Willkommen im Land der Liebe
hatte er beflügelt.
Deshalb hatte sie sich damals aus dem Haus geschlichen und mit einer Gruppe von etwas wilderen Mädchen, deren Eltern nicht so konservativ und streng waren wie ihr Vater, eine Party besucht, die zu Ehren von Kalen Nuri veranstaltet wurde.
Ein Schatten senkte sich über Keiras Gemüt, als sie sich an diese unglückselige falsche Entscheidung erinnerte. Sie hätte nicht dorthin gehen sollen.
Bis heute hatte sie mit niemandem je darüber gesprochen. An wen hätte sie sich auch wenden können? Ihre freigeistige intellektuelle Mutter? Oder ihren orthodoxen, mit politischen Intrigen beschäftigten Vater?
Niemandem konnte sie sich anvertrauen, von niemandem bekam sie Trost und Ratschläge. Also tat Keira das einzig Mögliche – nach vorn sehen und weitermachen. Sie verließ Baraka mit der Absicht, niemals zurückzukehren, und dann verließ sie sogar England, um in den USA zu studieren.
Ein Klopfen an der Zimmertür unterbrach ihre Gedanken. Als Keira die Tür öffnete, stand ein Hausmädchen davor, mit einem Kleidersack und zahlreichen eleganten Papiertüten von einem exklusiven Londoner Juwelier im Arm.
„Von seiner Exzellenz“, sagte das Mädchen. „Soll ich das für Sie auspacken, Miss?“, fragte es dann und trug die Pakete ins Zimmer.
„Nein, danke, ich komme schon zurecht“, erwiderte Keira mit einem unbehaglichen Blick auf die teuren Einkaufstüten.Es sah aus, als hätte Kalen in weniger als einer Stunde ein Vermögen ausgegeben.
„Wofür ist das?“, fragte sie die Angestellte, als diese den Kleidersack in den Schrank hängte und den Rest ihrer Last auf dem Bett ablegte.
„Für Sie, Miss. Seine Exzellenz hat ein paar Telefongespräche geführt und den Fahrer dann zu den Läden geschickt, um die Sachen abzuholen.“
„Ich verstehe nicht.“
„Das sind Geschenke, Miss. Das macht seine Exzellenz bei all seinen Frauen.“ Das Mädchen strahlte sie fröhlich an.
Ohne einen Ton von sich zu geben, öffnete Keira den Mund, schloss ihn aber gleich wieder.
Die Hausangestellte ging zur Tür. „Wenn Sie etwas brauchen, klingeln Sie bitte einfach.“
„Und Scheich Nuri? Ist er noch hier?“
„Nein, Miss, er hat das Haus schon verlassen. Aber er wird zum Abendessen zurück sein.“
„Aha, so ist das.“
„Das Abendessen wird um neunzehn Uhr serviert. Seine Exzellenz zieht sich zum Dinner immer um.“
„Wie schön“, erwiderte Keira. Sie war mehr als nur leicht verärgert. Kalen hatte sie aus ihrer normalen Umgebung gerissen, sie in seinem Londoner Haus abgesetzt, war zur Arbeit oder wohin auch immer verschwunden und ließ ihr jetzt von den Hausangestellten Anweisungen ausrichten.
Zum Abschied nickte das Mädchen noch einmal bekräftigend und schlüpfte dann aus der Tür, die sie leise hinter sich zuzog.
Gleichermaßen wütend wie sprachlos ging Keira zum Schrank, besah sich den Kleidersack, der an der Stange hing, und schloss dann vorsichtig die Schranktür. Genauso vorsichtig nahm sie die Einkaufstüten von ihrem Bett.
Sie war nicht seine Frau. Sie wollte seine Geschenke nicht.
Um halb sieben badete Keira und zog sich dann zum Abendessenan. Dafür sah sie die Bügel mit ihrer eigenen Kleidung durch, die im Schrank hingen. Eine Mischung farblich nicht sonderlich gut zusammenpassender Kleidung, bei der mit Sicherheit nichts dabei war, was man als elegant bezeichnen konnte.
Gut. Sie würde sich für das Abendessen anziehen. Aber wie eine amerikanische Frau. Unabhängig. Erfolgreich. Und frei.
Mit grimmigem Eifer schlüpfte sie in ein Paar alte Levi’s Jeans und zog dazu eine graue Bluse mit Nadelstreifen an. Diese gestärkte Bluse trug sie normalerweise zusammen mit einem konservativen Kostüm zur Arbeit, aber jetzt ließ sie die Hemdzipfel aus der Hose hängen und den oberen Kragenknopf offen und schlang ihr langes Haar zu einem lockeren Knoten im Nacken.
Kein Schmuck.
Nur ganz wenig Make-up.
Flache Lederslipper.
Fertig.
Um Punkt sieben betrat Keira das Speisezimmer. Kalen saß schon dort, und das Hausmädchen hatte recht gehabt. Zum Dinner trug er einen schwarzen Abendanzug und ein weißes Oberhemd, das seinen goldbraunen Teint, sein dichtes schwarzes Haar und die Bernsteinfarbe seiner Augen zur Geltung brachte.
Er sieht sehr gut aus, dachte Keira und konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Ohne Frage war er der attraktivste Mann, den sie je getroffen hatte. Und da sie in Texas bei einer internationalen Firma gearbeitet hatte, bekam sie eine ganze Menge gut
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