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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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genug. Dennoch musste er fragen: »Hat dieses Kreuz irgendeine Bedeutung?«
    »Tobias kaufte sie, als ich wieder nach Hause kam. Wir setzten uns alle an den Tisch, und er gab jedem von uns eins. Die Kreuze waren Symbole für unsere Einheit, für unseren Glauben, dass wir wieder eine Familie sein konnten.«
    Will legte ihr das Kreuz in die Hand und schloss ihre Finger darum. »Ich bin mir sicher, sie wollte, dass Sie das bekommen.«
    Dann ließ er sie in diesem Zimmer allein, ging durchs Foyer, vorbei an den Kunstwerken, an all den Dingen, die Miriam und Tobias Monroe im Lauf der Jahre gesammelt hatten, um aus ihrem Haus eine Zuhause zu machen. Neben der Tür stand ein Tisch, und Will legte eben seine Karte darauf, als er sie im Salon sprechen hörte. Ihre Stimme klang gedämpft, nicht nur wegen der Wand zwischen ihnen, sondern auch vor Kummer. Offensichtlich telefonierte sie.
    »Ich bin's, Mama«, sagte sie zu einem ihrer vielen Kinder. »Ich brauche dich.«

Kapitel 30
    21.16 Uhr
    Angie war todmüde, als ihre Schicht zu Ende ging. Dank ihrer harten Arbeit saßen zwei Vertreter für Propangas, ein Lastwagenfahrer und ein arbeitsloser Vater von zwei Kindern jetzt im Gefängnis und überlegten sich, wie sie ihren Frauen erklärten, dass sie eine Prostituierte angesprochen hatten. Wenn ihre Erklärungen auch nur annähernd so waren wie die, die sie Angie gegeben hatten - Meine Frau versteht mich nicht... Ich fühle mich einsam, wenn ich unterwegs bin... Meine Kinder hassen mich -, stand ihnen eine lange Nacht in einer kalten Zelle bevor.
    Im Großen und Ganzen jedoch war das, was Angie tagtäglich machte, in ihren Augen ein nutzloses Unterfangen. Die Stecher kamen weiterhin jeden Tag, die Mädchen stellten sich jeden Tag wieder auf die Straße. Kein Mensch hatte ein Interesse daran, das Übel an der Wurzel zu packen. Seit sechs Jahren versuchte Angie nun schon, diese Frauen zu verstehen. Sie alle erzählten aus ihrer Vergangenheit die gleichen Geschichten von sexuellem Missbrauch und Vernachlässigung; sie alle waren vor irgendetwas davongelaufen. Man brauchte kein Harvard-Ökonom zu sein, um sich auszurechnen, dass es viel billiger wäre, Geld zu investieren, damit Kinder in Sicherheit und Geborgenheit aufwuchsen, anstatt sie als Erwachsene ins Gefängnis zu stecken. Doch das war der American Way. Gib eine Million Dollar aus, um ein Kind zu retten, das in einen Brunnen gefallen ist, doch untersteh dich, hundert Dollar zu investieren, um den Brunnen abzudecken, damit das Kind gar nicht erst hineinfällt.
    257
    Jasmine Allison gehörte wahrscheinlich zu jenen verschwundenen Mädchen, die nie wieder auftauchten. Sie würden auf der Straße landen mit einem neuen Namen, einer neuen Lebenseinstellung und neuen Süchten, die ihr Zuhälter benutzen konnte, um sie zu kontrollieren. An der Art, wie Will über
    das Mädchen gesprochen hatte, erkannte sie, dass er sich Sorgen machte. Er hatte auch allen Grund dazu, wenn man bedachte, dass sie an dem Abend von Aleeshas Ermordung bezahlt worden war, um diesen Anruf zu tätigen. Angie wusste natürlich auch, dass es zahllose andere kleine Dinge sein konnten, die das Mädchen aus dem Haus getrieben hatten. Dennoch hatte sie einige Jungs in der Zentrale angerufen und sie gebeten, sich mit dem Fall eingehender zu beschäftigen.
    Angie schaute sich die Wegbeschreibung an, die sie auf eine aus dem Telefonbuch gerissene Seite gekritzelt hatte. Ken Wozniak lebte in einem Pflegeheim am Lawrence Highway. Die Stationsschwester, die Angie den Weg erklärte, hatte aufgeregt geklungen, als sie hörte, dass der Mann Besuch bekommen würde. Angie hatte Ken nur ein paarmal gesehen. Sie bezweifelte, dass er sich überhaupt an sie erinnerte.
    Die Besuchszeit ging bis zehn. Nach dem leeren Parkplatz zu urteilen, war Ken nicht der einzige Heimbewohner, der wenig Besuch bekam. Die Eingangshalle war karg, aber sauber, mit den üblichen weißen Fliesen und den Neonröhren an der Decke. Einige Kunstblumen standen auf einem Tisch in dem kleinen Wartebereich, und ein Wasserkühler rülpste, als sie zur Empfangstheke ging.
    Der Mann lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, und mit einem vielsagenden Lächeln musterte er Angie von Kopf bis Fuß. Er registrierte ihren Hurenaufzug mit einem höhnischen Feixen, das besagte, er wisse genau, was sie sei und was sie kosten dürfe. Er verschränkte die Finger hinter dem Kopf, so dass sein T-Shirt nach oben rutschte und sie seinen fetten, haarigen Bauch zu sehen

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