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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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Besinnung. „Christian Dunker ist seit etwa zwei Tagen tot. Sein Martyrium begann ein bis zwei Tage vorher. Todesursache ist ein Genickbruch, der durch gewaltsames Verdrehen des Kopfes herbeigeführt wurde. Die Schnittwunden in seinem Rücken stellen einen fünfzackigen Stern dar. Die Schnitte waren so tief, dass sie durch Haut und Fettgewebe bis ins Muskelfleisch gingen. Sie wurden dem Opfer allerdings erst kurz nach seinem Versterben beigebracht. Als Tatwaffe kommt am wahrscheinlichsten eine Art Jagdmesser in Betracht. Von Sülzen sucht heute Nacht aber noch nach Metallspuren. Wie Sie gesehen hatten, war das Opfer auf einen liegenden Stuhl, dessen Sitzpolster entfernt worden war, gefesselt. Er diente zur Fixierung des Opfers und war im Ergebnis so etwas wie eine Foltereinrichtung. Die Unterhose, mit der das Opfer noch bekleidet war, war gefüllt mit Exkrementen aus einer Darm- und Blasenentleerung, die zu seinen Lebzeiten passierte. Er muss große Angst und viel Stress gehabt haben. Und die Gründe dafür stehen ebenfalls fest. An seinen Ellenbogen und auf den Handflächen sind zahlreiche Spuren von Verbrennungen zu erkennen. Verursacht durch eine offene Flamme. Am schlimmsten malträtiert worden ist das Opfer aber an den Fußsohlen. Hier sind Haut- und Bindegewebe völlig verbrannt worden, zum Teil so stark, dass man die Knochen sehen kann. Im Verlauf dieser Folter wurden auch einige seiner Fingerknochen gebrochen. Er hat Schreckliches durchgemacht, bis er endlich sterben konnte.“
    Ayse Günher war die Erste, die sich wieder gefasst hatte. „Er muss doch unglaublich geschrien haben. Das hätte doch einer im Haus hören müssen!“
    „Ach ja, das hatte ich vergessen: Der Tote hatte einen Knebel im Mund. Zwei in ein Geschirrtuch eingewickelte Golfbälle verhinderten sein Schreien.“
    „So eine Sauerei“, entfuhr es Heiner Heller. „Das ist doch total krank!“
    „Ja, mit normalen Menschen haben solche Täter nichts zu tun“, ergriff Mechthild Kayser die Initiative. „Nicht nur wegen ihrer Tathandlungen, sondern auch wegen der Umstände, die eine solche Disposition überhaupt erst zulassen. Menschliches Leben nicht zu respektieren hat immer eine Grundlage in einer misslungenen oder traumatisierten Sozialisation. Jedenfalls in westlichen Gesellschaften und außerhalb von Kriegen. Dies ist das erste Merkmal, das wir von dem Täter haben. Die wichtigste Frage aber bleibt erst einmal das Motiv. Warum tut man einem Menschen so etwas an?“ Dann wandte sie sich direkt Peer Souton zu. „Ich nehme nicht an, dass Sie etwas vergessen haben. Aber zur Klarheit: Gibt es Hinweise auf sexuelle Handlungen am Opfer?“
    Souton verneinte, verwies aber vorsichtshalber auf noch ausstehende Untersuchungen der Gerichtsmedizin.
    Mechthild fragte weiter: „Und wie schafft man es, einen Mann im besten Alter auf einen Stuhl zu fesseln? Nach allem, was wir wissen, war Christian Dunker eher kein Pazifist.“
    Souton war noch einmal dran. „Das ist noch nicht ganz geklärt. Er könnte ein Betäubungsmittel erhalten haben. Die Blutuntersuchungen dauern noch an. Eventuell ist er auch durch einen gezielten Schlag auf die linke Halsschlagader bewusstlos geworden. Von Sülzen hat entsprechende Spuren gefunden. Er legt sich aber noch nicht fest. Es ist ja auch möglich, dass Dunker sich in Erwartung von etwas anderem freiwillig hat fesseln lassen. Aber wahrscheinlich ist das nicht. Dazu ist die Fesselung zu brutal vorgenommen worden.“
    Mechthild nickte und schrieb auf ihren Notizblock unter Täter: Rechtshänder, mit Fragezeichen.
    „Als Letzter bin ich dann wohl dran“, sagte Fritz Behrmann und lächelte Mechthild an. Mechthilds Züge blieben verschlossen. Behrmann verbannte schnell seine Gefühle in das dazugehörige Kämmerchen seines Herzens und begann betont professionell die Ergebnisse seiner Untersuchungen vorzutragen. Ayse war seine kurze Herzlichkeit gegenüber Mechthild nicht entgangen. Sie nahm sich vor, ihre Freundin später auszuhorchen.
    Behrmann bestätigte durch seine Sammlung von Spuren und Beweismitteln, dass die Verbrennungen am Toten sicher von der in der Küche gefundenen Lötlampe herrührten. Leider war es ein absolut gängiges Modell, das aus chinesischer Produktion stammte und in fast jedem Baumarkt und selbst bei Discountern zu finden war. Eine Vielzahl von Fingerabdrücken galt es noch auszuwerten. Der Tote hatte anscheinend viel Besuch gehabt. Dass darunter auch ein Abdruck des Täters sein könnte, hielt

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