Willkommen in der Wirklichkeit
angenehm tapezierten Wänden betrachten.
Er musterte wieder Zoya. »Nachdem Jimi Hendrix gestorben war, hat er mehr Schallplatten veröffentlicht als zu Lebzeiten. Genau wie Janis Joplin. Aber das war wohl nicht unbedingt das Gleiche. Vielleicht könnte ich auch noch ein paar alte Sachen von mir finden. Aber kein Herausgeber würde wohl eine Geschichte von mir kaufen, die ich ihm schicke. Nicht mit meinem Namen darauf. Hm.«
»Warum veröffentlichen Sie nicht unter seinem Namen?«
»Was?« sagte Phil.
»Setzen Sie den Namen Ihres Freundes auf die Geschichte. Sie wissen schon.« Sie deutete auf den Mann in dem Arbeitszimmer. Er blätterte in den Seiten eines dicken Nachschlagewerkes.
»Ihr Freund soll die Geschichte unter seinem Namen veröffentlichen«, wiederholte Zoya. »Soll Ihr Freund doch die Geschichte verkaufen. Soll Ihr Freund vorgeben, in Wirklichkeit hätten Sie die Geschichte geschrieben, wobei Sie sie ja auch geschrieben haben, was ihm aber niemand glauben würde. Verstehen Sie nicht?«
Phil lachte laut auf. »Das ist eine tolle Idee! Ich glaube, genauso werde ich es machen! Das ist eine wunderbare Idee! Das ist eine wunderbare Idee!« Er gackerte beinahe.
»Ich weiß auch schon, wie ich sie nennen werde! ›Die digitale Armbanduhr des Philip K. Dick‹, von Richard Lupoff. Ha-ha! Da soll mir einer mal auf die Schliche kommen!«
Zoya grinste Phil zärtlich zu. Er lächelte sie glücklich an. Über ihre Schulter sah er, wie der Titel seiner Geschichte auf dem Bildschirm des Wort-Prozessors erschien. Der unbeholfene Schriftsteller wandte sich von dem Nachschlagewerk zum Schreibtisch zurück und starrte erstaunt auf die Worte, die über den Bildschirm flossen.
»Zehn Uhr dreiundvierzig und siebenundfünfzig Sekunden.« Die Worte leuchteten wie Smaragde auf dem Bildschirm.
Eine winzige Eidechse von genau der gleichen Farbe huschte hinter dem Grundig-Majestic-Radio hervor und verschwand im linken Schlitz des Diskettenlaufwerks.
Originaltitel: ›The Digital Wristwatch of Philip K. Dick‹
Copyright © 1985 by Richard A. Lupoff
(erstmals erschienen bei Canyon Press, Dezember 1985)
Copyright © 1990 der deutschen Übersetzung
by Wilhelm Heyne Verlag, München
Aus dem Amerikanischen überseht von Uwe Anton
Horst Pukallus
Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen
»Aber ihr Handschlag ist ein Todesgriff, und ihr Lächeln hat die Kälte des Grabes.«
Philip K. Dick
Der Fahrstuhl im 80m hohen, einem Leuchtturm mit Baugerüst ähnlichen Ankermast IV des Luftschiffhafens Wilhelmshaven knirscht und knarrt, während er nach oben schwebt, und durch die Glasarchitektur des Bauwerks bietet sich eine leicht verzerrte Aussicht über die Lichter der Stadt (60.000 Ew.) und die ausgedehnte Wasserfläche des Jadebusens, auf dem jetzt vielleicht romantisch Mondschein glitzert, aber Kriminalkommissar Kürtens ganze Aufmerksamkeit gilt dem unheimlichen Kerl in seiner Begleitung, und obschon der Fremde sich in Hypnose befindet, glaubt Kürten in seinen Augen irgend etwas so Beunruhigendes zu erkennen, daß er es als angebracht erachtet, in der Seitentasche das Schockotron schußbereit zu halten. Nie hat Kürten Furcht gehabt, nicht einmal in seinem Erstleben in der Anderzeit, doch dieser Angloamerikaner, wie schmerbäuchig er auch ist, hat in seinem Blick sämtliche Eigenschaften eines Querulanten voller Starrsinn und Unbelehrbarkeit vereint, eines Monomanen: Hintergründigkeit, Argwohn, Distanziertheit, Berechnung.
So einer hat uns noch gefehlt in der Sammlung, denkt Kürten mürrisch. Bei der Auseinandersetzung mit PIF [4] -Agenten in Osnabrück hat er sich den rechten Fuß verstaucht, das Jackett seines Manchesteranzugs ist durch einen Hitzestrahl-Streifschuß angesengt worden, und der Fausthieb, der ihn mitten ins Gesicht getroffen hat, ist nicht von Pappe gewesen; im Raketen-Schnellzug ›Reichskanzler Dr. Joseph Wirth‹ hat ihm noch bis Cloppenburg die Nase geblutet, und weil er den zweimal Entführten nicht unbewacht lassen mochte – trotz der Hypnose –, konnte er auf der Fahrt nicht mehr als eine Bockwurst und ein Kännchen Ersatz-Kaffee zu sich nehmen. Wer weiß, was der angestellt hat, vielleicht war er im Strafvollzug, dann ist er ein geeignetes Sühneobjekt im Hinblick auf meine Vergeltungstheorie. Kürten faßt den festen Vorsatz, dem Kerl, sollte er nicht parieren, sofort die große Bureau-Schere, die er unter der Weste stecken hat, in den Wanst zu rammen. Dann käme das Blut
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