Wille zur Macht
werden.“
„Kein Problem“, erwiderte Harald Strehlow. Das Herumstöbern im Leben eines anderen lag ihm.
Weiterhin hatte der ED herausgefunden, dass der Täter nicht gewaltsam in die Wohnung Dunkers eingedrungen war. Entweder muss das Opfer ihn mitgebracht, ihm aber zumindest freiwillig geöffnet haben.
Peer Souton berichtete, dass nach Auffassung des Gerichtsmediziners sicher war, dass Dunker durch einen Schlag auf die Halsschlagader kurzfristig bewusstlos gewesen sein muss. Von Sülzen ließ außerdem zurzeit alle genetischen Spuren analysieren.
„Wir werden in der Pressekonferenz kein Wort über die Folterungen des Opfers verlieren. Aber wir weisen darauf hin, dass er misshandelt wurde“, fuhr Mechthild fort. „Ich nehme an, dass wir eine ganze Menge Hinweise aus der Bevölkerung erhalten werden. Immerhin war Christian Dunker offensichtlich politisch aktiv. Ich verspreche mir sehr viel davon.“
Die Zeit war gekommen, den Presseraum aufzusuchen. Ernst Logemann saß schon in der Mitte des Podiums, und Mechthild Kayser und ihre Ermittler nahmen die Plätze an den Seiten des langen Tisches ein. Neben den Bremer Tageszeitungen waren auch Vertreter überregional tätiger Agenturen anwesend. Für Mechthild ein klares Zeichen dafür, dass schon einige Informationen über den Fall nach außen gesickert waren.
Mit Bedacht erklärte sie die Umstände des Auffindens des Toten und die bislang keine konkreten Ansätze bietende Spurenlage. Sie deutete an, dass das Opfer schwerste Verletzungen aufwies, ließ aber Details aus. Nach den üblichen Fragen zu Tatzeit, Wohnort und Lebensumständen des Opfers gab es nichts weiter zu berichten. Merkwürdigerweise hielten sich die Journalisten mit ihren Fragen auffällig zurück. Ganz im Gegensatz zu der Situation, der sich Mechthild anlässlich ihrer Ermittlungen in ihrem letzten Mordfall ausgesetzt sah. Da wurde sie geradezu von der Presse mit Fragen bombardiert, und die anschließende Berichterstattung übte einen enormen Druck auf die Ermittler aus. Aber heute blieb es wider Erwarten ruhig und sachlich. Zum Abschluss appellierte Mechthild an die Anwesenden, ausdrücklich die Bevölkerung zu ermuntern, Hinweise zu den Lebensverhältnissen des Opfers zu geben, da die Mordkommission diesbezüglich noch keine Ansprechpartner hatte.
Als Harald Strehlow die Photos des Toten verteilte, waren die meisten schon in Aufbruchstimmung und schnappten sich die Abbildungen im Hinausgehen.
Mechthild beorderte ihre Ermittlungsgruppe in das Besprechungszimmer ihres Kommissariats, als der Polizeipräsident sie zurückhielt.
„Einen Augenblick noch“, bat Logemann und schloss die Tür des Presseraums. „Es gibt noch etwas, das ich mit Ihnen nicht vor der Pressekonferenz besprechen wollte, um keinen falschen Unterton in die Berichterstattung zu lancieren.“
Dann erklärte er ihr, dass es sehr wohl Anhaltspunkte gäbe, die die Tat in einen Zusammenhang mit den politischen Aktivitäten des Opfers bringen würden. Aus diesem Grunde verlangte er, dass die Mordkommission mit dem Kommissariat für politische Straftaten zusammenarbeitete.
Mechthild protestierte. Nicht so sehr, weil sie eine Kooperation mit ihren Kollegen scheute, sondern weil der stellvertretende Leiter dieses Kommissariats ihr ehemaliger Stellvertreter in der Mordkommission gewesen war und ihr Kommissariat unter äußerst unrühmlichen Umständen verlassen musste. Als sie in ihrem letzten Fall gegen einen Serienmörder in Bremen ermittelte, hinterging ihr damaliger Stellvertreter Kurt Roder sie in einer Art und Weise, die damals die Festnahme des Täters beinahe scheitern ließ. Sie hatte kein Interesse, wieder mit ihm in Kontakt treten zu müssen.
„Herr Polizeipräsident. Sie erinnern sich bestimmt daran, dass Sie mich nach den Vorfällen mit Herrn Roder fragten, ob es eine weitere Zusammenarbeit mit ihm geben könnte?“
Der PP nickte.
„In der damaligen Situation hielten wir das beide für ausgeschlossen. Und ich will Ihnen ehrlich sagen: Das sehe ich auch heute noch so.“
„Ich weiß, ich weiß“, erwiderte Logemann. „Aber wenn wir in diesem Fall nicht bremisch handeln, bekommen wir das, was Sie bei unserem letzten Gespräch als den ‚großen Bahnhof‘ bezeichneten. Und dann sind Sie raus, und Roder bleibt trotzdem im Spiel. Verstehen Sie? Das will ich vermeiden.“
Mechthild trommelte nervös auf der Tischplatte. Roder hatte im damaligen Fall eine üble Intrige gegen sie gestartet, um ihr den
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