Willenlos
Ihm wurde mit einem Fleischermesser von hinten die Kehle durchtrennt. Ich habe vorhin mit dem leitenden Ermittler gesprochen, und jetzt haltet euch fest: Das Messer voller Fingerabdrücke wurde in der Nähe des Tatortes gefunden. In einem Gebüsch wenige Meter neben dem Toten wimmelte es nur so von Fußabdrücken.«
»WAS?«
Joshua stand blitzschnell auf und griff nach der Lederjacke. Jack hob beruhigend die Hände.
»Vergiss es. Das ist absolut nicht unser Baby. Den Fall bearbeitet das Duisburger KK 11 und Bornmeier meint, das sei auch gut so.«
»Wer leitet die Ermittlungen? Ich werde wohl noch Fragen stellen dürfen, oder hat der Herr Staatsanwalt das auch verboten?«
Jacks Stirn kräuselte sich. Joshuas Freund war nur ein halbes Jahr älter, aber jedes der 40 Jahre stand ihm ins Gesicht geschrieben, eingestanzt wie ein Racheakt der Natur. Mit den Ringen unter den Augen, dem faltigen Gesicht und den eingefallenen Wangenknochen wirkte er wie ein benutzter Airbag. Jack hatte es nie leicht gehabt. Während andere ohne große Mühe in der Sonne standen, hatte er sich strecken müssen, aus deren Schatten zu treten. Als Leiter der Dienststelle war er eine Art Knautschzone, ein menschlicher Puffer zwischen dem Behördenleiter Schorndorf, der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern. Den ständigen Druck der Vorgesetzten schluckte er runter, ohne ihn nach unten durchzureichen, was aber lediglich Joshua wusste.
»Okay, aber ich weiß von nichts. Obwohl ich sicher bin, dass du dir diesmal die Zähne ausbeißt. Leiter der Ermittlung ist KHK Oskar Zimmer, schon mal gehört?«
»Zimmer?«
Joshua wurde nachdenklich.
»Ist das nicht dieser Feldwebel?«
»Fast. Zimmer war 20 Jahre beim Bund, hat es dort bis zum Major gebracht. Angeblich hat er Rekruten misshandelt, die Sache ist nie richtig ans Licht gekommen, man hatte ihn vorher weggelobt. Kam vor etwa 20 Jahren als Quereinsteiger zur Polizei und ist mittlerweile Hauptkommissar. Man munkelt, Zimmer wäre mit dem Polizeipräsidenten befreundet. Ich persönlich bezweifle, dass der Freunde hat. Der hat mich am Telefon vielleicht angefurzt. Zimmer ist in Duisburg ungefähr so beliebt wie Dauerregen.«
Eine knappe Stunde später parkte Joshua vor dem quadratischen Gebäude des Duisburger Polizeipräsidiums an der Düsseldorfer Straße. Nach den Schilderungen Jacks zog er es vor, höflich anzuklopfen.
»Wer stört?«, grollte es durch die geschlossene Tür. Joshua drückte das Kreuz durch und trat ein.
»Trempe, LKA. Guten Tag. Ich hätte gern Infos zum Mordfall Danzer.«
Jack hatte ihn freundlicherweise vorbereitet. Zimmer betrachtete ihn misstrauisch. Unvermittelt stand er auf, spazierte einmal musternd um Joshua herum und nestelte schließlich an der eingerissenen Seitentasche von dessen Lederjacke. Joshua beobachtete angewidert die bockwurstdicken Finger. Die Haut spannte so sehr, dass selbst bei ausgestreckten Fingern keine Fältchen sichtbar waren.
»Soso. Und Sie sind sicher, dass Sie nicht irgendein Zuhälter sind, der ein Geständnis ablegen möchte?«
»Wie bitte?«
»Zeigen Sie mal Ihren Dienstausweis, Freundchen!«
Joshua verschlug es die Sprache. Jack hatte mit der Beschreibung Zimmers stark untertrieben. Joshua holte den Ausweis aus der Jacke und streckte ihn Zimmer mit schnellem Schwung dicht vor die Augen. KHK Zimmer zog erschrocken das Gesicht zurück. Anschließend setzte er sich wieder. Das kreisrunde glänzende Gesicht erinnerte Joshua an einen fettigen Pfannkuchen.
»Verdient ihr beim LKA so wenig, dass ihr die Kleidertonnen plündern müsst? Mann, Mann, Mann, Sie müssten bei mir arbeiten.«
»Nein, danke. Herr Kollege, ich bin hier, weil der Tathergang im Fall Danzer offenbar große Übereinstimmungen zu einem Fall aufweist, den wir in der Vergangenheit bearbeitet haben. Würden Sie mir Einblick in die Ermittlungsakte gestatten?«
»Nein!«
»Herr Zimmer!«
Joshua fiel es schwer, die Beherrschung zu wahren.
»Es deutet einiges auf Zusammenhänge zwischen den Taten hin. Möglicherweise handelt es sich um einen Serientäter.«
»Ach was. Und den können nur die Klugscheißer vom LKA dingfest machen? Meines Wissens liegt noch keine Weisung der Staatsanwaltschaft vor. Kann es sein, dass du hier dein eigenes Süppchen kochst, Bürschchen?«
Joshua musste vorsichtig sein. Bornmeier würde ihm die Hölle heiß machen, sollte er von dem Alleingang erfahren. Er ballte die Fäuste. Der Herzschlag war deutlich spürbar.
»Ich bin ohne Weisung
Weitere Kostenlose Bücher