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Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Titel: Willkommen im sonnigen Tschernobyl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blackwell
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»So wird der Eindruck erweckt, als ob Holzfäller den Wald gerodet, ja ausgelöscht hätten. Aber das stimmt nicht.«
    Von allen Bäumen, die im Regenwald wuchsen, erklärte Rick uns, seien nur fünf oder sechs Arten gewinnbringend. Deshalb würden die Bäume im Amazonasgebiet nur sehr selektiv geschlagen. »Wenn die Rinderzucht und das Soja nicht wären, könnte der durchschnittliche Beobachter nicht sagen, ob auch nur ein Baum gefällt wurde. Weil es für 94 Prozent des Waldes keinen Markt gibt.«
    Doch Rick wusste, dass es etwas komplizierter war. »Das Schlimmste, was die Holzfäller machen, sind die Straßen«, gab er zu. Denn die ermöglichten dem Agrobusiness den Zugang. Wir sprachen später mit einem von Ricks Kollegen darüber. »Holzfäller zerstören nicht den Wald, aber sie öffnen dafür die Tür«, sagte der. »Wir sind wie Edelgangster: Wir gehen in ein Museum, stehlen aber nur ein Gemälde, das viele Millionen wert ist. Dann lassen wir die Tür offen und nach uns kommen alle anderen und nehmen den Rest mit. Sogar die Glühbirnen.«
    Rick hatte kein Problem mit der Abholzung an sich, sondern damit, wie sie durchgeführt wurde. Er konnte Verschwendung nicht ausstehen. Unmengen an Holz waren für permanente Ertragssteigerungen geopfert worden. »Man bekam hier so billig perfektes Holz. Vor hundert Jahren war es in Michigan dasselbe. Man machte Verluste, wenn man irgendetwas außer dem Filet antastete.« Er meinte damit den dicken, geraden Teil des unteren Stamms. Der Rest, vom ersten Ast an aufwärts, wurde liegen gelassen und verrottete. »Millionen Kubikmeter wurden verschwendet. Ich könnte ganze Branchen mit dem Abfall hier aufbauen, wenn man mich nur ließe. Das macht mich wahnsinnig. Ich habe jahrelang versucht, das liegen gebliebene Holz zu bekommen. Keine Chance. Diese Reste verrotten einfach. Die vielen Regeln, es ist …« Er fasste sich an den Kopf. »Das ist Brasilien.« Manchmal wurden ganze Wälder auf diese Weise vernichtet. Einmal hatte Rick einen Bauxittagebau in der Nähe besucht. Bauxit, das Erz, aus dem Aluminium hergestellt wird, ist am Amazonas gerade das ganz große Geschäft, und multinationale Konzerne holzen große Waldflächen für ihre Tagebaue ab.
    »Da waren stapelweise Baumstämme«, erzählte Rick. »Sie sollten verbrannt werden. Und kann man an diese Stämme rankommen? Natürlich nicht.«
    Die Verschwendung war ein derartiges Reizthema für ihn, dass er extra dafür eine brasilianische Niederlassung eröffnete. Das Konzept: ungenutztes Holz aus dem Sägewerk für individuell angefertigte Holzrahmenhäuser zu verwenden und auf diese Weise Abfälle in ein Luxusprodukt zu verwandeln. Rick machte eine Kopfbewegung zu Tang, der in der Nähe aufgewachsen war. »Er baut seit seinem dritten Lebensjahr Boote und zimmert die besten Holzhäuser der Welt«, sagte er. »Die Idee war also, alle Talente vor Ort und Ressourcen, die ansonsten verschwendet würden, zu nutzen. Und den Wald nicht einfach als Rohstoff zu betrachten.«
    Er hatte seine neue Firma Zero Impact Brazil genannt. Der Holzhändler versuchte ein neues Kapitel aufzuschlagen. Er gab jedoch zu, dass er das meiste Geld mit Konsumartikeln gemacht hatte. »Eine Zeit lang war ich der größte Einkäufer von Waldprodukten in Santarém.«
    Doch das war nun Vergangenheit. Der Immobilienboom war vorüber und der Markt für exotische Fußböden mit ihm verschwunden. Die gesamte Holzindustrie war geschrumpft. Tang sagte, in den vergangenen fünf Jahren hätten zwei Drittel der Sägewerke in der Gegend geschlossen. Holztrucks sah man nur noch selten.
    Ich starrte in meinen Kaffee. Lass dir das eine Lehre sein, dachte ich. Warte nie zu lange, wenn du einen Regenwald sehen willst, der abgeholzt werden soll, sonst wachst du eines Tages auf und es ist zu spät.
    »Ja«, sagte Rick. »Hier wurde viel Geld aus der ganzen Welt gelassen. Große Investitionen. Sie kamen mit riesigen Augen hierher.« Und verbrannten sich, wie so viele andere, die Finger. »Das typische Geschäftsmodell im Amazonasgebiet ist: Man geht mit einer Menge Geld hinein – und ist pleite, wenn man es wieder verlässt.«
    Nun war Rick an der Reihe. Die Holzrahmenhäuser verkauften sich schlecht. Zero Impact Brazil überlebte nur, indem es seine Vermögenswerte verkaufte.
    Wir brachen auf und vereinbarten, bald einen Besuch in Ricks Regenwald zu arrangieren, wo wir ein wenig »herumblödeln« würden, wie er sagte. Er bestand darauf – auf dem Herumblödeln. Adam

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