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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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erzählen. Außerdem wollte sie noch über Kayla Alexander sprechen. Das Bild, das sie allmählich von dem Mädchen bekam, war nicht angenehm.
    Wills Apparat klingelte mehrmals, dann wurde sie an die Voice Mail weitergeleitet.
    »Hi, Will ...« Ein hereinkommender Anruf piepste, sie schaute auf das Display und las »Cohen, G.« Da sie den Namen nicht kannte, hielt sie sich das Handy wieder ans Ohr. »Ich verlasse eben die Leichenhalle und ...« Ihr Handy piepste noch einmal, und nun wurde Faith bewusst, wer da anrief. »Rufen Sie mich an«, sagte sie zu Wills Maschine und schaltete dann um. »Hallo?«
    »Gabe hier.« Seine Stimme klang weit weg, obwohl sie annahm, dass er noch immer am Georgia Tech war. »Was kann ich für dich tun?«
    Er schwieg, und sie wartete. Schließlich sagte er: »Ich habe Sie angelogen.«
    Faith blieb stehen. »Weswegen?«
    Seine Stimme war so leise, dass sie sich anstrengen musste, um ihn zu verstehen. »Ich dachte, sie ist jünger.«
    »Wer?«
    »Ich habe ...« Er zögerte. »Ich muss Ihnen etwas zeigen, das Adam hatte. Ich hätte es Ihnen gleich zeigen sollen, aber ich ...«
    Sie setzte sich wieder in Bewegung, rannte jetzt auf den Mini zu. »Was hast du von Adam?«
    »Ich muss es Ihnen zeigen. Am Telefon kann ich es Ihnen nicht sagen.«
    Faith wusste, dass das Blödsinn war, aber sie wusste auch, dass Gabe jetzt bereit war zu reden. Sie würde tanzen wie ein Affe, wenn sie dadurch die Wahrheit aus ihm herausbrachte. »Wo bist du?«
    »Im Wohnheim.«
    »Ich kann in fünfzehn Minuten dort sein«, sagte sie und sperrte die Tür auf.
    »Sie kommen vorbei?« Er klang überrascht.
    »Ja«, sagte sie und drückte sich das Handy ans andere Ohr, während sie den Schlüssel ins Zündschloss steckte. »Sollen wir weiter telefonieren, während ich zu dir fahre?«
    »Ich bin okay«, sagte er. »Es ist nur ... Das muss ich Ihnen zeigen.«
    Sie schaute über die Schulter zurück und fuhr dann so scharf aus der Parkbucht, dass der Mini auf zwei Rädern quietschte. »Ich bin gleich da, okay? Bleib einfach, wo du bist.«
    Noch nie in ihrem Leben war Faith so schnell gefahren.
    Ein Teil von ihr fragte sich, ob Gabe sie nur vorführen wollte, aber es bestand ja auch die geringe Chance, dass er ihr wirklich etwas Wichtiges zu sagen hatte. Sie rief noch einmal Will Trents Handy an und sagte seiner Voice Mail, dass er sie im Wohnheim treffen solle. Mit hämmerndem Herzen überfuhr sie rote Ampeln, zwang fast einen Bus zu einer Karambolage mit einem PKW, scherte in den Gegenverkehr aus, um Baustellen auszuweichen. Auf dem Campus machte sie sich nicht erst die Mühe, nach einem legalen Parkplatz zu suchen, sondern stellte den Mini wieder in die Behindertenbucht. Sie klappte die Sonnenblende herunter und sprang aus dem Auto. Als sie die Towers Hall erreichte, keuchte sie vor Anstrengung.
    Faith beugte sich vor, um wieder zu Atem zu kommen. Sie öffnete den Mund, zog tief die Luft ein und verfluchte sich selbst, weil sie so schlecht in Form war. So verging eine Minute, dann drückte sie auf die Behindertentaste und lief, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch. Ein entferntes Hämmern von Musik war zu hören, aber insgesamt wirkte das Gebäude leer. Es war mitten am Tag; die meisten Studenten waren im Unterricht. Weil sie vermutete, dass Gabe in seinem eigenen Zimmer wartete, ging sie fast an Adams Zimmer vorbei, bemerkte aber dann, dass die Tür zu 310 einen Spalt offen stand.
    Faith sah, dass das polizeiliche Siegel durchtrennt war, und schob die Tür auf. Adams Sachen waren in Kartons verpackt. Die Matratze war nackt, der Fernseher und die Spielkonsole waren verschwunden. Überall im Zimmer war schwarzes Fingerabdruckpulver verschmiert.
    Gabe saß auf dem Boden, an eines der Betten gelehnt, seine Büchertasche neben sich. Die Ellbogen lagen auf den Knien, sein Kopf ruhte auf dem Gips an seinem Arm. Seine Schultern bebten. Dennoch konnte Faith den wütenden jungen Mann nicht vergessen, der gestern gedroht hatte, ihr den Sicherheitsdienst auf den Hals zu hetzen. War das der wirkliche Gabriel Cohen gewesen, oder entsprach dieses weinende Kind eher seinem wahren Ich? So oder so, er hatte ihr etwas zu sagen. Falls Faith sein Spielchen mitspielen musste, um an Informationen zu kommen, dann würde sie es eben tun.
    Sie klopfte leicht mit den Knöcheln an die offene Tür. »Gabe?«
    Mit roten, geschwollenen Augen schaute er zu ihr hoch. Tränen liefen ihm die Wangen hinab. »Adam hat mir gesagt, sie ist jung«,

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