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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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hauptsächlich vor schmerzhaften Eingriffen verabreicht, bei denen der Patient aktiv bleiben muss, beispielsweise der Endoskopie.«
    »Das ist es!«, rief ein Kollege vom Raub dazwischen. Joshua dachte daran, vor zwei Tagen genau dasselbe berichtet zu haben. Er bildete sich ein, dafür milde belächelt worden zu sein. Lutz Bernstein war der Stolz anzusehen. In diesem Augenblick meldete sich Karins Handy. Hastig zog sie das Gerät aus der kleinen Tasche am Hosengürtel und lief in die hinterste Ecke des Raumes. Lutz Bernstein fuhr fort.
    »Möglicherweise. Aber die Sache hat einen Haken: Um das Medikament in der uns vorliegenden Art einzusetzen, sind erhebliche medizinische Vorkenntnisse erforderlich. Zudem ist es nicht frei verkäuflich und kein Arzt verschreibt es ohne weiteres einem Patienten.«
    Leon Bartram, Joshua dachte an die Vernehmungsprotokolle. Er war vor seiner Inhaftierung als Oberarzt tätig. Karin tippte ihm von hinten auf die Schulter. Joshua schoss herum.
    »Lisa Blankenagel hat angerufen. Es ist irgendwas passiert, sie war völlig aufgelöst. Ich fahre hin«, flüsterte Karin. Aus dem Hintergrund vernahm Joshua Bernsteins Stimme.
    »… ist aus der Apotheke der Essener Uniklinik bei einem Einbruch ein größerer Posten Dormicum entwendet worden. Die Kollegen arbeiten fieberhaft an der Aufklärung. Die Bevölkerung ist gewarnt.«
    »Das bedeutet«, meldete sich Oskar Zimmer mit lauter Stimme, »dieses Zeug taucht demnächst auf dem Schwarzmarkt auf. Schöne Scheiße.«
    »Die Befürchtung liegt nahe.«
    Lutz Bernstein kramte die Zettel zusammen und begab sich wieder auf seinen Platz. Joshua berichtete von dem Verhör Bartrams. Vor allem der unverhohlen geäußerte Vorwurf der Korruption an Klaus Dahlmann gab dem Ermittler zu denken. Ihm fiel wieder ein, dass die Witwe Geldspenden freundlich abgelehnt hatte. Es galt nicht nur, diesen Vorwurf zu hinterleuchten, sondern den gesamten Prozess. Joshua bat die Kollegen um Hilfe. Ein Umstand, der noch vor einem Jahr kaum denkbar gewesen wäre. Joshua schätzte die Arbeit im Team, er wusste um die Wichtigkeit des Meinungsaustausches innerhalb einer SoKo. Aber die reine Ermittlungsarbeit außerhalb des Gebäudes wollte er stets selbst machen. Lose Fäden zusammentragen und sie gemeinsam mit den Kollegen sinnvoll verknüpfen hatte er lange Zeit für die effektivste Methode gehalten. Als er zum LKA gewechselt war, musste Joshua von vorn beginnen. Erfolge aus der Zeit in Krefeld zählten nicht. Es war ein einjähriger, noch nicht beendeter Lernprozess, währenddessen er die Aufgabenteilung als effizientere Methode allmählich schätzen lernte. Sein Vater, der ihm immer schon zu dieser Arbeitsweise geraten hatte, schob diesen Sinneswandel der Tatsache zu, dass Joshua nicht mehr, wie in Krefeld, die Hauptverantwortung trug.
    Rafael Gamerschlag wollte die Aufgabe übernehmen, Dahlmann zu hinterleuchten. Joshua unterdrückte den bissigen Kommentar, der ihm auf der Zunge lag.Gamerschlag war ihm bislang nicht gerade durch übertriebenen Arbeitseinsatz aufgefallen. Im Gegenteil, die Hälfte des Jahres fehlte der Kollege aufgrund obskurer Krankheiten und mehr oder weniger sinnvollen Fortbildungsseminaren. Der Flurfunk, dem Joshua nie besonders viel Glauben schenkte, berichtete von dem zum Jahresende freiwerdenden Posten des Abteilungsleiter KK 14 als Grund für Gamerschlags plötzlichen Enthusiasmus. Ein junger Kommissar der Sitte bot GamerschlagUnterstützung an. Joshua hatte die Aufgabenverteilung bereits abgehakt, als Bornmeier sich meldete.
    »Was die Analyse des damaligen Prozesses betrifft, so denke ich, dass diese Aufgabe am ehesten in meinen Kompetenzbereich fällt. Ich werde mich darum kümmern.«
    Joshua vermochte das Erstaunen über die unerwartete Schützenhilfe des Staatsanwaltes nicht verbergen. Bornmeiers Mundwinkel deuteten beim Anblick Joshuas ein sanftes Lächeln an. Es kam höchst selten vor, dass ein Staatsanwalt als Leiter der Ermittlung sich persönlich in selbige einschaltete, bei Bornmeier hatte er dies bisher für völlig absurd gehalten. Für einen winzigen Augenblick drang der Gedanke in Joshuas Bewusstsein, Bornmeier wolle gleich einem edlen Ritter voranreiten, um seinen Freund List zu befreien. Der Schatten verzog so schnell, wie er gekommen war, machte Platz für nicht minder bitter schmeckende Selbstkritik. Joshua musste sich eingestehen, in jeder regenerativen Phase des Verstandes, ob bei gemeinsamen Mahlzeiten mit der

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