Willenlos
gewagtes Unterfangen, einen Mörder dermaßen in die Enge zu treiben.«
»Leute«, Karin hob beschwichtigend die Hand, »so weit sind wir noch lange nicht. Wir sollten erstmal Bartram in die Enge treiben. Denn in einem Punkt hat er recht: Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
»Ja«, gab Joshua zu, »obwohl ich der Meinung bin, dass er uns draußen eher helfen kann.«
»Aber erstmal spielen wir unsere Trümpfe aus. Motiv und fehlende Alibis dürften für eine Durchsuchung seiner Gemächer reichen. Vielleicht liegt dort ein Bonbon für uns versteckt. Was wissen wir über sein Umfeld?«, wollte Karin wissen.
»Nicht viel«, Joshua gestand sich ein, diesem Aspekt bislang noch keine Beachtung geschenkt zu haben, alles, was ihm bekannt war, wusste er aus den Gerichtsakten.
»Professor Dr. Emanuel Bartram, Leiter einer Privatklinik in Mönchengladbach, nebst Gattin hatten ihn 1962 adoptiert. Er hat noch einen Stiefbruder, Ulrich Bartram, ihn hat die Familie drei Jahre später adoptiert. Frau Bartram ist noch während des Prozesses damals verstorben. Mehr geht aus den Akten nicht hervor. Ich denke, im Augenblick können wir die Familie noch außen vor lassen.«
38
Bornmeier hatte die Durchsuchungsanordnung ohne die sonst üblichen kritischen Nachfragen ausgestellt. Ohne die Namen Thalbach und Hornbach zu erwähnen, erkundigte er sich nach dem Fall Danzer. Die Auffälligkeit, mit der der Staatsanwalt die Sonderstellung des ehrenwerten Richters Florenz List herausstellte, bereitete Joshua Kopfschmerzen.
Die Kollegen der Spurensicherung waren bereits unterwegs zu Bartrams Wohnung. Joshua wollte direkt im Anschluss an die tägliche Teamsitzung nachfahren. Auf dem Weg zum Konferenzraum kam ihm Oskar Zimmer entgegen. Joshua registrierte einen ungewohnt freundlichen Gesichtsausdruck beim Duisburger Hauptkommissar.
»Bei uns ist heute Morgen eine Zeugin aufgetaucht. Sie hat ausgesagt, dass ihr an der Autobahnabfahrt Moers-
Nord ein dunkelroter Nobelschlitten die Vorfahrt genommen hat. Wir haben ihr einige Bilder gezeigt. Auf dem Beifahrersitz saß ein Mann, der, so die Zeugin, Ähnlichkeit mit Florenz List haben könnte.«
»Auf dem Beifahrersitz?«
»Ja, aber es kommt noch dicker. Den Fahrer hat sie einwandfrei erkannt. Es handelt sich um die Person auf unserem Phantombild.«
Dass der Täter sein Opfer während der Fahrt vom Fahrersitz aus kontrollieren konnte, ist unwahrscheinlich, überlegte Joshua. Florenz List wäre bei der ersten Gelegenheit aus dem Fahrzeug gestiegen. Ebenso gefährlich wäre es für den Täter gewesen, den Richter zu fesseln. Zeugen hätten das erkennen oder Florenz List Hilfezeichen geben können. Es gab nur eine logische Schlussfolgerung. Das Opfer war in irgendeiner Weise beeinflusst worden. Sie mussten diese Zeugin schnellstmöglich herholen.
Jack hatte Kopien der Berichte aller Kollegen auf den Stühlen verteilt. Zusätzlich hatte er noch eine schriftliche Zusammenfassung des aktuellen Ermittlungsstandes dazugelegt. Die Observierung der 53 Personen war vor einer Stunde angelaufen. Jack gab das Wort an Lutz Bernstein weiter. Der Drogenfahnder kam mit einigen Zetteln in der Hand nach vorn.
»Ich bin der Frage nachgegangen, ob unseren Opfern vor oder während der Tatausführung bewusstseinsbeeinflussende Präparate verabreicht worden sein könnten, falls ja, welche.«
Das ›Ob‹ war für Joshua keine Frage. Entscheidend war, um welches Mittel es sich handelte, um anschließend über die Beschaffung möglicherweise wichtige Hinweise zu erlangen.
»In der Praxis haben wir es in letzter Zeit vermehrt mit der Droge ›Liquid Ecstasy‹ zu tun. Sie ist, wie so vieles, aus Amerika rübergeschwappt. Grundlage dieser Droge ist der Wirkstoff G.H.B., die Abkürzung steht für Gammahydroxybuttersäure. Ob diese Droge für unseren Fall interessant ist, wage ich zu bezweifeln. Sie wirkt nicht bei jedem Menschen gleichartig, kann zudem kaum dosiert werden. Anders verhält es sich bei dem Wirkstoff Midazolamhydrochlorid. Er ist Hauptbestandteil des Medikamentes Dormicum. Es handelt sich um ein Präparat, das hauptsächlich in der Anästhesie angewandt wird. Der Erfolg ist dabei von der Dosierung abhängig. Bei starker Dosierung verfällt der Patient in einen Tiefschlaf. Bei geringerer Dosierung, 1,25 Mikrogramm je Kilo Körpergewicht, bleibt er wach, reagiert auf Anweisungen. Bewusstsein und Kurzzeitgedächtnis werden während der Wirkdauer ausgeschaltet. Es wird daher
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