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Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frayn
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Geräuschs bewusst. Das Rauschen seines Bluts in seinen Ohren vielleicht. Nein, etwas außerhalb seiner selbst. Ein knirschendes Geräusch wie Autoreifen auf einer unasphaltierten Straße. Er wandte sich Georgie zu. Sie setzte sich plötzlich auf, und ihre Brüste hüpften aufgeregt nach vorn.
    »Oliver!« sagte sie. »Er ist da!«
    Sie sprang von der Liege auf und lief Richtung Tor, dann rannte sie zurück und wickelte das Handtuch um sich. »Ich werde dem Taxifahrer sagen, dass er warten und Sie mitnehmen soll!«
    Sie verschwand um die Ecke. Wilfred sank schwerfällig auf die Liege zurück. Sein Fieber nahm langsam ab. Eine lange und trostlose Rekonvaleszenz begann.
    Ein Taxi fuhr vor der Stiftung vor, gerade als Oliver hinausrannte. Er wartete, während drei Männer und eine Frau mitsamt zwei Geigen, einer Bratsche und einem Cello sich sehr langsam und mühevoll herausquälten.
    »Flughafen!« rief er, als er hineinsprang. »Und zwar schnell, schnell, schnell!«
    »Kein Problem«, sagte der Fahrer und legte den Gang ein.
    »Nein!« sagte Oliver.
    »Nein? Nicht Flughafen?«
    »Nicht Flughafen!«
    Es war ihm gerade erst aufgegangen. Georgie saß nicht in einer Toilette im Flughafen fest. Wenn es im Flughafen wäre, hätte sie um Hilfe geschrien. Leute wären angerannt gekommen. Sie hätten einen Mann, der in einem Bett lag und gegen die Tür hämmerte, bemerkt. Der Flughafen gehörte der Vergangenheit an. Sie war am Flughafen angekommen und war zu dem Haus gefahren, das Annukas Freundin gehörte. Sie saß im Bad des Hauses fest.
    »Haus!« sagte er.
    Der Fahrer nahm den Gang wieder heraus. Oliver sah, dass er ihn im Rückspiegel anschaute. Auf seiner Nasenspitze saß eine Warze wie eine Schmeißfliege. Er schien auf etwas zu warten. Natürlich. Er wartete darauf, zu erfahren, welches Haus und wo es sich befand.
    Oliver ging rasch die Arrangements der letzten Tage durch, bevor er zu Dr. Norman Wilfred geworden war. Die Adresse! Natürlich. »Sie ist in meinem Koffer!« sagte er.
    Das Taxi wartete noch immer. Der Fahrer beobachtete ihn noch immer im Rückspiegel.
    »Gut, ja, wo ist mein Koffer?« sagte Oliver. »In meinem Zimmer! Nein!«
    Der Koffer in seinem Zimmer gehörte Dr. Wilfred. Er war nicht Dr. Wilfred – er war Oliver Fox. Und Oliver Fox’ Koffer befand sich vermutlich noch, ja, im – »Flughafen!«.
    »Flughafen?« sagte der Fahrer. »Kein Problem.« Er legte den Gang ein.
    »Nein!« sagte Oliver. » Nicht in meinem Koffer!«
    Der Fahrer nahm den Gang wieder heraus.
    »Sie haben mir die Adresse nie gegeben!« sagte Oliver. Wie hätte er also zu dem Haus kommen sollen? »Mit einem Taxi! Ich hätte mit einem Taxi fahren sollen! Ein Taxi hätte mich abholen sollen!«
    Der Fahrer überlegte. Dann zog er nachdenklich die Augenbrauen in die Höhe. »Fox Oliver?« fragte er.
    » Phoksoliva? « sagte Oliver. »Oh! Ja! Richtig! Fox Oliver. Und zwar schnell, schnell, schnell!«
    »Kein Problem«, sagte Spiros, als er den Gang einlegte.
    »Du Mistkerl!« rief Georgie, halb im Spaß und halb nicht, als sie durch das Tor lief. Dann blieb sie stehen. Das Taxi setzte zurück, um wieder wegzufahren. Aber wo war Oliver?
    Sie streckte einen Handtuch haltenden Arm aus und winkte dem Taxi. »Warten Sie! Halt!« rief sie.
    Der Fahrer kurbelte das Fenster herunter. Sie kannte ihn – es war Spiros. »Okay?« sagte er. »Kein Problem? Schöne Ferien?«
    »Schön«, sagte sie. »Aber, Spiros – «
    »Stavros«, erwiderte er.
    »Stavros. Wo ist er?«
    »Wo ist er? Da ist er.«
    Er deutete. Neben dem Tor stand ein Koffer.
    »Ein Koffer?« sagte sie.
    »Okay?« Das Taxi fuhr an.
    »Halt! Halt! Der Mann! Der Mann mit dem Koffer!«
    Stavros deutete auf das Haus. Und plötzlich begriff sie. Er hatte nicht Oliver, sondern Wilfreds vermissten Koffer gebracht.
    »Oh«, sagte sie.
    »Nein?« sagte Stavros.
    »Ja. Gut. Danke.«
    »Kein Problem.«
    Das Taxi fuhr wieder an.
    »Warten Sie«, sagte sie.
    Er wartete. Sie stellte den Koffer ins Taxi zurück.
    »Nein?« sagte Stavros. »Nicht wollen?«
    »Natürlich will er ihn«, sagte Georgie. »Aber er kommt mit.«
    Langsam nahm Wilfred seine Unterhose von der Leine und zog sie im Schutz des Bademantels an. Sie war noch klamm. Das entsprach seiner Stimmung. Und offenbar auch Georgies, während sie ihm zusah.
    »Tut mir leid, dass es nicht Oliver war«, sagte er.
    »Sie sind bestimmt froh, dass Sie Ihren Koffer wiederhaben.«
    War er froh? Er hatte noch nicht wirklich darüber nachgedacht.

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