Willkommen im Land der Liebe
Flughafen für Privatflugzeuge.
Nach der Landung rollte der Jet zum Terminal. Innerhalb weniger Minuten wechselten sie vom Flieger in einen Wagen und fuhren schweigend zu Scheich Nuris Haus in Kensington Gardens.
„Du bist auffallend still“, bemerkte Kalen, als der Wagen durch den eleganten Stadtteil glitt, in dem eine eindrucksvolle viktorianische Villa neben der anderen stand und alle cremig weiß in der hellen Morgensonne erstrahlten.
„Was gibt es für mich noch zu sagen?“ Sie konnte es nicht einmal über sich bringen, ihn anzusehen. Auch er hatte sie gezwungen, hierher nach London zu kommen, genauso wie die Männer ihres Vaters sie gezwungen hätten, nach Barakazurückzukehren.
„Du wirst dich an meinen Lebensstil schon noch gewöhnen und ihn schätzen lernen.“
Ruckartig drehte sie den Kopf zu ihm. „Bitte sag mir, dass du Witze machst.“
„Nein.“ Jetzt hielt der Wagen vor einem großen weißen Haus mit einer glänzenden schwarzen Tür und schmiedeeisernen Gittern vor den hohen Fenstern. Die Symmetrie des Gebäudes wurde noch von den in Form geschnittenen Buchsbäumen zu beiden Seiten des Eingangs betont.
Als Kalen ausstieg, öffnete sich sofort die Haustür, und ein Butler erschien auf der Türschwelle, während der uniformierte Chauffeur Keira noch beim Aussteigen half.
„Willkommen in deiner Zukunft“, sagte Kalen mit amüsiert gekräuselter Oberlippe.
„Meine Zukunft?“, wiederholte sie.
„Unser gemeinsames Leben.“
Im ersten Moment konnte Keira ihn nur fassungslos anstarren. Das alles war viel zu unwahrscheinlich, zu unwirklich, um es zu glauben.
Sie, die so lange heimlich für Kalen Nuri geschwärmt hatte, stand auf einmal unter seinem Schutz.
Ab sofort würde sie mit dem Mann zusammenleben, den sie jahrelang bewundert hatte. Mit dem Mann, den sie als Schulmädchen vergöttert hatte.
Etwas später lief sie in ihrem Zimmer auf und ab wie ein Tiger im Käfig.
Kalens Haus. Kalens Gästezimmer. Die Nähe zu Kalen würde sie umbringen.
Noch immer fühlte sie sich hoffnungslos von ihm angezogen, und das war nicht gut für sie. Auch wenn er noch so fantastisch aussah, war er doch hart, arrogant und gefühllos.
Außerdem benutzte er sie, um ihrem Vater zu schaden, und doch empfand Keira nicht etwa Verachtung für ihn, sondern … Neugier. Und Begehren.
Sie sehnte sich nach seiner Berührung. Seiner Wärme und Nähe.
Nach etlichen Runden durch das Zimmer unterbrach Keira ihr rastloses Gehen und öffnete eine Schranktür. Leer.
Gut.
Obwohl die Atmosphäre des Raums eher männlich wirkte, hatte sie befürchtet, ihn möglicherweise mit einer anderen Frau teilen zu müssen – was sie nicht gekonnt hätte. Nie wäre sie in der Lage, Kalen Nuri mit irgendjemandem zu teilen. Das wusste sie ganz genau.
Seufzend setzte sich Keira auf die Lehne eines Polstersessels. Das war also ihr Zimmer. Ein hoher Raum mit einer weißen Decke und Wänden in einem Beigeton. Das mit Samt bespannte Kopfteil des Bettes war dunkelgrün, und an ihm lehnten große Samtkissen in verschiedenen Grüntönen.
Das ist Kalens Haus, wiederholte Keira in Gedanken. Kalens Gästezimmer.
Kalen.
Vor sieben Jahren war sie auf die Party gegangen, um ihn zu sehen. Malik Nuri war zwar der ältere Sohn und somit der Thronerbe, aber nach Kalen verzehrten sich alle Mädchen.
Ihn wollte jede für sich.
Kalen war nicht engstirnig, nicht an Politik interessiert, nicht langweilig. Er lebte in London, reiste viel, gab unbekümmert Geld aus, verwöhnte seine Freunde … inklusive seiner Frauen.
All die braven Mädchen aus der Oberschicht in Atiq träumten davon, Kalen zu heiraten. Und nicht etwa wegen seines Geldes. Es war seine Haltung, die sie schwach machte – seine Arroganz, sein Zynismus und seine Schönheit. Er war schön und unerreichbar, eine verbotene Frucht.
In Baraka herrschte das Gesetz, dass junge Frauen bis zu ihrer Heirat unberührt bleiben mussten. Daher gab es dort die Tendenz, Töchter sehr früh zu verheiraten, um ihren Namen und die Familienehre zu schützen. Aber sobald Kalen Nurieinen Raum betrat und ein Mädchen oder eine Frau ansah, sah er sie an, als gehöre sie ihm. Als besäße er ihr Herz, ihren Geist und Körper, ihre Seele. Mehr noch, die Mädchen und Frauen wünschten sich nichts sehnlicher, als ihm zu gehören.
Er war ein Magier. Ein Zauberkünstler.
Jemand, der das Geheimnisvolle und die Gefahr, Sinnlichkeit und Macht verkörperte. Die ultimative Fantasie.
Und auch Keiras Fantasie
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