Willküra (German Edition)
war das denn?«, säuselte Jamel ähnlich dümmlich, als hätte er eine Ausbildung bei einer Sex-Hotline hinter sich.
»Ach, dieser Zwerg!«, säuselte die Schwester des Willkürherrschers zurück.
»Seit wann interessiert dich etwas von der Größe eines Zwerges?«, fragte Jamel zwinkernd und die Schwester des Willkürherrschers grinste dreckig, denn sie liebte zweideutig auslegbare Aussagen.
4
»So, und jetzt zeig mir noch schnell deine Unterkunft, Gerolat, damit wir das auch abgehakt haben, und dann müssen wir uns aber auch an die Arbeit machen. Ich hatte doch diese großartige Idee, die es willkürlich umzusetzen gilt.«
Der Willkürherrscher machte eine Kunstpause, um die Spannung bei Gerolat zu steigern.
»Ich werde ein Buch verbieten!«, sagte der Willkürherrscher dann mit erhobenem Zeigefinger, immer noch stolz, dass er auf so eine fantastische Idee höchst selbst gekommen war.
»Ganz wie Sie es sich wünschen, Willkür …. Willkür … Willkür … Willkür … äh, ich habe da noch eine Verständnisfrage, Willkür …. Willkür … Willkür ….«
»Na, was ist denn? Hält doch kein Willkürherrscher aus, dein Gestotter. Du klingst ja wie eine gesprungene Platte. Pass auf, dass ich dich nicht willküre!« Der Willkürherrscher fuchtelte wild mit den Armen, um seine Warnung noch ein bisschen schlimmer wirken zu lassen und freute sich darüber, dass er aus dem Hauptwort Willkür ganz einfach ein Verb abgeleitet hatte.
Ja, das gefiel ihm: im Grunde regierte er nicht, er willkürte. Gerade wollte er sich in diesem Gedanken ergehen, als Gerolat ihn darin unterbrach.
»Ich bin ein wenig verwirrt ob Ihrer Anweisung, und entschuldigen Sie, dass ich diese kurz aussetze, aber wenn ich fortan ‚Herr‘ durch ‚Willkürherrscher‘ zu ersetzen habe«, brachte Gerolat endlich sein Anliegen vor, »dann stoße ich bei ‚Willkürherrscher‘ bereits an eine Grenze, die unüberwindbar scheint.«
Gerolat und der Willkürherrscher sahen sich an, aber der Willkürherrscher hatte wohl nicht verstanden.
»Sehen Sie«, legte Gerolat also nach, »das Wort, welches ich zu benutzen habe, enthält das Wort, das es zu ersetzen gilt. Ich komme also zu einer Willkür-Endlosschleife. Das ‚herr‘ in ‚Willkürherrscher’ durch ‚Willkürherrscher’ zu ersetzen bringt mich in den Zwang, bis ans Ende meines Lebens ‚Willkür‘ zu sagen. Verstehen Sie, ich kann niemals über ‚Willkür’ hinaus kommen, wenn ich Ihrer Anweisung folge.«
Der Willkürherrscher, dem es normalerweise sehr an sprachlichen Finessen gelegen war, verstand das Problem Gerolats, jedoch konnte er seinen Befehl nicht zurücknehmen. Das konnte kein Herrscher tun ohne Verlust des Ansehens. Zu menschlich und verständnisvoll würde solch eine Tat wirken. Und das kam besonders bei einem Willkürherrscher nicht in Frage!
»Du wirst hier keine Willkür-Endlosschleife starten, Gerolat! Und da ich nicht für die Lösung deiner Probleme zuständig bin, auch wenn ich sie dir eingebrockt habe, siehst du bitte zu, dass du deine sprachlichen Ungereimtheiten meines Befehls selber löst.«
Gerolat nickte.
»Und jetzt mach Platz, ich komme mir deine Unterkunft anschauen!«
Der Willkürherrscher stampfte wieder die Leiter hoch und konnte gar nicht fassen, was er hinter diesem Loch in der Wand vorfand.
Ein riesiger Saal, den der Willkürherrscher nicht mit einem Mal überblicken konnte, war komplett mit Gold tapeziert und mit einem roten Samtteppich ausgelegt. An der einen Seite war eine große, bodentiefe Fensterfront mit einem herrlichen Blick auf die Stadt und vor dem Fenster war ein Sprudelbad in den Boden eingelassen, in dem ein paar nackte Frauen saßen und freudig kicherten.
In der gegenüberliegenden Ecke stand eine Sitzlandschaft so groß und gemütlich anmutend, dass der Willkürherrscher nun verstand, warum Gerolat immer so lange brauchte, um auf sein Rufen hin aufzutauchen.
»Ich muss geistig umnachtet gewesen sein, als ich anordnete, dir so eine Prachtunterkunft einrichten zu lassen, Gerolat! Nicht mal ich habe so einen luxuriösen Wohnraum!«
Gerolat schaute verschämt zu Boden.
»Sie waren betrunken, und ich, auch betrunken, hielt Ihnen diesen schmierigen Vertrag unter die Nase. Sie haben ihn unterschrieben, und ich konnte Sie gerade noch davon überzeugen, dass es nicht notwendig wäre, dieses mit Blut zu tun.«
»Ich sollte dir das hier sofort wieder abreißen lassen!«, starrte der Willkürherrscher immer noch überwältigt in
Weitere Kostenlose Bücher