Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
dich an den letzten!«
»Ich weiß. O Nikki! Wenn ich nur wie du wäre. So vernünftig und schneeweiß, und du leitest Stiftungen und so!«
Es folgte eine weitere Pause, diesmal, weil Nikki die Stores anschaute, die sich bewegten, und die Plumbago, die dahinter schwankte. Und überlegte. Ob sie es erzählen sollte.
»Nikki?« sagte Georgie. »Bist du noch da?«
»Die Sache ist«, sagte Nikki plötzlich ganz kleinlaut, »ich glaube, ich vielleicht auch.«
»Was? Du klingst so leise. Ich sitze in einem Taxi. Es rumpelt so. Ich kann dich nicht hören. Vielleicht was?«
»Ich mache vielleicht auch was Dummes.«
Am anderen Ende der Leitung war ein kolossales Kreischen zu hören.
»O nein ! Du doch nicht! Du machst keine dummen Sachen!«
»Ich weiß.«
»Du bist die Schulsprecherin. Du sollst uns allen als Beispiel vorangehen. O Nikki! Sogar du! Erzähl, erzähl. Wie ist er?«
»Also … er ist ziemlich toll!«
»Nein, das ist er nicht. Sei nicht albern, Nikki!«
»Ich weiß. Aber er ist es wirklich. Schrecklich renommiert und berühmt, und er weiß alles, und er hat so viel gemacht, und er ist einfach trotzdem so … normal !«
»Meiner ist schrecklich. Völlig hoffnungslos. Man weiß bei ihm nie, wie man bei ihm dran ist. Wie lange kennst du deinen schon?«
»Ungefähr zwei Stunden.«
»Siehst du, da hast du’s. Warte, bis du ihn zwei Wochen kennst, wie ich meinen. Ist deiner verheiratet?«
Jetzt schwieg Nikki.
»Ich glaube nicht«, sagte sie schließlich.
»Nikki!«
»Ich habe ihn sogar gefragt. Aber er ist wie deiner. Er lächelt nur.«
»Er ist verheiratet! Natürlich ist er verheiratet. O Nikki! Schulsprecherin! Erinnerst du dich? Und er ist berühmt? Nikki, du kommst noch in die Zeitung! Und sieht er gut aus?«
»Sehr gut. Wie eine Art blonder Mop.«
»Meiner auch! Genau! Wie lustig!«
»Zwei Stunden, mehr nicht, und er ist nur noch einen Tag hier, und ich sitze im Dunkeln, weil ich die Terrassentür offengelassen habe nur für den Fall, und es ist alles absolut lächerlich, und ich schäme mich so, und wenn ich plötzlich auflege, weißt du, was passiert ist.«
Georgie lachte und lachte.
»Ich weiß«, sagte Nikki.
»Und er ist Schweizer?« fragte Georgie.
»Schweizer? Nein. Warum – deiner?«
»Meiner? Nein. Nur weil du in der Schweiz bist …«
Aber Nikki war abgelenkt. Von irgendwoher drang ein Geräusch zu ihr wie eine quietschende Tür, die vor und zurück schwang. Dann Schreie und Schritte von jemandem, der rannte.
»Es hört sich an, als würde jemand schreien«, sagte Georgie. »Was ist los bei dir?«
»Entschuldige«, sagte Nikki hastig. »Ich muss los.«
»Viel Spaß!« sagte Georgie, als Nikki auflegte. »Aber verliebe dich bloß nicht in ihn.«
Das Geschrei, erkannte Oliver in dem Augenblick der Konfusion, als das Licht anging, stammte von einer Frau, die sich so weit von ihm entfernt wie möglich auf das Bett oberhalb von ihm kauerte und den Finger ununterbrochen auf den Panikknopf in der Wand drückte. Sie war tief und imposant gebräunt und blondiert, ihr Gesicht war dick eingecremt, und sie trug ein seidenes Nachthemd. Obwohl er auf dem Boden lag und schockiert und verwirrt war, weil er vom Bett gefallen war und sich sein Fuß dabei im Bademantel verfangen hatte, sah Oliver, dass sie nicht Nikki war.
Zwar konnte er es von seiner Position aus nur schlecht erkennen, doch schienen sich drei weitere Personen im Raum aufzuhalten, alle in unterschiedlichen Stadien sozialer Auflösung. Durch die offene Terrassentür, durch die er selbst ein paar Augenblicke zuvor eingetreten war, kam der Wachmann, der früher am Abend unbedingt seinen Ausweis hatte sehen wollen. Jetzt bemühte er sich, eine brennende Zigarette zu verstecken. Neben der Frau im Bett ragte wie eine aufgeblähte Gewitterwolke ein nackter Bauch auf. Aus dem dichten schwarzen Busch darunter baumelte ein langes männliches Glied. Über der Gewitterwolke stapelten sich weitere Stockwerke behaarten Fleisches, auf dem ganz oben, wie Zeus auf dem Olymp, ein kühn gemeißeltes Gesicht saß, eingerahmt von einem kurzgeschnittenen grauen Bart und einer Fülle prächtiger grauer Locken, aus dem wie Donnerkeile aufgeregtes und unverständliches Griechisch herunterprasselten.
In der Tür zum Flur stand die einzige ihm bekannte Person – Nikki, dezent gebräunt und blondiert wie immer, noch damit beschäftigt, ihren Rock zu schließen und ihre Bluse hineinzustecken.
Oliver befreite seinen Fuß und stand auf. »Ich
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