Willkür
ziemlich geschwächt und die Kanaille lauert nur darauf, sich die Brocken zu schnappen.« Wyatt machte eine Pause. Dann lächelte er. Es war kein freundliches, es war ein selbstsicheres Lächeln. »Ich kann sie Ihnen liefern.«
»Sie können mir die Mesics liefern?«
»Mit Haut und Haar. Wir müssen nur zuschlagen, solange alles noch beim Alten ist, solange alles noch halbwegs bei denen läuft.«
Kepler sah ihn skeptisch an. »Und was springt für Sie dabei heraus?«
»Die Mesics haben Geld, das mir gehört. Jemand, der zu ihrem Dunstkreis zählt, hat mich letztes Jahr aufs Kreuz gelegt. Ich rechne nicht damit, alles wieder zu sehen, aber jeden Donnerstag ist ’ne Menge Bares in ihrem Safe. Ich nehme mit, was da ist. Mehr will ich nicht.«
Keplers Skepsis machte Argwohn Platz. »Haben Sie die Sache noch an jemand anderen herangetragen?«
»Nein. Wieso?«
Kepler entspannte sich. »Weil ich auf Konkurrenz verzichten kann. Sie sagen, Sie wollen nur das Bargeld? Keinen weiteren Anteil?«
»Ich will nur das, was mir zusteht«, sagte Wyatt. »Der Rest gehört Ihnen.«
»Und das wäre?«
»Erst einmal könnten Sie den Mesics persönlich auf den Zahn fühlen. Und Sie kommen in den Besitz ihrer Unterlagen, alles Wissenswerte über die aktuellen Aktivitäten und über die Planungen für die Zukunft. Mit diesen Informationen dürfte eine Übernahme reibungslos funktionieren.«
»So sieht also Ihr Deal aus, das ist Ihr As im Ärmel. Sie liefern mir die Mesics und ich vergesse den Auftrag.«
»Richtig.«
Kepler lehnte sich zurück und musterte Wyatt. »Ich bezweifle nicht, dass Sie die Herrschaften ausschalten könnten, Sie bräuchten dazu nur das geeignete Team.«
Wyatt hatte eine Art Drehbuch im Kopf und bisher war niemand der Beteiligten davon abgewichen. »So ist es.«
»Aber das ist Ihnen nicht möglich, solange dieser Preis für Ihren Kopf ausgesetzt ist und jeder zweite Affe scharf darauf ist, Sie aus dem Verkehr zu ziehen.« Kepler hielt sich weiterhin an Wyatts Drehbuch. Kepler ging immer auf Nummer Sicher. Bevor er sich für irgendetwas engagierte, wog er sorgfältig Gewinn und Risiko gegeneinander ab. Wyatt beugte sich nach vorn und sagte leise: »Ob Sie’s glauben oder nicht, ich habe Freunde, Leute, die lieber mit mir als gegen mich arbeiten, trotz Ihrer vierzig Riesen. Was ich brauche, ist Startkapital für die Operation und da könnten Sie mir weiterhelfen.«
»Bedauere, damit kann ich nicht dienen«, sagte Kepler nach kurzem Zögern.
»Und weshalb?«
»Man will schließlich die Übersicht behalten, was Investitionen betrifft. Was, wenn Ihre Freunde Sie übervorteilen oder Sie die Sache verpatzen? Dann hätte ich gutes Geld zum Fenster hinausgeworfen und dazu eine Menge Ärger am Hals, sollten die Mesics je von unseren Plänen erfahren.«
Wyatt runzelte die Stirn. Okay, also weiter im Text. »Was schlagen Sie vor?«
»Meine Leute arbeiten mit Ihnen zusammen. Sie werden sich nicht die Hände schmutzig machen, nichts riskieren, aber sie werden genauestens Bescheid wissen und Ihnen alles zur Verfügung stellen, was notwendig ist.«
Wyatt ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Grundlage seiner Arbeit war die Erkenntnis, dass Eigeninteresse der Antrieb aller zwischenmenschlichen Beziehungen war. Er traute Kepler nicht. Er traute niemandem. Leider führte seine Tätigkeit dazu, dass er dem einen oder anderen zeitweilig Vertrauen entgegenbringen musste. Jobs, die er allein durchziehen konnte, hatten Seltenheitswert. Also war er auf andere angewiesen. Das hieß, immer auf der Hut zu sein, Risiken auf ein Minimum zu reduzieren und Kräfte, die gegen ihn arbeiteten, auszuschalten, bevor sie ihre Wirkung entfalten konnten. »In Ordnung, so lange klar ist, wer der Boss ist«, sagte er schließlich.
»Nun ja«, Kepler zuckte mit den Schultern, »irgendwie klingt das alles sehr riskant.«
Wyatt sah dem fetten Mann direkt in die Augen. Ein kalter Blick, der besagte, dass er es langsam satt habe. »Entscheiden Sie sich, Kepler, wollen Sie mich aus dem Weg haben oder soll ich Ihnen die Mesics liefern?«
Kepler wollte beides, vermutlich. Es war nicht auszuschließen, dass Kepler seine, Wyatts, Liquidierung anordnete, nachdem die ›Operation Mesic‹ abgeschlossen war. Wyatt hatte das in seine Überlegungen mit einbezogen.
Mittlerweile war er es leid, sich nur im Kreis zu drehen.
»Haben Sie mich verstanden, Kepler? Sie kriegen die Mesics. Dafür blasen Sie die Jagd ab. Auf dieser Basis müssen wir uns
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