Will Trent 02 - Entsetzen
Bildschirm veränderte sich nicht, aber die Klimaanlage surrte stärker. Will kicherte, doch sie brachte ihn mit einem bösen Blick zum Verstummen und fragte: »Vielleicht könnten Sie, während wir darauf warten, dass Caroline eine Straßenkarte findet, die Betriebsanleitung aus dem Armaturenbrett fischen und mir die Anweisungen vorlesen.«
Will zog an dem Hebel, aber das Fach war verschlossen. Er dachte, dass das eine gute Charakterisierung seines Verhältnisses zu Amanda Wagner war. Sie schickte ihn oft vor verschlossene Türen und erwartete, dass er dennoch einen Weg hineinfand. Will mochte ein gutes Rätsel so gern wie jeder andere, aber nur dieses eine Mal wäre es nett gewesen, wenn Amanda ihm den Schlüssel gegeben hätte.
Vielleicht aber auch nicht. Jemanden um Hilfe zu fragen, war noch nie Wills Stärke gewesen - vor allem nicht jemanden wie Amanda, die beständig eine Liste mit Leuten im Kopf zu haben schien, die ihr noch einen Gefallen schuldeten.
Er schaute zum Fenster hinaus, während sie mit ihrer Sekretärin schimpfte, weil sie nicht ständig eine Straßenkarte bei der Hand hatte. Will war in Atlanta geboren und aufgewachsen, aber in Ansley Park hielt er sich selten auf. Er wusste, dass es eines der ältesten und wohlhabendsten Viertel der Stadt war, wo vor über einem Jahrhundert Anwälte, Ärzte und Bankiers ihre beneidenswerten Anwesen erbaut hatten, damit zukünftige Anwälte, Ärzte und Banker so leben konnten, wie sie es getan hatten - in klösterlicher Sicherheit inmitten einer der gewalttätigsten Großstädte auf dieser Seite der Mason-Dixon-Linie. Das Einzige, was sich im Lauf der Jahre verändert hatte, war die Tatsache, dass die schwarzen Frauen, die weiße Babys in Kinderwagen über die Bürgersteige schoben, besser bezahlt wurden.
Mit seinen gewundenen Straßen und den Kreisverkehren schien Ansley Park extra angelegt zu sein, um Besucher zu verwirren, wenn nicht abzuschrecken. Die meisten Straßen waren von Bäumen gesäumt, breite Avenuen mit den Häusern hoch oben auf Hügeln, damit man einen besseren Blick auf die Welt hatte. Überall gab es dicht bewaldete Parks mit Fußwegen und Spielplätzen. Einige Bürgersteige bestanden noch immer aus den originalen Pflastersteinen. Obwohl alle Häuser architektonisch verschieden waren, zeigten sie doch eine gewisse Uniformität in ihren immer frisch gestrichenen Fassaden und den professionell gepflegten Rasenflächen. Will nahm an, dass das so war, weil sogar ein Karriereeinsteiger in diesen Kreisen nicht unter einer Million pro Jahr anfing. Im Gegensatz zu seinem Viertel Poncey-Highland, das weniger als sechs Meilen entfernt war, gab es in Ansley keine regenbogenfarbenen Häuser und keine Drogenkliniken.
Auf der Straße sah Will eine Joggerin, die stehen geblieben war, um sich zu strecken und Amandas Lexus immer wieder einen prüfenden Blick zuzuwerfen. Aus den Morgennachrichten wusste er, dass eine Smogwarnung der höchsten Stufe ausgerufen worden war und den Leuten geraten wurde, im Freien nicht übermäßig zu atmen, außer es war unbedingt notwendig. Keiner schien sich das zu Herzen zu nehmen, auch jetzt nicht, da sich die Temperatur der 40-Grad-Marke näherte. Seit ihrem Eintreffen in Ansley Park hatte Will mindestens fünf Joggerinnen gesehen. Bis jetzt passten alle perfekt in das Klischee der selbstbewussten, unbeschäftigten Ehefrauen mit Pilates-gestärkten Körpern und wippenden Pferdeschwänzen.
Der Lexus stand am Fuß eines anscheinend sehr beliebten Hügels, die Straße hinter ihnen war von hohen Eichen gesäumt, die Schatten auf den Asphalt warfen. Alle Läuferinnen waren langsamer geworden, um das Auto anzuschauen.
Das war kein Viertel, in dem eine Frau und ein Mann lange in einem geparkten Auto sitzen konnten, ohne dass jemand die Polizei rief. Natürlich war das auch kein Viertel, in dem junge Mädchen in ihrem eigenen Heim brutal vergewaltigt und ermordet wurden.
Er schaute zu Amanda hinüber, die sich ihr Handy so krampfhaft ans Ohr drückte, dass es aussah, als würde das Plastikgehäuse gleich zerbrechen. Sie war eine attraktive Frau, wenn man sie nicht reden hörte oder mit ihr arbeiten oder eine gewisse Zeit in einem Auto sitzen musste. Sie war Anfang sechzig. Als Will vor über zehn Jahren beim GBI angefangen hatte, waren Amandas Haare noch grau gesprenkelt gewesen, aber das hatte sich in den letzten Monaten drastisch verändert. Er wusste nicht, ob etwas in ihrem Privatleben der Grund dafür war oder ob sie
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