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Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Titel: Willkommen im sonnigen Tschernobyl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blackwell
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dachte an die Holztransporter, die ich auf dem Highway BR -163 bei Santarém gesehen hatte, an die riesigen Muldenkipper in Alberta und an Nelsons kleinen Kipplaster in Beaumont, Texas, und für einen Augenblick schien es mir, als bestünde die ganze Welt nur aus Lkws.
    *
    Wir drangen in das Gelände ein, indem wir durch das Tor spazierten. Liu hatte ein Kohlebergwerk für uns aufgespürt. In Wirklichkeit war dort vielleicht nicht einmal ein Tor, sondern nur eine schmale Straße, die zu einer breiten Ladegrube führte. Der Verladebereich war eine kleine Landschaft, bedeckt mit einer zentimeterdicken Kohlenstaubschicht. Ein kleiner Kohleberg lag neben dem ramponierten Gehäuse einer Förderanlage und wartete darauf, von den Lastwagen am Nachmittag abtransportiert zu werden.
    Fußabdrücke in weichem Kohlenstaub zu hinterlassen, hat eine verblüffende Ähnlichkeit damit, durch frisch gefallenen, trockenen Schnee zu gehen. Kleine Wellen schwarzen Staubs stieben auf, man denkt Es ist wie schwarzer Schnee, und irgendwie fühlt sich das sehr tiefsinnig an.
    Ein Mann auf einem Motorrad sauste den Berg hinunter in Richtung der Stadt, durch die wir auf dem Weg nach oben gekommen waren. Würde er Alarm schlagen? Nach unserem warmherzigen Empfang in Guiyu hatten Cecily und ich das Gefühl, die Welt schulde uns ein wenig Unfreundlichkeit, und waren bereit, angeschrien und hinausgeworfen zu werden. Doch der Mann auf dem Motorrad würdigte uns kaum eines Blickes. So weit, so gut.
    Wir gingen den Hügel hinauf zu ein paar Gebäuden und Schienen um das Mundloch der Grube herum. Für die Bergleute gab es einen anderen Eingang hügelabwärts, doch hier kam die Kohle heraus, in altmodischen Förderwagen wie bei Indiana Jones.
    Dort endlich bekam ich den traurigen Kohlekumpel zu Gesicht.
    Er hielt ein Nickerchen. Oder rauchte. Zwei, die aussahen wie er, plauderten miteinander. Insgesamt gab es acht oder neun solcher Kohlekumpel. Genau wie auf dem Foto waren ihre Kleidung und ihre Gesichter mit einer feinen schwarzen Kohleschicht überzogen.
    Doch obgleich sie aussahen wie der auf dem Foto, war etwas anders an diesen traurigen Kohlekumpeln. Sie waren kein bisschen traurig. Am ehesten wirkten sie … gelangweilt? Sie machten wohl Pause zwischen zwei Schichten, als wir dort auftauchten. Vielleicht warteten sie auch darauf, dass unter Tage etwas repariert wurde. Statt zu arbeiten, hingen die gar nicht traurigen Kohlekumpel also herum und unterhielten sich, lagen in der Sonne und spielten mit einem Kleinkind, das sie besuchte. Das passte nicht, fand ich, ein Kind, das zwischen den Kohleförderwagen herumtapste. Einige der nur wenige Meter entfernten Gebäude waren, wie wir erfuhren, Häuser für die Arbeiter über Tage. Eine der Frauen hatte das Kind mit zu einem Besuch am Arbeitsplatz gebracht.
    Wir hatten noch kein Aufsehen erregt, das irritierte mich. Ich war inzwischen daran gewöhnt. Und obwohl mir die Aufmerksamkeit, die man als Ausländer hier erregt, unangenehm war, gehörte sie inzwischen schon so sehr dazu, dass sich nun sogar ihre Abwesenheit merkwürdig anfühlte.
    Wir lehnten uns an einen Stahlträger und verfolgten den spektakulären Mangel an Aktivität. Aus dem Stollen kam nichts. Nichts geschah. Hinter uns warf eine Frau eine Schaufel Kohle in das Feuer unter einem Topf mit kochendem Wasser.
    »Das hier ist ein staatliches Bergwerk«, sagte Cecily.
    »In den USA gelten öffentliche Jobs als besonders sicher und bequem«, sagte ich.
    Sie nickte. »Hier ist es genauso. Deshalb arbeiten die Leute für den Staat. Meine Eltern wollten auch immer, dass ich Beamtin werde. Wir nennen das die eiserne Schale . Weil sie unzerbrechlich ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Langweilig!«
    Ein Aufseher in einem schicken blauen Blazer kam zu uns herüber und bot mir eine Zigarette an. Das Anbieten von Zigaretten war ein Ritual, das in diesen Breiten fast den Platz des Händeschüttelns einnahm, und ich hatte mir selbst ein Päckchen gekauft, um daran teilzunehmen. Doch da meine Reflexe noch nicht vollständig entwickelt waren, zog ich nie schnell ge nug. Bevor ich nach China reiste, hatte ich als eine Art lungenschädigenden Plan B versucht, meine Fähigkeiten als Raucher zu verbessern, aber ich war nicht diszipliniert genug gewesen. Bis ich das Päckchen aus meiner Jacke geholt und dem Aufseher entgegenhalten konnte, hatte er sich bereits selbst eine angezündet und mir seinerseits eine angeboten – formvollendet mit drei kunstvoll aus

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