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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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geebnet, damit der später in seine Fußstapfen treten kann.«
    »Und was sagt Leo dazu?«
    »Das genau ist der Punkt. Leo wird mit Bargeld und ein paar Immobilien abgespeist und Victor bekommt den Rest und somit die ganze Macht. Was mich betrifft, ich bin nur eine Frau, Leos Frau. Dem alten Karl war ich völlig schnuppe. Einmal hat er mich sogar als Hure bezeichnet.«
    Bax rollte sich auf die andere Seite und richtete sich auf. »Glaubst du, dass Leo klein beigibt und sich Victor fügt?«
    »Davon geh ich aus. Auf der einen Seite hasst Leo seinen Bruder, auf der anderen bewundert er ihn.«
    »Du musst ihn weiter bearbeiten.«
    »Ich bearbeite ihn, seit wir verheiratet sind. Ach was, länger! Wäre ich nicht gewesen, hätte er schon vor seinem Vater kapituliert. Meistens hört er ja auf mich, aber er ist nun mal leicht zu beeinflussen und ich kann nicht rund um die Uhr ein Auge auf ihn haben. Victor hat große Pläne und das beeindruckt Leo schon.«
    Bax schüttelte sein Kissen auf und schob es sich in den Rücken. »Und ... was ist dran an diesen großen Plänen?«
    »Victor behauptet, er und diese Casino-Typen aus Las Vegas sind so miteinander.« Sie hob die rechte Hand und kreuzte Zeige- und Mittelfinger. »Er sagt, die hätten hier ein paar Staatsdiener reichlich geschmiert. Mit anderen Worten, würde unsere Familie investieren, könnten wir mit legalem Glücksspiel einen Riesengewinn machen.«
    Bax beugte sich zu ihr hinüber und griff ihr unter das Kinn. Ohne zu blinzeln, starrte er erst in das eine, dann in das andere Katzenauge Stellas. »Und wie siehst du die Sache?«
    Nur einen Hauch von Zweifel, ein Zögern, sei es auch noch so klein, und er hätte die Sache hingeschmissen.
    Doch Stella packte sein Handgelenk, dann umschlang sie seinen Hals. »Heiße Luft. Weiter nichts«, sagte sie und küsste ihn. »Sollte dem aber nicht so sein, würde Victor ein inakzeptables Risiko eingehen, was unser Vermögen betrifft.« Wieder küsste sie ihn und schob sanft seinen Kopf nach unten. Er suchte die kleine Grube an ihrer Leiste, den Punkt, den er — wie er ihr verraten hatte — am meisten liebte. Heute fühlte es sich ein wenig stoppelig an. Er vergrub sein Gesicht in ihrer Leistenbeuge und berührte sie mit der Zunge. Später, als sie miteinander schliefen, packte Stella ihn plötzlich grob an den Haaren und rief: »Lass dir was einfallen, Nick, lass dir was einfallen!«

    ACHTZEHN

    Mit einem Beutelchen Diamanten, der vierteljährlichen Lieferung, die dem Syndikat einhunderttausend Dollar einbrachte, flog Lloyd Phelps am Donnerstagmorgen nach Sydney. Es handelte sich um ungeschliffene rosa Diamanten aus der Argyle Mine im Kimberley. Die Betreiber der Mine zahlten Phelps gutes Geld, damit er viermal im Jahr in Sydney neue Kunden an Land zog. Nur wussten sie nicht, dass das Syndikat Phelps ebenfalls gutes Geld dafür zahlte, dass er viermal im Jahr ein Beutelchen Rohdiamanten stahl.
    Er hatte Anweisung, die für das Syndikat bestimmten Diamanten in einem Schließfach am Flughafen von Sydney zu deponieren, seinen regulären Geschäften in der Stadt nachzugehen und anschließend ins Kimberley zurückzufliegen. Phelps wusste nicht, was mit den Diamanten geschah, nachdem er sie im Schließfach zurückgelassen hatte. Vermutlich flog ein Käufer aus Hongkong oder Amsterdam ein, tauschte Bargeld gegen die Ware im Schließfach, um im Anschluss daran wieder zurückzufliegen. Ob wirklich Bargeld hinterlegt wurde? Phelps hatte oft darüber nachgedacht. US-Dollar? Yen? Oder doch Schecks? Er selbst bekam sein Honorar in bar, direkt am Flughafen. Zehn Riesen, viermal im Jahr. Nach Abzug des Schmiergeldes für den Sicherheitsdienst am Flughafen und für einen Buchhalter der Mine blieben ihm noch sechstausend Dollar. Manchmal spielte er mit dem Gedanken, die Diamanten bei sich zu behalten, den Käufer abzupassen und dann mit den Diamanten und dem Geld das Weite zu suchen. Doch diese Überlegungen waren eher kurzfristiger Natur. Er hatte nicht die Courage für so etwas. Das Syndikat würde ihn aufspüren, irgendwann, irgendwo, und die Folgen wären schmerzhaft und anhaltend.
    Während der nunmehr drei Jahre Kurierdienst hatte er sich eine Körpersprache angeeignet, von der er annahm, sie entspräche seiner Rolle. Er trug immer eine Sonnenbrille. Er wirkte immer irgendwie unnahbar. Im Kimberley, wo erwachsene Männer selbst im Büro auf Shorts und Kniestrümpfe nicht verzichten mochten, sah man Phelps nur in langen Hosen und mit

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