Willkür
treffen. Wenn nicht, werde ich Sie töten. Ich werde es tun, auch auf die Gefahr hin, für den Rest meines Lebens verfolgt zu werden.«
»Wir könnten uns auch selbst um die Mesics kümmern.«
»Und warum haben Sie’s bisher nicht getan? Die Wahrheit ist doch, dass das Syndikat in Melbourne keine Rolle spielt. Ich kenne die Stadt. Ich weiß, wie die Mesics organisiert sind und ich weiß, wie man sie in die Knie zwingt. Ich kenne mich aus. Das ist mein Job.«
Das war der letzte Satz in Wyatts Drehbuch. Nun blieb ihm nur noch, Kepler zu erledigen. Hier und jetzt, im Bett. Towns und Rose spürten es und warteten genau wie Wyatt auf eine Entscheidung von Kepler.
»Also gut, der Deal geht klar.«
Indem er das sagte, indem er diese Entscheidung traf, konnte Kepler den Kontrollverlust, den er erlitten hatte, zum Teil wettmachen. Entspannt streckte er sich auf dem Bett aus. »Die Details besprechen Sie mit Towns und Rose. Beide werden Sie nach Melbourne begleiten. Aber damit wir uns richtig verstehen: Keiner von beiden wird ein Risiko eingehen.«
Wyatt schüttelte den Kopf. »Damit Sie mich richtig verstehen: Rose bleibt hier, bei Ihnen.«
FÜNFUNDZWANZIG
Es war zwecklos, Jardine mit dem großen Geld locken zu wollen oder mit irgendwelchen Versprechungen, auch an alte Zeiten zu appellieren brachte nichts; Jardine hatte es nicht nötig, in sein altes Gewerbe zurückzukehren. Ihm ging es gut, mit Hilfe seines Computers ließ er jeden Buchmacher alt aussehen und es gab immer jemanden, der an seinen Konzepten interessiert war. Er konnte unter guten Büchern, Musik und Erinnerungen wählen und lebte ein ruhiges, zurückgezogenes Leben, aber eins mit Stil. Und dennoch hatten seine Augen in den letzten Tagen diesen hungrigen Haifischblick, der mit jeder Aktion gegen das Syndikat schärfer wurde. Wyatt hatte nur eine Möglichkeit, Jardine zu überzeugen. »Ich brauche deine Hilfe in Melbourne«, sagte er schlicht.
»Aha«, ein winziges Lächeln spielte um Jardines Mundwinkel.
Es war Sonntagmorgen und sie saßen in Jardines Wohnzimmer, die Balkontür war offen und eine frische Brise wehte herein. Wyatt hatte auf dem Sofa übernachtet. Er spürte seine Knochen und war schlecht gelaunt; es wurde Zeit, dass es losging.
Der Wind hatte gedreht und trug eine Stimme von der Straße herauf ins Zimmer: »Nein zu einer dritten Startbahn! Helfen Sie uns durch Ihre Unterschrift!«
Jardine wies mit dem Kopf zur Balkontür und jetzt lächelte er wirklich. »Denen hab ich gestern zwanzig Dollar spendiert.«
Ein Gefühl von Beklommenheit, fast ein wenig Schwermut überkam Wyatt. Von Zeit zu Zeit wurden ihm Einblicke in ein ganz normales Leben gewährt, wurde er Zeuge der Verbindung eines ganz normalen Menschen zum Rest der Welt. Natürlich gab es Phänomene, die Wyatt hasste: Dummheit, Niedertracht, Prahlerei. Doch er hatte noch nie gewählt, sich für nichts engagiert oder irgendwelche Diskussionen am Stammtisch geführt.
Wäre er gezwungen, über die Aspekte menschlichen Zusammenlebens nachzudenken, käme er vermutlich zu dem Schluss, dass das Leben nur deshalb mehr recht als schlecht funktionierte, weil Menschen bereit waren, Kompromisse einzugehen. Allerdings stellte er nur selten Überlegungen darüber an, was die Welt bewegte. Als hätten die Handlungen anderer nichts mit seinem Leben zu tun. Obwohl er in bestimmten Situationen über das verfügte, was man Einfühlungsvermögen nennt, musste er sich eingestehen, dass das Innenleben so genannter Durchschnittsbürger ein Buch mit sieben Siegeln für ihn war. »Welche Startbahn?«, fragte er ratlos.
Jardine lachte. »Widme dich doch ausnahmsweise mal dem Nachrichtenteil, wenn du das nächste Mal Zeitung liest.« Er kannte Wyatt und wusste, dass dieser Zeitungen nur in die Hand nahm, um das Prickeln in den Fingerspitzen zu spüren, das ihm sagte, dass irgendwo ein lukrativer Job auf ihn wartete.
Es war lange her, dass Wyatt mit jemandem zusammengesessen und einen verbalen, freundschaftlichen Schlagabtausch geführt hatte, dennoch fühlte er sich bei diesem Geplänkel mit Jardine unbehaglich. »Ich biete dir eine Beteiligung an, auch auf Prozentbasis, wenn du willst.«
Jardine nahm einen Schluck Kaffee und stellte den Becher ab. Vorhin hatte er Croissants besorgt und jetzt konzentrierte er sich auf die Krümel auf seiner Brust, entfernte sie mit seinem angefeuchteten Zeigefinger. »Vertraust du deinem Instinkt oder sprechen die Fakten für sich?«
»Sowohl als auch. Die
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