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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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eine Aussage zum Mordfall Bartram machen möchte.«
    »Ist der tot?«, entfuhr es Daniel.
    Drei Minuten später betrat ein hochgewachsener, schlanker Mann um die 50 das Büro der Ermittler.
    »Dr. Uwe Nordmann, guten Tag. Bearbeiten Sie den Fall Ulrich Bartram?«
    »Da sind Sie bei uns goldrichtig. Bitte nehmen Sie Platz. Sie möchten eine Aussage machen?«
    »Ähem, eher ein Geständnis.«
    Joshua hob die Augenbrauen. Ein Geständnis im Fall Bartram. Es gab durchaus Dinge, mit denen er eher gerechnet hätte.
    »Wir hören.«
    Karin notierte den Namen des Mediziners.
    »Ich habe Herrn Ulrich Bartram ohne Rezept das verschreibungspflichtige Medikament Dormicum gegeben. Eine Packung. Er gab an, das Präparat zu benötigen, da er unter Schlafstörungen leide. Ich habe es ihm geglaubt.«
    Das Geräusch einer herunterfallenden Stecknadel wäre in diesem Augenblick problemlos vernehmbar gewesen.
    »Ich weiß, ich hätte es nicht tun dürfen. Aber Uli, ich meine Ulrich, ist promovierter Mediziner, ich dachte, er könne damit umgehen.«
    »Sie kennen sich?«
    »Kennen … von der Uni, ist lange her.«
    »Nur damit ich das verstehe«, Joshua beugte sich vor, »Sie riskieren Ihren Job für einen ehemaligen Kommilitonen? Machen Sie das immer so?«
    Nordmann wurde verlegen.
    »Nein, natürlich nicht. Ich schuldete ihm was. Ist schon lange her, ich möchte auch nicht darüber reden.«
    »Sind Sie sich nach dem Studium noch mal irgendwo begegnet, ich meine, bevor Sie ihm das Medikament gegeben haben?«
    Joshua war klar, worauf Daniel hinauswollte. Nordmann überlegte.
    »Ja, aber das ist schon ewig her.«
    »Länger als 15 Jahre?«
    »Ja … ja, ich denke schon.«
    »Sie wissen, dass Ulrich Bartram einen Bruder hat?«
    Die Verlegenheit wich einer sicheren Gestik.
    »Darauf wollen Sie hinaus. Die beiden sehen sich tatsächlich sehr ähnlich, früher zumindest. Aber ich konnte sie immer sehr gut auseinander halten.«
    »In Ordnung, dann brauchen wir Sie für eine Gegenüberstellung.«
    »Ja, gut.«
    »Herr Nordmann, eines interessiert mich. Woher wissen Sie, dass dieses Dormicum bei den Straftaten zum Einsatz kam?«
    Joshua warf der Kollegin einen anerkennenden Blick zu. Daran hatte er nicht gedacht. Bei den Pressekonferenzen wurde das Medikament mit keiner Silbe erwähnt. Nur sie und der Täter konnten dies wissen. Ein Gedanke, der für innere Anspannung sorgte.
    »Ulrich hat mich angerufen, er sagte, es hätte Tote gegeben und dass er meinen Namen nicht heraushalten könne. Deswegen bin ich hier, ich habe nichts damit zu tun.«
    »Wann war das?«
    Der Arzt sah auf die Uhr.
    »Vor ungefähr zwei Stunden, ich musste erst die restlichen Patienten behandeln, bevor ich kommen konnte.«
    In der Untersuchungszelle waren keine Handys erlaubt, überlegte Joshua. Im Gegensatz zu JVAs, in denen die kleinen Apparate immer wieder eingeschmuggelt wurden, waren hier die Kontrollen wesentlich schärfer. Nordmann muss sich in der Zeit geirrt haben.
    Hinter der Glasscheibe standen dieselben Männer, nur statt Leon Bartram war sein Bruder dabei. Sie hatten ihn in die Mitte gestellt und ihm die Nummer drei gegeben. Ulrich Bartram hatte, obwohl ihm die Anschuldigung und auch seine Rechte genannt worden waren, zunächst auf einen Anwalt verzichtet. Joshua sah seine Vermutung bestätigt.
    Johanna Witzorek, die erste Zeugin, war sich wieder absolut sicher, sie konnte den Grund für die neuerliche Gegenüberstellung nicht begreifen.
    »Die Nummer drei, eindeutig. Den habe ich doch schon beim ersten Mal erkannt.«
    Joshua verzog das Gesicht. Er brachte Verständnis dafür auf, dass die Zeugin die Geschwister aus einem vorbeifahrenden Auto nicht unterscheiden konnte. Aber sie hätte genauer hinsehen müssen, ihr musste der Grund einfach klar sein.
    Sandra Kluge wurde in den Raum geführt. Joshua fiel das zaudernde Verhalten während der ersten Gegenüberstellung ein. Die junge, dunkelblonde Frau gab sich mehr Mühe. Ihre Augen verweilten einige Sekunden an jeder Person.
    »Die Nummer drei.«
    »Sind Sie sicher?«
    Joshua stellte diese Frage höchst ungern, aber sie durften sich kein Fiasko erlauben.
    »Das Gesicht ist ein wenig fülliger, es ist ja auch schon eine Weile her. Ja, ich bin sicher.«
    Als Nächstes wurde Florenz List hineingeführt. Die Haut wies einen leicht gräulichen Touch auf, die Wangenknochen waren sichtbar. Er begrüßte die Anwesenden mit einem Nicken, etwa in der Art, mit der jemand seinen Nachbarn bei einer

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