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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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aufmunternd den Lauf der Waffe in die Seite. Towns voran, gingen sie in den Flur links vom Wohnzimmer. Die verschwitzten Laute, gewürzt mit dem einfallslosen Vokabular einschlägiger Filme, waren nun nicht mehr zu überhören. Vor der Tür, hinter der sich alles abspielte, blieb Towns stehen und bemerkte: »Das wird ihm nicht gefallen.«
    »Wir könnten noch was lernen«, erwiderte Wyatt und stieß ihn mit der Waffe vor sich her.
    Es war die Frau, die zweimal versucht hatte, ihn umzubringen. Sie lag auf dem Rücken, die schier endlosen Beine in der Luft, und veranstaltete den ganzen Lärm; ihre noch immer blutunterlaufenen Augen starrten mit unbeteiligtem Blick an die Decke. Keplers akustischer Beitrag war eher verhalten, er hielt seinen Mund an ihren Hals gepresst. Sein Oberkörper hatte beträchtliche Ausmaße, die Arschbacken, obwohl in Aktion, hingen schlaff herunter und seine Beine waren dünn wie Streichhölzer.
    »Ich hoffe, Sie haben keinen Herzfehler, Kepler.«
    Augenblicklich war Ruhe. Als Kepler innehielt, versetzte die Frau ihm einen Stoß und er rollte auf den Rücken. Da lag er nun, alle viere von sich gestreckt, rot, verschwitzt und welk. Die Frau setzte sich auf, zog ihre Knie bis unter das Kinn und fing an zu grinsen, als weide sie sich an Wyatts erschöpftem, abweisendem Gesichtsausdruck. Für ihn war es eine Provokation, die er ignorierte. »Unter die Decke, beide!«
    Ihr Grinsen wurde breiter. »Macht mein Anblick dich etwa nervös?«
    »Halt die Klappe«, sagte Kepler enerviert und schwang die Streichholzbeine über den Rand des Bettes. »Ich zieh mich an und dann reden wir über alles.«
    Wyatt zerschoss die Tiffany-Lampe neben dem Bett. »Unter die Decke. Beide!« Als Nächstes richtete er die .38er auf Towns. »Leiste ihnen Gesellschaft. Dann können wir uns endlich unterhalten.«

    VIERUNDZWANZIG

    Wyatt begann mit der Frau. »Sie hat versucht, mich umzubringen.«
    Kepler hob mit gespieltem Bedauern die feisten Hände. »So ist sie nun mal.«
    Wyatt starrte sie an. »Wie heißt du?«
    »Rose.«
    »Rose. Und weiter?«
    »Rose. Nichts weiter.«
    Sie lag zwischen den beiden Männern und beobachtete Wyatt, taxierte ihn. Man sah nur ihr Gesicht, ein weißes Oval, in dem die dunklen, geschwollenen Augen wie Löcher in einer Maske wirkten. Ab und an fing Wyatt ein Flackern auf, als wollte sie ihm zu verstehen geben, dass sie eine gemeinsame Geschichte hätten, unter der der Schluss-Strich noch fehle.
    »Stehst du auf der Gehaltsliste oder arbeitest du auf eigene Rechnung?«
    »Was spielt das für eine Rolle?«
    Eine wichtige, was Wyatt betraf: Wäre sie sozusagen freischaffend, würde sie sich für die Niederlage an ihm rächen wollen. Sie wäre somit ein ständiges Problem. Stünde sie in Keplers Diensten, müsste Kepler ihr unter allen Umständen klarmachen, dass der Auftrag für sie gestorben sei. Wyatt sah Kepler fragend an.
    »Sie arbeitet für mich.«
    »Ausschließlich?«
    »Ja.«
    »Und diese drei Schwergewichte, die sie unterstützt haben?«
    »Wurden angeheuert. Wir werden nicht mehr auf sie zurückgreifen.«
    Zu Rose gewandt, sagte Wyatt: »Ich bin kein Ziel mehr, Rose. Mr. Kepler wird dir gleich erklären, warum.«
    »Ach ja?«, fragte Kepler und verschränkte seine Arme über dem grauen Gespinst auf seiner Brust. »Und wie käme ich dazu?«
    Wyatt zog einen Beutel aus der Innentasche seiner Jacke und öffnete ihn mit einer Hand. Wie dicke Regentropfen prasselten glitzernde Teilchen von der Größe einer Fingerkuppe auf die Bettdecke. »Ihre Diamanten im Wert von hunderttausend Dollar«, sagte Wyatt.
    »Ich wüsste gern, wieso Sie darüber Bescheid wussten.«
    »Das ist uninteressant. Diamanten: hundert Riesen. Kokain: noch mal hundert Riesen. Was aber den Verlust des Wohlwollens Ihrer Glücksspielkunden betrifft und ihrer Bereitschaft, Ihre Dienstleistung auch weiterhin in Anspruch zu nehmen«, Wyatt zuckte mit den Schultern, »dieser Schaden ist nicht zu beziffern.«
    Kepler starrte auf die Diamanten, dann hievte er sich aus den Kissen, um sie einzusammeln. »Sie sind doch völlig übergeschnappt. Was wollen Sie eigentlich?«
    »Wie ich bereits schon zu Rose sagte: Auf meiner Stirn klebt ein Preisschild und ich will, dass Sie es entfernen.«
    Kepler lachte trocken. »Aber weshalb sollte ich das tun?«
    »Um sich weiteren Ärger zu ersparen.«
    Kepler zuckte mit den Achseln. »Ich verfüge über viele, vor allem loyale Mitarbeiter. Die werden Jagd auf Sie machen und Sie eines Tages zur

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