Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
tanze ich abends, und tagsüber machen wir Flitterwochen. Von morgens bis abends verlassen wir unsere Suite nicht! ›Baby‹, sagt er, ›bei dir habe ich das Gefühl, als ob ich nach den Sternen greifen könnte.‹
Sechs Wochen wahre Liebe. Und dann – oh, Dr. Wilfred, das ist so traurig – habe ich ihn in Fort Lauderdale verloren.
Das Herz. Einfach so. Er hat nicht gelitten. Sie können sich nicht vorstellen, was für unfreundliche Dinge manche Leute gesagt haben. Ich habe sie ignoriert. Ich wusste, dass ich ihm sechs wundervolle Wochen geschenkt hatte.
Und so bin ich auf einmal Witwe. Und die größte Aktieneignerin von TipToppler Schönheitsprodukte sowie einer Kette von Fernsehsendern und von Industriemüllanlagen. Plus – und das hatte Mr. Toppler nicht erwähnt, als er mir von seinem Testament erzählte – ein Grundstück irgendwo in Griechenland, wo er ein Ferienhaus für seine zweite Frau hatte bauen wollen – sie war Griechin – Sängerin – Bouzouki –, nur dann kam Nummer drei, und er vergaß es.
Ich weine mir also eine Weile die Augen aus, und dann frage ich mich: Wie kann ich das Andenken an diesen wunderbaren Mann am besten in Ehren halten? Und ich denke, als ich Bahama LeStarr war, habe ich mich krumm und bucklig gearbeitet, um der Menschheit etwas zu geben, und ich tat es auf die einzige Weise, die ich zu bieten hatte, und das war Tanzen. Aber in wie vielen Städten kann man tanzen, bevor die Knie nachgeben und dem Busen nachgeholfen werden muss und die Agenten nicht mehr zurückrufen? Und ich begreife, dass ich aufhören muss, wie Bahama LeStarr zu denken, und anfangen muss, wie Mrs. Fred Toppler zu denken, denn ich bin Mrs. Fred Toppler, und als Mrs. Fred Toppler kann ich so viel mehr tun, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, als ich es jemals als Bahama LeStarr tun konnte.
Und das Komische ist – wenn man Mrs. Fred Toppler ist, stellt man plötzlich fest, dass es noch viel mehr Leute gibt, die die Welt zu einem besseren Ort machen wollen, und um das zu bewerkstelligen, muss ich mich nur mit ihnen zusammentun und ihnen vielleicht mit ein paar Groschen aushelfen. Da kommt also dieser Deutsche zu mir. Dieter. Spitze Ohren, keine Haare, sieht aus wie jemand vom Planeten Zog. Zwei Minuten mit ihm, und ich weiß, dass er das Gelbe vom Ei ist. Architekt – Denker – alles. Ein echter Visionär – und keine Sorge, er ist schwul.
Er kommt hierher, schaut sich das Grundstück an, liest was in der Bibliothek, und was glauben Sie? Dieser Ort war ein Heiligtum der Göttin Athene. Und wofür war Athene zuständig? Weisheit und Zivilisation! ›Mrs. Toppler‹, sagt Dieter, ›gemeinsam werden wir dieses schöne Anwesen wieder der Athene weihen. Wir werden es zu einem Zentrum der Weisheit und der Zivilisation machen, zu einem Ort der Schönheit, wo die besten Köpfe der englischsprechenden Welt den Anführern der englischsprechenden Gesellschaft begegnen können.‹«
Sie deutete auf den Blick von der Loggia.
»Wir mussten jeden Stock und jeden Stein, die Sie hier sehen, herbringen. Wo war der Tempel der Athene? Verschwunden. Weg. Wir ließen Fachleute aus Athen kommen, im Boden waren überall Löcher. Nichts. Wir mussten unseren Tempel von Zakynthos holen. Er war der Aphrodite geweiht. Wir haben ihren Namen geändert, so wie ich meinen Namen geändert hatte. Jetzt ist sie Athene. Die Agora stammt aus Pilion. Die Kirche von Samos. Wir haben hier alles selbst aus dem Boden gestampft. Wissen Sie, wie es hier ausgesehen hat, als Mr. Toppler das Grundstück zum erstenmal gesehen hat? Zwei rostige Blechschuppen, in denen Fisch ausgenommen wurde.«
Dr. Wilfred betrachtete das vollkommene Szenario, das aus den beiden Blechschuppen entstanden war. Mehrere weitere Yachten hatten an der Mole festgemacht. Die Mannschaften rollten Taue auf und spulten Schläuche ab, refften Segel und lösten Geitaue.
»Und das alles, weil Sie aufgehört haben, Bahama LeStarr zu sein und Mrs. Fred Toppler wurden.«
»Das alles«, sagte sie. »Weil ich zuerst Bahama LeStarr geworden bin. Und wir sind noch nicht fertig. Dort oben auf der Anhöhe, hinter dem Zaun, wird noch immer gearbeitet. Ein neuer, fünfzig Meter langer Pool. Olympischer Standard. Der Stolz und die Freude von Mr. Papadopoulou. Er beaufsichtigt die Arbeiten selbst. Er ist ganz verrückt nach seinem Pool!
Es macht solchen Spaß, sich mit Ihnen zu unterhalten, Dr. Wilfred, weil Sie nicht ständig selbst reden wie manche unserer anderen
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