Will Trent 02 - Entsetzen
antwortete. Angies Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. »Darum geht's übrigens in dem Film, der nach dem kommt.«
»Echt?«
»Meryl Streep spielt die Mutter.«
»Einige ihrer besten Sachen waren mit Syphilis.« Er spürte, dass Angie ihn anstarrte, aber er konzentrierte sich weiter auf Betty, kratzte ihr den Kopf, bis sie anfing, mit dem Hinterlauf zu scharren.
Angie brachte das Gespräch geschickt auf etwas Unverfänglicheres. »Wie sieht Pauls Frau aus?«
»Hübsch«, sagte er und zog die Hand zurück, als Betty ihn zwickte. »Sogar sehr schön, um genau zu sein.«
»Ich wette, er betrügt sie.«
Will schüttelte den Kopf. »Sie ist alles, was man sich nur wünschen kann. Groß, blond, intelligent, mit Klasse.«
Sie hob die Augenbrauen, aber sie beide wussten, Will stand eher auf vulgäre Brünette mit der selbstzerstörerischen Angewohnheit, immer genau das zu sagen, was ihnen in den Sinn kam. Natalie Maines mit Perücke wäre ein großer Grund zur Sorge. Abigail Campano war nur eine Kuriosität.
»Wie auch immer«, sagte Angie, »Männer betrügen ihre Frauen nicht, weil sie nicht hübsch oder schlau oder sexy genug sind. Sie betrügen, weil sie einen unkomplizierten Fick wollen oder weil sie sich langweilen oder weil ihre Frauen sich ihren Blödsinn einfach nicht mehr gefallen lassen wollen.«
Betty sprang auf den Boden und schüttelte sich. »Ich werd's mir merken.«
»Merk's dir.« Angie schubste Betty mit dem Fuß weg, damit sie nicht auf die Couch sprang. Er konnte sich gut vorstellen, dass sie dasselbe auch mit einem Kleinkind machte. Will starrte Angies Zehennägel an, die leuchtend rot lackiert waren. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie mit einem kleinen Mädchen herumsaß, während sie sich pediküren ließ. Aber natürlich hatte er sich vor drei Monaten noch nicht vorstellen können, dass Angie je zur Ruhe kommen könnte.
Als sie ihn angerufen hatte, um ihm zu sagen, dass sie ins Krankenhaus müsse, um sich testen zu lassen, war er so wütend geworden, dass er das Telefon durchs Fenster geworfen hatte. Danach hatte es heftige Streitereien gegeben - etwas, das Will hasste und Angie brauchte wie die Luft zum Atmen. Fast dreißig Jahre lang waren sie diesem Muster gefolgt. Angie betrog ihn, und er schickte sie weg, nach einigen Wochen oder Monaten kam sie dann wieder zurück, und alles fing von vorn an.
Will hatte genug von dieser Tretmühle. Er wollte zur Ruhe kommen und ein Leben führen, das wenigstens einen Anschein von Normalität hatte. Doch es gab kaum eine lange Schlange von Frauen, die für diesen Job anstanden. Will hatte so viel Gepäck, dass er einen Abholschein brauchte, sooft er das Haus verließ.
Angie wusste Bescheid über sein Leben. Sie wusste Bescheid über die Narbe auf seinem Hinterkopf, wo man ihn mit einer Schaufel geschlagen hatte. Sie wusste, wie sein Gesicht verunstaltet worden war und warum er nervös wurde, sobald er die Glut einer Zigarette sah. Er liebte sie - das stand außer Frage. Vielleicht liebte er sie nicht mit Leidenschaft, vielleicht war er nicht wirklich verliebt in sie, aber Will fühlte sich sicher bei ihr, und manchmal war das das Einzige, was wirklich zählte.
Völlig unvermittelt sagte sie: »Faith Mitchell ist eine gute Polizistin.«
»Dein Anruf heute war ja wirklich sehr informativ«, bemerkte Will und fragte sich, wer im Adanta Police Department so geschwätzig gewesen war. »Ich habe gegen ihre Mutter ermittelt.«
»Sie war es nicht«, sagte Angie, aber Will wusste, das war die Standardverteidigung, die Polizisten automatisch benutzen, so wie man Gesundheit sagt, wenn jemand niest.
»Sie hat einen achtzehnjährigen Sohn.«
»Mir steht es wohl kaum zu, ein notgeiles Teenagermädchen zu kritisieren.« Dann fügte Angie hinzu: »Sei vorsichtig mit Faith. Sie hat dich in knapp zehn Sekunden durchschaut.«
Will seufzte schwer. Er blickte zum Küchendurchgang. Das Licht brannte. Das Brot lag auf der Anrichte, daneben stand ein offenes Glas Duke's. Er hatte diese Mayonnaise eben erst gekauft. War sie wirklich so verschwenderisch, oder wollte sie ihm damit etwas sagen?
Ein Schatten huschte über ihn, und als er den Kopf hob, stand Angie vor ihm. Sie stieg auf den Sessel, setzte sich rittlings auf ihn, legte ihm die Arme um die Schultern. Will strich ihr mit den Händen die Beine entlang, aber sie stoppte ihn. Von Angie bekam man nie etwas umsonst, und das bewies sie jetzt, indem sie fragte: »Warum hast du das mit den Kindern
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