Wille zur Macht
er für unwahrscheinlich. Aus dem verbrannten Fleisch unter einem der Füße des Opfers hatten Behrmanns Leute ein angeschmortes Stück schwarzen Leders sichern können. Ein Hinweis darauf, dass der Täter Handschuhe getragen hatte. Ein noch kleineres Stückchen fanden sie am Kinn des Toten. Daraus schloss Behrmann, dass es eher keine Arbeitsteilung, wie er das nannte, bei der Folter gab; also mit großer Wahrscheinlichkeit nur ein Täter am Tatort war. Zumindest aktiv. Auszuschließen war natürlich nicht, dass noch jemand als Zuschauer anwesend gewesen war.
„Wir konnten natürlich auf die Schnelle nicht alles auswerten. Wir haben diverse genetische Spuren, insbesondere viele verschiedene Haare gefunden. Und aus der Toilette stammen unterschiedlich alte Urinanhaftungen. Das wird natürlich noch dauern.“
Noch beim Schreiben fragte Mechthild: „Was ist mit dem PC des Opfers? Und haben wir schon Listen über geführte Telephonate?“
„Den PC haben wir mitgenommen. Allerdings fehlt die Festplatte. Dafür haben wir in einer alten Zigarrenkiste unter den darin befindlichen Büroklammern mehrere USB-Speichersticks gefunden. Ausgewertet haben wir sie aber noch nicht. Sie sind passwortgeschützt. Aber da kommen wir schon durch. Am Telephon war nichts. Der Speicher wurde gelöscht.“
„Da bin ich schon dran!“ rief Heiner Heller dazwischen. „Ich habe dem Oberstaatsanwalt schon eine Mail geschickt und um einen Beschluss gebeten. Und ihn gleich über alles informiert.“
Mechthild war überrascht. „Hatte ich nicht angewiesen, dass Kontakte mit der Staatsanwaltschaft nur über mich zu laufen haben?“
Heller wollte sich gerade verteidigen, aber seine Chefin hob beschwichtigend die Hand. „Nicht aufregen, Herr Heller. Danke, dass Sie das in die Hand genommen haben. Seit wir hier mit einer unbesetzten Stelle kämpfen müssen, muss jeder mehr Eigeninitiative zeigen und Verantwortung übernehmen. Sie haben das richtig gemacht. Schicken Sie mir bitte nur ihre Mail in Kopie zu, damit ich informiert bin.“
„Schon längst geschehen“, antwortete Heller und strahlte. Seine Chefin mochte ihn eben doch.
Mechthild fuhr fort: „Die Wohnung machte auf mich einen unordentlichen Eindruck. Nicht nur im Wohnzimmer, sondern auch im Schlafzimmer lagen viel Papierkram und Bücher herum. Ist sie durchsucht worden oder nicht?“ Die Frage richtete sich noch einmal an Fritz Behrmann.
„Das kann ich noch nicht abschließend beantworten. Überall in der Wohnung lagen Schriften und Bücher herum. Aber sie könnten auch von dem Opfer selbst dorthin gelegt worden sein. Im Moment würde ich sagen, die Wohnung ist, abgesehen vom Schlafzimmer, höchstens sehr oberflächlich durchsucht worden. Oder ganz gezielt an bestimmten Stellen. Da der Täter wahrscheinlich keine Fingerabdrücke hinterlassen hat, wissen wir nicht, wo er überall dran war.“
„Wenn er überhaupt etwas gesucht hat, könnte er ein mögliches Versteck auch aus dem Opfer herausgepresst haben“, warf Ayse Günher ein. „Immerhin wurde Christian Dunker schwer misshandelt.“
„Also bitte, Ayse. Wir wollen aus diesem Fall nicht gleich einen Mafiafilm machen“, bremste Mechthild ihre Freundin. „Dafür, dass der Täter etwas gesucht haben muss, spricht bis jetzt nur der Diebstahl der Festplatte. Sie könnte aber auch vorher schon gefehlt haben. Also wollen wir uns besser nicht zu früh festlegen. Außerdem kann das auch ein Ablenkungsmanöver gewesen sein. – Ich möchte so schnell wie möglich Informationen über den Umgang des Opfers haben. Das, Herr Heller, nehmen Sie in die Hand. Sichten Sie die Zettelwirtschaft nach Namen, Adressen und Telephonnummern. Ayse, du machst mir eine Aufstellung über die Organisationen, in denen Dunker tätig war oder zu denen er Kontakte unterhielt. Bitte mit jeweiligen Ansprechpartnern. Heller arbeitet dir zu. Und Fritz und ich gehen gleich noch mal die bisherigen Erkenntnisse durch.“
Nach diesen Worten zog in Fritz Behrmanns Bauch wieder dieses aufgeregte Gefühl ein. Endlich allein mit Mechthild sein zu können, das war es, was er wollte. Sein Herz schlug wieder schneller.
Heller bekam noch mehr zu tun. Er sollte die Angehörigen des Toten ausfindig machen und ihre Benachrichtigung veranlassen. Er hoffte inständig, dass Dunkers Verwandte nicht in Bremen wohnen würden. Er wollte nicht derjenige sein, der ihnen die Todesnachricht überbringen und die Umstände der Ermordung näherbringen musste.
„Dann gibt es nur
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