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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ein paar Stunden zum Fenster hinausgestarrt hatte, fand er die Lösung. 30032 war die Postleitzahl für die Avondale Estates. 1854 Piney Grove Circle stieß am Rand von Decatur an den Memorial Drive.
    »Hey, Baby!«
    Die Nutten standen vor dem Schnapsladen, darunter auch die ältere Frau, der John in der Waschanlage beigestanden hatte. Vermutlich sollte er sie nach ihrem Namen fragen, aber er wusste, wenn er das täte, würde es ihn nur traurig machen. Wenn sie für ihn einen Namen hatte, bedeutete das, dass sie auch eine Familie besaß. Sie war irgendwann einmal ein kleines Mädchen gewesen, zur Schule gegangen, hatte Träume und Hoffnungen gehabt. Und jetzt... nichts mehr.
    Eine der Frauen fragte: »Wülste mitkommen?«
    Er schüttelte den Kopf und blieb auf Distanz. »Ich suche Robin.«
    »Sie ist beim Kino«, sagte die Nutte und deutete mit dem Kinn die Straße entlang. »Star Wars läuft. Sie meint, das letzte Mal, dass einer von denen eine Möse gesehen hat, war damals, als er aus einer geboren wurde.«
    Die Mädchen lachten gutmütig über den Witz.
    »Danke«, sagte John und winkte ihnen, bevor sie ihm noch mehr auf die Pelle rücken konnten.
    Das Kino war eine ziemliche Strecke vom Schnapsladen entfernt, aber John hatte Zeit. Er konzentrierte sich darauf, die Luft einzuamten, sogar die Auspuffgase. Im Gefängnis konnte man das nicht. Dort musste man eine andere Möglichkeit finden, um Lungenkrebs zu bekommen.
    Seine Waden schmerzten, als er das Kino erreichte. Star Wars. Er hatte den Film als Junge gesehen, wahrscheinlich sechs- oder siebenmal. Jedes Wochenende hatte seine Mutter ihn und seine Freunde zum Kino gebracht und sie ein paar Stunden später wieder abgeholt. Das war vor den Drogen, bevor John cool wurde. Er hatte diesen Film geliebt und die Flucht aus der Wirklichkeit sehr genossen.
    Im Gefängnis war Ben verantwortlich gewesen für alles, was sie taten, und auch als John älter wurde, behielt er das bei, weil es weniger Mühe machte. Der Nachteil bestand darin, dass Johns gesamtes kulturelles Wissen von einem Mann stammte, der mehr als dreißig Jahre älter war als er. Von den Filmen oder Fernsehserien der letzten zwanzig Jahre kannte er so gut wie nichts. Keiner aus seinem Trakt ließ sich am Kinoabend im Gemeinschaftssaal blicken, weil sie nicht so blöd waren, das Risiko des Zusammentreffens mit den normalen Gefangenen einzugehen. Doris Day, Frank Sinatra, Dean Martin - das waren die Sänger, die immer in dem kleinen Transistorradio liefen, das Emily John zu seinem ersten Weihnachten im Gefängnis geschenkt hatte. Vor dem Knast war Musik für ihn sehr wichtig gewesen, die Tonspur seines freudlosen Lebens. Jetzt hätte er keinen aktuellen Popsong nennen können, auch wenn ihm jemand eine Knarre an den Kopf gehalten hätte.
    John hatte sich innerlich schon abgefunden, dass Robin nicht vor dem Kino sein würde, und so war er mehr als überrascht, als er um die Ecke bog und beinahe mit ihr zusammenstieß.
    »Was tust du denn hier?«, fragte sie und wirkte, wie er meinte, sowohl erfreut als auch nervös.
    »Die Mädchen haben mir gesagt, dass du hier bist«, erklärte er. Er sah, dass eine lange Schlange junger Männer vor der Kasse anstand. »Läuft's gut?«
    »Nee.« Sie machte eine verächtliche Handbewegung. »Die blöden Wichser wollen alle zuerst den Film sehen. Schätze, ich komme später noch mal her.«
    »Wie lange dauert der Film?«
    »Mann, das weiß ich doch nicht.« Sie machte sich auf den Rückweg zum Schnapsladen, und er folgte ihr. Sie drehte sich um und fragte: »Was soll denn das?«
    »Ich dachte, ich bringe dich zurück.«
    »Hör mal«, sagte sie, »wir sind hier nicht in Pretty Woman.« Und fügte dann hinzu: »Und Richard Gere bist du schon zweimal nicht.«
    John hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Der einzige Film mit Richard Gere, den er im Knast gesehen hatte, war Sommersby, und den auch nur, weil ein Junge mitspielte.
    Sie erklärte es ihm: »Wir werden uns nicht ineinander verlieben und heiraten und Kinder kriegen, okay?«
    Daran hatte John zwar nicht gedacht, aber vielleicht war das insgeheim sein Wunsch gewesen.
    Er sagte: »Ich wollte dir nur sagen, dass wir uns nicht mehr sehen werden.«
    »Du hast mich doch erst einmal gesehen, du Arschloch.«
    »Ich weiß«, sagte er. Als sie sich wieder in Bewegung setzte, folgte er ihr. »Bitte bleib stehen«, sagte er. »Hör mir zu.«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Okay. Schieß los.«
    »Ich habe einfach...« O

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