. »Kann ich jetzt gehen?«
    »Ja«, antwortete Will. »Aber du rufst mich an, okay? Egal, ob bei Tag oder Nacht.«
    »Okay.« Er lief in Richtung Straße davon und fuhr dabei mit der Hand über die Briefkastenreihe.
    Will richtete sich auf, und als er sich umdrehte, sah er Michael wieder über den Parkplatz kommen, diesmal ohne Jasmine. Als er dann vor ihm stand, bemerkte Will einen Kratzer auf seiner Wange. Blut lief ihm in den Kragen.
    Will schaute noch einmal zum Gebäude hinüber und dann Michael ins Gesicht. »Alles okay?«
    »Sie hat mich geschlagen. Können Sie sich das vorstellen? Wie alt ist sie, zwölf?« Er schüttelte den Kopf, doch eher schockiert als wütend. »Ich ging hinter ihr die Treppe hinauf, und bevor ich reagieren konnte, rannte sie plötzlich los. Ich lief ihr nach und packte sie am Bein, und dieses kleine Miststück drehte sich um und schlug mir mit der Faust ins Gesicht.« Er holte zur Illustration selbst mit der Faust aus. »Nur gut, dass sie mich geschlagen hat wie ein Mädchen, was?« Will hatte diesen Satz nie so recht verstanden. Bis jetzt hatte ihn nur eine einzige Frau geschlagen, und Angie legte immer ziemlichen Nachdruck in ihre Schläge.
    Michael starrte an dem Gebäude hoch. Ein Vorhang bewegte sich, und er sagte: »Dort wohnt sie. Dritter Stock.« »Ist ihre Mutter zu Hause?«
    »Scheiße«, sagte er. Das klang, als wollte er Will fragen, ob er wirklich so dumm sei. Michael berührte den Kratzer auf seiner Wange und starrte auf das Blut an seinen Fingerspitzen. »Ich schätze, das war ihr Fingernagel oder sonst was. Sieht's schlimm aus?«
    »So schlimm auch wieder nicht«, log Will. Er zog sein Taschentuch heraus und bot es Michael an. »Wollen Sie sie verhaften?«
    »Was? Ihr Handschellen anlegen und dann in den Abendnachrichten der große Auftritt als Kindermisshandler? Nein danke. Außerdem würde sie auch nicht mit uns reden, wenn wir sie mit dem Arsch auf glühende Kohlen setzten.« Mit einem Ächzen hockte er sich auf den Bordstein. Will leistete ihm Gesellschaft.
    Michael lachte wieder. »Mann, die hat mich echt überrumpelt.« Er schaute auf die Blutflecken im Taschentuch. »Ich hätte sie Ihnen überlassen sollen. Vielleicht hätte sie auf die Softiemasche eher reagiert.« Dann wurde ihm bewusst, was er gesagt hatte. »He, war nicht bös gemeint.«
    »Schon okay.«
    »Trotzdem«, sagte Michael, faltete das Taschentuch zusammen und drückte es sich dann erneut an die Wange. »Wusste gar nicht, dass Leute so was noch haben.«
    »Alte Gewohnheit«, gestand Will ein. Ms. Flannery hatte alle Jungs im Kinderheim dazu angehalten, Taschentücher bei sich zu tragen. Will hatte das nie hinterfragt, sondern einfach angenommen, dass normale Jungs so was eben taten.
    Michael fragte: »Haben Sie aus ihrem Bruder was rausgekriegt?«
    »Cedric redet nicht.«
    »Glauben Sie, er weiß was?«
    Will glaubte es, aber aus irgendeinem Grund fand er es besser zu lügen. »Nein. Er weiß überhaupt nichts.« »Sind Sie sicher?«
    »Hundertprozentig«, antwortete Will. »Er hat eine große Klappe. Er hätte geredet.«
    »Seien Sie froh, dass er Sie nicht in die Eier getreten hat oder sonst was.« Michael faltete das Taschentuch noch einmal zusammen und wollte es schon Will zurückgeben. »Entschuldigung«, sagte er und zog die Hand zurück. »Ich lasse es erst von meiner Frau waschen.«
    »Ist schon okay.« Will nahm das Taschentuch. Der Gedanke, dass Michael Ormewoods Frau seine Wäsche machte, war ihm unangenehm.
    »Mann«, sagte Michael, legte die Ellbogen auf die Knie und senkte den Kopf. »Ich muss sagen, dieses Mädchen erinnert mich sehr an Cynthia. Hat das gleiche Feuer in den Augen, wissen Sie?«
    »Tatsächlich?«, sagte Will und dachte, dass Michael jetzt ein anderes Bild von seiner Nachbarin zeichnete als zuvor.
    »Cyn war ein braves Mädchen, dass Sie mich da nicht falsch verstehen. Aber sie hatte eben auch eine rebellische Ader. Sind Ihre Eltern

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