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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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Beerdigung begrüßt. List betrachtete die Männer erneut mit höchster Sorgfalt. Nach fünf endlos anmutenden Minuten drehte er sich um.
    »Von Nummer drei möchte ich gern die Stimme hören.«
    »Okay, wie lautete noch gleich der Satz?«
    »Ich muss Sie in dieser Frage um ein wenig Geduld bitten.«
    Daniel schrieb den Satz auf eine Pappe und brachte sie in den Nebenraum. Obwohl der Richter nur Ulrichs Stimme hören wollte, ließen sie den Satz von jedem vorlesen.
    »Hm, kann ich die Nummer drei aus der Nähe sehen?«
    Ulrich trat dicht vor die Scheibe. List benötigte nur wenige Sekunden.
    »Die Stimme ist anders, möglicherweise verstellt. Aber das Muttermal, genau an derselben Stelle, dazu die blasse Haut. Ich bin mir sicher, dass dies der Mann ist, der mir gegenüber saß.«
    Joshua bedankte sich und ließ Dr. Uwe Nordmann bringen. Der Mediziner richtete die Augen sofort auf die Nummer drei. Er trat an die Scheibe, betrachtete ihn genauer und drehte sich nach wenigen Sekunden herum.
    »Das ist Ulrich, ganz sicher.«
    Joshua verzichtete auf Nachfragen, die Sicherheit Nordmanns erübrigte jeden Zweifel. Überhaupt machte ihm der Unterschied zur ersten Gegenüberstellung Hoffnung. Bis auf Johanna Witzorek überzeugten die Zeugen.
     

54
    »Ich würde sagen, die erste Runde ging an uns!«, jubelte Karin. Die Kollegen hatten Ulrich Bartram bereits ins Verhörzimmer geführt.
    »Ein Punktsieg nutzt nicht viel, wir benötigen ein Geständnis.«
    Karin nickte, der Enthusiasmus verflog. Für einen Augenblick tat es Joshua leid, ihre gute Stimmung auszubremsen.
    »Die Indizien mögen den Haftrichter überzeugen, wahrscheinlich sogar seinen Kollegen in der Hauptverhandlung, aber Thalbach und den anderen bringt das gar nichts.«
    Joshua beurteilte die Lage pessimistisch. In die Enge getrieben, könnte Bartrams Verteidiger auf Anstiftung zu einer Straftat plädieren. Bartram würde dennoch einige Jahre bekommen, aber deutlich weniger als für einen dreifachen Mord. Vor allem würden Thalbach, Hornbach und List weiter im Regen stehen. Lebenslänglich für eine Tat büßen, die sie nicht zu verantworten hatten. Joshua spürte den Druck in jeder Faser seines Körpers.
    Im Nebenraum warteten bereits Jack, Staatsanwalt Bornmeier und Daniel. Durch die große Scheibe beobachteten sie Ulrich Bartram, der nervös auf dem Stuhl hin und her rutschte. Die Anschuldigung und seine Rechte hatten sie ihm bereits bei der Festnahme erklärt. Er hatte es teilnahmslos zur Kenntnis genommen.
     
    Joshua richtete die Videokamera auf Bartram aus, begrüßte ihn freundlich und setzte sich ihm gegenüber an den kleinen Holztisch. Zwei Minuten beobachtete erBartram stumm. Joshua bemerkte das Zittern seiner Hände. Ulrich Bartram bekam es mit, verschränkte hastig die Arme ineinander. Joshua nahm den Alkoholdunst wahr, der langsam den Raum erfüllte.
    »Wann kann ich endlich gehen?«
    Joshua stieß einen kurzen Lacher aus.
    »Warum haben Sie keinen Anwalt?«
    »Weil ich nichts verbrochen habe.«
    Joshua warf ihm einen zweifelnden Blick entgegen. Tief in ihm drin sah es anders aus. Bartrams Satz hatte den Puls erhöht. Was, wenn er dabei bliebe?
    »Die Zeugen haben Sie zweifelsfrei erkannt.«
    »Das sagt gar nichts. Sie haben mich mit meinem Bruder verwechselt. Sie waren auf dem richtigen Weg, aber jetzt machen Sie einen großen Fehler, Herr Kommissar.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass wir auf dem richtigen Weg waren?«
    »Sie haben meinen Bruder mitgenommen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe es gesehen.«
    »Warum observieren Sie Ihren Bruder?«
    Seichte Wellen durchliefen Bartrams Körper. Auf der Stirn bildete sich Schweiß.
    »Sage ich nicht.«
    »Kennen Sie Dr. Uwe Nordmann?«
    »Ja, wir waren zusammen an der Uni.«
    »Er kennt auch Ihren Bruder.«
    »Ja, wir waren eine Zeit lang befreundet, daher kannte er auch Leon.«
    »Er hatte sie gut auseinander halten können.«
    Ulrich Bartram bemerkte nicht, dass Joshua keine Fragen stellte, sondern Sachverhalte darlegte.
    »Ja, Uwe hatte damit nie Probleme … Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Herr Dr. Nordmann hat Ihnen das Dormicum gegeben. Er hat Sie vorhin zweifelsfrei identifiziert.«
    »Kann schon sein, er hat uns lange nicht mehr gesehen.«
    Joshua nickte langsam, bohrte den Blick in Bartrams Augen, hielt ihn fest an einem unsichtbaren Stab. Zwei Schweißperlen bahnten sich den Weg über BartramsGesicht.
    »Wollen Sie abstreiten, in der Wohnung Ihres Bruders gewesen

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