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Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Hodinka
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Womöglich könnte sie sogar erst zu einem Zeitpunkt wieder auftauchen, zu dem bereits ein völlig anderer Willkürherrscher an der Macht sein würde. Oder noch schlimmer, ein Herrscher der nicht-willkürlichen Art.
    Welch unvorstellbare Vorstellung!
    »Oder ich lasse die Idee notieren, das ist noch besser als selber machen«, beschloss er. Immerhin konnte er sich nicht immer um alles alleine kümmern!
    »Verdammt, Gerolat, wo bleibst du denn?«, donnerte der Willkürherrscher erneut ins Schloss hinein.
    An der rechten Seite des großen Saales, ungefähr über Kopfhöhe, öffnete sich ein kleiner Vorhang.
    »Sehr gern, Herr!«, steckte Gerolat seinen Kopf aus dem Loch in der Wand.
    »Gerolat, du bist hier?«, wunderte sich der Willkürherrscher.
    »Ganz wie Sie es wünschen, Herr!«
    »Was heißt hier, ganz wie Sie es wünschen, Herr? Ich wünsche, dass du hierher kommst, wenn ich dich rufe, nicht, dass du den Kopf aus einem kleinen Loch in der Wand steckst.«
    »Herr, Sie haben doch diese Unterkunft für mich anfertigen lassen, damit ich immer sofort zur Stelle bin.«
    »Unterkunft?!« fragte der Willkürherrscher ungläubig mit dem Blick zu der kleinen Öffnung.
    »Ja, Herr.«
    »Du hast hier eine Unterkunft, direkt am Konferenzraum?! Wieso hab ich die noch nie gesehen?«
    »Wenn Sie möchten, kommen Sie gerne gucken«, bot Gerolat freundlich an.
    Das sollte ich besser nicht tun, dachte der Willkürherrscher, ich sollte mich keineswegs interessiert zeigen am Leben meiner Untertanen.
    Aber die Neugier ließ ihm keine Entscheidungsfreiheit. Er durchschritt also den Saal bis unter Gerolats Fenster.
    »Hier, Herr!«, reichte ihm Gerolat von oben eine Leiter herunter.
    »Gerolat, würde es dir etwas ausmachen, mich statt ‚Herr‘ ‚Willkürherrscher‘ zu nennen?«, fragte der Willkürherrscher freundlich.
    »Nein, Herr!«
    »Dann tu es bitte auch!«, sagte der Willkürherrscher und wunderte sich, wieso Gerolat zwar Kooperationsbereitschaft signalisierte, es ihm aber an der Durchführung fehlte.
    »Ja, Herr!«
    »Ja, Willkürherrscher!, heißt das«, korrigierte ihn der Willkürherrscher.
    »Oh, natürlich, Herr!«, entschuldigte sich Gerolat.
    »Oh, natürlich Willkürherrscher!«, fuhr der Willkürherrscher ihn jetzt ungeduldig an.
    »Ist mit Ihnen alles in Ordnung, Herr?«, fragte Gerolat verwirrt. »Wieso nennen Sie mich Willkürherrscher, Herr?«
    Der Willkürherrscher wurde wütend. Er wunderte sich selbst, wie schnell seine selbst erwählte neue Eigenschaft des Wütend seins unkontrollierbar in seinen Charakter übergegangen war.
    »Nenn mich WILLKÜRHERRSCHER!«, brüllte der Willkürherrscher, dass sowohl sein Mantel, als auch das Zäpfchen stark ins Wackeln gerieten. Und auch hinten in seinem Hals kratzte es wieder schmerzlich vom lauten Schreien.
    »Ganz wie Sie es wünschen, Herr!«, verbeugte sich Gerolat so gut es ging in der kleinen Wandöffnung.
    »Ganz wie Sie es wünschen, WILLKÜRHERRSCHER!«, korrigierte der Willkürherrscher erneut, dieses Mal recht leise und durch seine zusammengebissenen Zähne zischend, was vielleicht so wirkte, als wolle er seine Wut zügeln, jedoch der Tatsache geschuldet war, dass er aufgrund seiner Schmerzen im Hals vom lauten Schreien nicht direkt wieder den gleichen Lautstärkepegel erreichen konnte.
    Da Gerolat nun nicht mehr reagierte, lehnte der Willkürherrscher die Leiter an die Wand und stampfte die Sprossen hinauf wie ein beleidigtes Kind. Dabei durchbrach die Wucht seines Auftretens ein paar der Sprossen.
    »Ach Herrje, Herr!«, ängstigte sich Gerolat um das Wohlergehen seines Herrschers, und auch um das seiner Leiter, die er doch auch zukünftig noch brauchte, um in seine Unterkunft hinein- und wieder hinausgelangen zu können.
    Der Willkürherrscher blieb auf der Leiter stehen und schaute Gerolat von unten an, dass ihm fast sein Nacken weh tat.
    »Du willst es wohl nicht verstehen?!«, versuchte er sich ruhig zu halten. »Ich gebe dir jetzt also wie einem Kind in der Schule folgende Aufgabe: fortan wirst du immer wenn du mich anredest ‚Herr‘ austauschen gegen ‚Willkürherrscher‘. Verstanden?!« Er atmete ein Mal tief durch. »Was wird also aus ‚Ach Herrje, Herr’?«
    Gerolat dachte einen Moment nach, holte sich mit einem tiefen Luftzug Mut und dann schoss es unaufhaltsam aus ihm heraus.
    »Ach Willkürherrscherje, Willkürherrscher!«
    Der Willkürherrscher schaute Gerolat zunächst perplex an, lief dann rot an und schrie nun gegen seinen kratzenden

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