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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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ein paar der großen Meister sprechen. Ich dachte, ich könnte Tolstoi sehen, und Maupassant und Theodore Dreiser.« Er zuckte die Achseln.
    »Können Sie sie nicht treffen?« sagte Zoya. »Haben Sie Mr. Hartley gefragt?«
    »Aber ich habe Mr. Hartley erfunden! Verstehen Sie das nicht? Ich habe mir alles ausgedacht! Zoya, halten Sie still!«
    »Was ist denn, Philip?«
    »Ich dachte, ich sehe eine kleine grüne Eidechse, die um Ihre Schulter späht.«
    »Was wollen Sie jetzt tun, Philip?«
    »Habe ich Sie auch erfunden? Sind Sie wirklich, Zoya? Eine wirkliche Tote? Oder sind auch Sie ein Fragment meines Bewußtseins?«
    »Oh, ich bin wirklich, Phil. Das kann ich Ihnen versichern!«
    Er sah ihr in die Augen und fragte sich, ob er ihr glauben konnte oder nicht.
    Er glaubte, eine kleine grüne Eidechse zu sehen, die seinen Blick erwiderte. Er blinzelte und schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, ich glaube, wir können sie erreichen. Ich habe darüber nachgedacht, und ich glaube, wir können zu ihnen greifen und Kontakt mit ihnen aufnehmen.«
    Zoya sah ihn an. Die Eidechse – wenn es sie jemals hinter ihren Augen gegeben hatte – war verschwunden. »Ich dachte, Sie wären nicht daran interessiert.«
    »Ich habe es mir anders überlegt«, sagte Phil. »Ich habe doch das Recht, es mir anders zu überlegen, oder? Hören Sie. Kommen Sie her, kommen Sie her!«
    Er ergriff sie am Handgelenk und schoß zur Erde zurück. »Wir können auf anderen Planeten herumspielen, wann immer wir wollen. Aber dazu bin ich noch nicht bereit. Ich bin noch nicht bereit, die Erde zu verlassen. Ich will der Welt sagen, daß wir den Tod überleben, daß es etwas auf der anderen Seite gibt.«
    Zoya lachte. »Wie, Philip? Wollen Sie über ein Telefon sprechen? Ein mitternächtlicher Anruf bei Papst Ivan Pavel? Hallo, Eure Heiligkeit, der Geist eines Toten ruft Sie an. Wissen Sie, was er sagen wird, Philip? Er wird sagen: ›Das ist mir nicht neu. Sagen Sie es den Atheisten!‹«
    »Nein. Ich bin Science Fiction-Autor. Das werde ich tun. Ich werde meine Erlebnisse als Science Fiction-Story niederschreiben. Das kann ich, ich weiß, daß ich es kann. Ich weiß sogar wie.«
    »Stories aus dem Jenseits. Hat Sir Arthur. Doyle nicht ein paar diktiert?«
    »Das waren Fälschungen. Meine wird echt sein.«
    »Natürlich. Und wie wollen Sie das anstellen, Philip?«
    »Schauen Sie dort hinab«, sagte Phil und zeigte mit dem Finger auf ein Haus, durch dessen Dach man ein unordentliches Arbeitszimmer sehen konnte. Er wußte, daß Zoya es auch sehen konnte. Da waren Aktenschränke und Bücherregale mit eselsohrigen, abgegriffenen Nachschlagewerken mit Bierflecken darauf. Ein Grundig-Majestic-Kurzwellen-Empfänger war auf einen örtlichen Radiosender eingestellt. Er spielte die Penthisilea, ein symphonisches Werk, das kaum noch zu hören war, 1883 von dem verrückten Österreicher Hugo Wolf im Alter von gerade dreiundzwanzig Jahren komponiert.
    Ein großer, unbeholfener, unrasierter Mann fuhr mit seinem Stuhl vom einzigen Schreibtisch des Zimmers zurück und stellte die Lautstärke des Grundig-Majestic ein.
    Auf dem Schreibtisch befand sich eine Tastatur, ein Bildschirm und ein Zwei-Disketten-Laufwerk. Der Bildschirm leuchtete in bleichem Grün.
    »Ich werde seinen Wort-Prozessor benutzen. Ich kenne diesen Burschen. Ich kann die Story auf eine Diskette schreiben, und er kann sie lesen, wenn sie ausgedruckt wird. Dann kann er sie an ein Magazin verkaufen. Die Leute werden sie lesen. Zuerst werden sie vielleicht nicht begreifen, daß sie wahr ist, doch sie werden darüber nachdenken. Sie wird schließlich große Verbreitung finden. Die Leute werden die Wahrheit herausfinden.«
    »Und dann?«
    »Was?«
    »Und dann?« sagte Zoya. »Ich sagte: ›Und dann?‹ Was wird dann geschehen?«
    Phil zuckte die Achseln; auf seinem Gesicht lag ein seltsamer, sehnsüchtiger Ausdruck. »Keine Ahnung. Das ist ihr Problem. Sobald wir ihnen die Wahrheit mitgeteilt haben, liegt die Verantwortung bei ihnen. Sie müssen wissen, was sie damit anfangen.«
    Zoya spitzte skeptisch den Mund. »Ich verstehe. Und Sie denken, die werden an eine Geschichte glauben, die aus dem Jenseits diktiert wurde? Die Geschichte des Geistes eines Science Fiction-Autors?«
    »Hmm«, sagte Phil. Er drang mit einer Ranke, die wie Ektoplasma anmutete, in den Wort-Prozessor ein. Darin fühlte es sich warm und behaglich an. Er konnte durch den Bildschirm hinaussehen und das Arbeitszimmer des Schriftstellers mit den

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